Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Simmons
Vom Netzwerk:
bedanken. In den letzten Wochen ist mir kaum eine interessantere Lektüre unter die Augen gekommen als Ihre Listen. Jede für sich war für mich die reinste Gehirngymnastik. Mir kommt es so vor, als hätte ich darin nicht nur Vorlieben und Hintergründe entdeckt, sondern auch das ernste Bestreben, den häufig genug verwirrenden Zusammenhang der amerikanischen Szene zu ergründen. Die Liste, die Sie nun in Händen halten, ist ein ausgewogener Kompromiß. Die ‹ Ausgewogenheit › verdankt sich Frank und mir und hat vielleicht zwei oder drei Namen auf die Liste verholfen, die bei Ihnen nicht erwähnt worden sind. Es tut mir leid, daß die Liste nicht länger sein kann und nicht jeden einzelnen Schriftsteller enthält, der von dem einen oder anderen von Ihnen vorgeschlagen wurde. Eine derart komplette Liste wäre ein unschätzbares Dokument, weitaus interessanter als dies ‹ Substrat › , das wir der Öffentlichkeit präsentieren werden. Eine solche Liste hätte nämlich den wahren Geschmack der Redakteure des einflußreichsten literarischen Publikationsorgans unserer Muttersprache offengelegt. Und bedenken Sie bitte auch: Angenommen, nur mal angenommen, uns läge solch eine Auswahl einer ähnlichen Gruppierung Londoner Intellektueller aus dem Jahr 1616 vor, Shakespeares Todesjahr. Es wäre ein ideengeschichtliches Dokument ersten Ranges!»
    So redete Mr. Margin noch eine ganze Weile und bat schließlich um Diskussionsbeiträge.
     
    «Warum steht Mary McCarthy, die ihr halbes Leben in Frankreich verbracht hat, auf einer Liste der besten Schriftsteller in Amerika?»
    «Mit ‹ in Amerika › », sagte Mr. Margin, «meinen wir im wesentlichen ‹ amerikanische Staatsbürger › So wie auch I. S. Singer auf der Liste erscheint, obwohl er erst als junger Erwachsener einwanderte und nicht auf Englisch schreibt.»
     
    «In dem Fall wäre George Steiner ein amerikanischer Staatsbürger, der in England lebt. Warum steht er nicht auf der Liste?»
    Mr. Margin nickte mir zu, die Antwort zu geben. «Aus vielen Gründen.»
     
    «Wenn wir mit ‹ die besten › ‹ die wichtigsten › meinen, dann sollte auf jeden Fall auch Michael Harington auf der Liste stehen.»
    «Es tut mir wirklich leid, sagen zu müssen, daß ‹ die besten › schlicht ‹ die besten › meint», sagte Mr. Margin.
     
    «Ich habe das Gefühl, daß wir vorsätzlich engagierte Schriftsteller ausgeklammert haben. Norman Podhoretz ist doch mit Sicherheit so einflußreich wie jeder andere Schriftsteller in Amerika.»
    «Dann hätten wir auch Irving Kristol und Hilton Kramer aufnehmen müssen», sagte ich. «Das könnte Ihnen doch auch nicht recht sein.»
    «Es sind keine Kritiker auf der Liste. Ich möchte Alfred Kazin noch einmal nominieren.»
    «Noch einmal?» fragte Mr. Margin.
     
    «Schließen wir eigentlich experimentelle Autoren aus?»
    «Nach meinem Verständnis», sagte Mr. Margin, «ist ein experimenteller Autor ein Autor, dessen Experiment gescheitert ist.»
    «Und wo bleibt Renata Adler?» fragte jemand.
    Das schien niemand zu wissen.
    Mr. Margin und ich überreichten Mary Tooling die Liste. Sie bestellte uns am nächsten Tag in ihr Büro. «Wollen Sie wissen, was mein Mann dazu gesagt hat?»
    Wir nickten.
    «Mein Mann hat gesagt - entschuldigen Sie bitte meine Ausdrucksweise -, aber mein Mann sagt: ‹ Harold Brodkey kennt doch keine Sau. Und wo zum Teufel bleibt Herman Wouk? › »
    «Was Brodkey betrifft», sagte Mr. Margin, «dachten wir, daß ein paar abgelegenere Namen der Liste ein gewisses. Flair verschaffen.»
    «Und wo bleibt Herman Wouk?» fragte Mrs. Tooling.
    «Es gibt viele Schriftsteller in Amerika», sagte Mr. Margin.
    «Okay, aber was mich betrifft», sagte Mrs. Tooling, «wo zum Teufel bleibt...» und sie erwähnte fünf Schriftsteller, die ihrer Meinung nach auf die Liste gehörten.
    «Wenn Sie es wünschen», sagte Mr. Margin.
    «Ich wünsche es», sagte Mrs. Tooling. «Aber stellen Sie sie nicht ganz nach oben. Mogeln Sie sie irgendwie dazwischen. Und noch etwas: Dies ist eine alphabetische Reihenfolge. Die Rede war aber von eins, zwei, drei, vier.»
    «Tool», sagte Mr. Margin, «das ist unmöglich. Wer ist besser, Bellow oder Updike? Mailer oder Roth? Das läßt sich unmöglich entscheiden.»
    «Entscheiden Sie sich!» sagte sie und erhob sich zum Zeichen, daß wir entlassen seien.
     
    Wir behalfen uns damit, daß wir die letzten zwölf Namen auf der alphabetischen Liste zwischen die ersten dreizehn mischten. Dann

Weitere Kostenlose Bücher