Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
voll da. Also erkläre ich ihm alles in Ruhe, und am Ende ist er einverstanden.
Ich packe also fix ein paar Sachen in eine Tasche und hechte eilig aus der Tür. Eine knappe halbe Stunde später stehe ich bei Robin unter der Dusche und lasse mir genüsslich das heiße Wasser über Kopf und Körper laufen. Was für eine Wohltat!
Als ich wieder bei meinem Kumpel in der Küche auftauche, hat der Kaffee gekocht und bietet mir auch eine Tasse an. Dankbar nehme ich sie entgegen, denn gefrühstückt habe ich nach all dem Stress logischerweise auch noch nicht.
Angesichts des gedeckten Frühstückstisches meint mein Magen dann auch vernehmlich Laut geben zu müssen und ich sehe verlegen zu Robin hoch. Der lächelt.
„Willst du mit mir frühstücken?“, fragt er und ich zögere.
„Das geht doch nicht so einfach!“, ziere ich mich noch ein bisschen. „Ist doch Euer Frühstück!“
Aber er zuckt nur die Achseln und nimmt ein weiteres Gedeck aus dem Schrank. „Ist doch genug da!“, meint er bloß, und gleich darauf sitzen wir gemeinsam am Tisch und lassen uns frisch aufgebackene Brötchen mit Marmelade schmecken.
Von seinen Mitbewohnern ist noch niemand zu sehen, allerdings dringt aus einem der angrenzenden Zimmer Popmusik, und ich tippe auf einen Radiowecker.
Nachdem ich nun sauber bin und sogar was im Magen habe, entspanne ich mich zusehends, und auch Robin ist endlich wach genug, dass ich ihm die gesamte, völlig bescheuerte Story nochmal richtig verklickern kann.
Als ich zu der Stelle komme, wo ich die wahre Identität des Hausmeisters entdecke, prustet er in seinen Kaffee.
Natürlich habe ich ihm vorher einen kurzen Abriss meines vorabendlichen Mülltrennungsabenteuers gegeben und auch mit der Beschreibung des honigblonden Schnuckels nicht hinter den Berg gehalten.
Robin weiß eh dass ich schwul bin, und es hat ihn noch nie gestört. Kunststück – er spielt ja auch für die gleiche Liga.
Aber wir Zwei sind wirklich nur Freunde. Wir haben zwar ein einziges Mal am Anfang unserer Bekanntschaft und im Zustand fortgeschrittener Trunkenheit heftig miteinander rumgemacht, aber dabei sehr schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige für uns ist. Und wir haben das seitdem auch nie wiederholt.
„Also hast du dich gleich am ersten Tag nach deinem Einzug so richtig beliebt gemacht“, stellt er jetzt grinsend fest, und ich seufze abgrundtief.
„Sieht ganz so aus!“, gebe ich zu und rühre meinen bereits gut durchgerührten Milchkaffee ein weiteres Mal um.
„Woher hätte ich denn auch ahnen sollen, dass ausgerechnet ER das ist? Und abgesehen davon ist er ja wahrscheinlich sowieso hetero!“
„Meinst du?“, grinst Robin provozierend, und ich nicke heftig.
„Klar! Der wirkt doch schon total verbiestert irgendwie! So richtig unentspannt! Das ist doch völlig unschwul, meinst Du nicht?“, erläutere ich meine Sicht der Dinge.
„Hmm ...“ Robin wirkt nachdenklich. „Vielleicht ist er ja auch nur `ne Schrankschwuchtel? Ich meine, wenn man mit sich und seiner Sexualität nicht im Reinen ist, kann einem das schon ganz schön aufs Gemüt schlagen! Und dann geht eben man so verbiestert durchs Leben. Mein Reden!“
Wenn Robin einen Charakterfehler hat – zumindest in meinen Augen – dann den, dass er unbedingt jeden Kerl, dem er begegnet und von dem er den Verdacht hat, dass er schwul und in seinem Umfeld noch nicht geoutet ist, reformieren will. So ruhig und zurückhaltend er sonst ist, da läuft er zu derartiger Hochform auf, dass ich fast denke, er schafft es irgendwann noch wirklich, gestandene Heteromacker zum Schwulsein zu überreden!
Klar, er hat ja irgendwo recht – für den eigenen Seelenfrieden ist es natürlich wichtig, sich irgendwann zu seiner Sexualität zu bekennen, alles Andere ist ungesund auf Dauer, aber da hat doch schließlich jeder sein eigenes Tempo und seine eigenen Bedürfnisse! Der Eine verkraftet die Erkenntnis schneller als der Andere, und es lebt doch schließlich auch jeder Mensch sein eigenes Leben, mitsamt allen Umständen und Drumherums, worauf man auch Rücksicht nehmen muss. Aber da ist Robin irgendwie betriebsblind oder so, keine Ahnung.
Mich hat er ja auch mal versucht zu bekehren, ganz zu Anfang unserer Bekanntschaft, hat gemeint, ich müsste meiner Familie unbedingt reinen Wein einschenken, in meinem eigenen Interesse. Allerdings ohne Erfolg. Ich hab` ihm damals ziemlich rigoros erklärt, dass er mir das gefälligst selbst überlassen soll, und wenn er mir nochmal
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