Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
nur eines Lächelns ist aus seinem Gesicht verschwunden. Es dauert eine Weile, bis er wieder etwas sagt, und seine Stimme klingt hart, als er es tut.
„Sagen wir mal, weil ich nicht mit einem goldenen Löffel zwischen den Zähnen zur Welt gekommen bin.“ Er schnaubt und nimmt einen neuen, großen Schluck Bier, lehnt sich dann nach vorne und lässt die Flasche zwischen den Händen hin und her rollen.
„Meine leibliche Mutter hat mich zu Pflegeeltern gegeben, als ich drei Jahre alt war. Ich hab sie seitdem nicht mehr gesehen und auch sonst keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Das Erste was ich nach zwanzig Jahren wieder von ihr gehört habe, war ein Brief vom Sozialamt, dass sie in einer Pflegeeinrichtung gelandet ist, weil sie sich den Verstand und die Gesundheit weggesoffen hat und dass ich für sie aufkommen soll, weil sie nun mal meine leibliche Mutter ist. Mein Pflegevater hat mir nach seinem Tod vor einigen Jahren ein bisschen Geld hinterlassen. Er und seine Frau hatten nie viel Kohle, das waren einfache Leute, aber er wusste, dass mein Herz an der Kunst hing, und Beide hatten sich jeden Cent abgespart und mir gegeben, damit ich studieren sollte! Tja, und dann war die Kohle weg, weil das Amt die Hand drauf hatte und mein Studium Geschichte. Bafög allein reicht nicht für Miete und sämtliche Unkosten, und bei dem Zeitaufwand für den Bachelor-Studiengang ist geregeltes Jobben nicht drin. Also hab ich die Uni verlassen und mir einen Job gesucht. Piczek hat mir geholfen. Ihm verdanke ich es, dass ich die Hausmeisterstelle hier überhaupt gekriegt habe. Und weil die blöde Schlampe die mich geboren hat immer noch lebt und weich genug in der Birne ist, dass sie rund um die Uhr Betreuung braucht, mit anderen Worten das Geld von meinen Pflegeeltern also nicht lange gereicht hat, geht immer noch jeden Monat ein netter Batzen von meinem Gehalt ans Amt und wird das vermutlich auch noch die nächsten Jahre tun, sofern sie nicht irgendwann in naher Zukunft den Löffel abgibt, ich im Lotto gewinne oder irgend sowas in der Art. Du siehst also, ein Studium wird für mich auf nicht absehbare Zeit ein Wunschtraum bleiben.“
Er trinkt wieder aus seiner Flasche, und ich schaue ziemlich belämmert aus der Wäsche, denn das ist starker Tobak, soviel steht mal fest.
„Ja, und … hast du denn nicht versucht was dagegen zu unternehmen?“, will ich wissen, denn auch wenn ich der Sohn eines Anwalts bin und dementsprechend weiß, dass Gesetze nun mal für gewöhnlich objektiv ausgelegt werden müssen und nicht nach Grundsätzen der Fairness, erscheint mir das, was er da erzählt geradezu himmelschreiend ungerecht. Kann natürlich gut sein, dass ich selber nicht objektiv bin, immerhin geht es hier um Manuel, aber trotzdem.
Er stößt einen Laut zwischen Schnauben und Lachen aus und sieht mich von der Seite an.
„Klar hab ich das. Ich hab` mir einen Anwalt genommen und Widerspruch eingelegt. Meine Pflegemutter hat mich auch da unterstützt, weil sie nicht wollte, dass mein Studiengeld dafür draufgeht. Hat aber leider nichts genützt. Gegen den Paragrafenreiter von Anwalt der Gegenseite hatte ich keine Chance. Der Richter hat den Zahlungsbefehl für rechtens erklärt, und das war für mich das Ende der Fahnenstange.“
Ein bitteres Lächeln spielt um seine Mundwinkel, als ich ihn betroffen ansehe, und dann lehnt er sich wieder zurück. „Aber du hast mich doch sicher nicht auf ein Bier eingeladen, um dir meine tragische Lebensgeschichte anzuhören, oder?“
Er zwinkert mir zu, und in meinem Geist bildet sich ein riesiges Fragezeichen. Was wird das denn? Flirtet er etwa mit mir? Nee, kann nicht sein … oder?
„Äähm ...“, gebe ich wenig intelligent von mir, worauf sein Grinsen sichtbar in die Breite wächst und eindeutig zweideutig wird. Ich starre ihn nur an und weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll, komme mir vor, als renne ich soeben mit hängender Zunge den Ereignissen um mich rum hinterher, und SO kenne ich mich nun eigentlich überhaupt nicht. Normalerweise bin ICH Herr der Lage. Aber mein sexy Hausmeister bringt mich total aus dem Konzept, ist jedoch glücklicherweise auch ein Mann der Tat, wie`s scheint. Er stellt stumm seine Bierflasche ab und rückt näher zu mir.
„Was … ?“, frage ich und reiße die Augen auf, als er mit einer Hand nach meinem Kinn fasst und den Daumen über meine Wange streichen lässt. Mein Herz wummert wie ein Dampfhammer bei dieser intim anmutenden Geste, und obwohl ich
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