Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
mich gerade in einer Situation befinde, ganz ähnlich denen, die ich mir während der letzten Tage ausgemalt und erträumt habe, geht mir das alles plötzlich nicht nur viel zu schnell, es fühlt sich auch irgendwie falsch an, denn in meinen Fantasien war immer ich derjenige, der die Initiative hat und zu dem Manuel mit großen, staunenden Augen aufblickt.
Und nun sitze ich hier und schaue zu ihm hoch, wie Lieschen Müller zum Leibnizprinzen … das kann ja wohl echt nicht wahr sein?
„B...bist du schwul?“, bringe ich noch gerade so heraus, und er prustet leise. Kein Wunder – die Frage war ja wohl selten doof! Würde ein Hetero einen anderen Mann so ansehen - oder anfassen?
„Nein“, sagt er denn auch feixend, „ich bin die Gemeindeschwester und will dich nur mal gründlich untersuchen! - Wonach sieht das hier denn deiner Meinung nach aus?“
Ich schlucke nervös, weiche ein bisschen zurück, und er runzelt die Stirn. „Du etwa nicht?“, fragt er, und ich muss mich räuspern, bevor ich antworten kann.
„D...doch – schon ….“, sage ich und nutze die Gelegenheit, um mein Gesicht zu befreien.
„Aber ich gehe auf keinen Fall Bottom!“, recke ich den Kopf. Besser ich kläre das gleich, denn mein Gaydar piepst immer noch wie verrückt. Nur leider zeigt es ein großes „T“ und kein „B“, wenn ich Manuel ansehe.
Der mustert mich ein bisschen kühl und streicht sich dann durch die Haare. „Im Ernst?“, fragt er. Ich nicke, und er lässt einen taxierenden Blick über mich wandern. „Schade“, gibt er zu, „ich auch nicht.“
Ha! Wusste ich`s doch!
Noch einmal grinst er schief. „Dabei hätte ich ernsthaft drauf gewettet, dass du den passiven Part bevorzugst, so niedlich wie du aussiehst.“
Wie bitte? Niedlich? Ich?
„Ich bin nicht niedlich!“, brause ich auf und ernte ein amüsiertes Lachen. Manuel hebt die Hand und winkt ab. „Okay, okay, geschenkt! Du bist nicht niedlich, sondern ein großer, böser Top!“ Er greift nach seiner Bierflasche und nimmt einen Schluck, sieht mich dann wieder an und hebt die Brauen. „Und was schlägst du jetzt vor?“
Ich zucke die Achseln, und er erklärt: „Also, ich sehe da nur zwei Möglichkeiten: entweder springt einer von uns über seinen Schatten und gibt den Bottom, oder wir vergessen das Ganze!“
Sein Blick enthält die wortlose Erwartung, dass ich derjenige sein soll, der gefälligst seinen Arsch hin zu halten hat, aber ich denke ja gar nicht dran! Ich würde zwar für mich nicht völlig kategorisch ausschließen, dass ich vielleicht irgendwann auch mal den passiven Part gebe, aber doch ganz sicher nicht beim ersten Mal mit einem fremden Kerl!
…
Bisher bin ich allerdings noch mit keinem Typen über das erste Mal hinaus gekommen.
…
Passiv sein, das heißt in meinen Augen, man gibt sich hin und die Kontrolle ab. Das erfordert, so wie ich das sehe, Vertrauen, Zutrauen, und wo soll das bitte herkommen? Wir kennen uns ja praktisch gar nicht.
„Da drauf kannst du lange warten!“, knurre ich ihn deshalb an, und er schürzt die Lippen.
„Wenn du meinst.“
Soll das heißen, dann will er … ? Aber er macht meine stumme, kaum erwachte Hoffnung gleich wieder zunichte, indem er einfach sein Bier abstellt und aufsteht.
„Gehst du jetzt, oder was?“, will ich ein bisschen überrascht wissen, und er schaut mich gelassen an.
„Klar. Du hast deine Wahl getroffen, genau wie ich. Also – vergessen wir das Ganze halt! Schönen Abend noch!“, sagt er, und mir bleibt die Spucke weg. Das ist doch wohl die Höhe! Er will mich hier einfach so sitzenlassen, als wäre ich bloß irgendein x-beliebiger Typ! Meine Eitelkeit heult getroffen auf und hinkt in Deckung. Dafür stehe ich jetzt auch auf und fasse ihn scharf ins Auge.
„Das glaub` ich ja wohl nicht! Was bist du denn für ein Scheißtyp? Erst scharfmachen und dann den Arsch zukneifen?“, bricht sich mein verletzter Stolz wütend Bahn.
Seine Augen schleudern grüne Blitze, als er sich dicht vor mich hinstellt und zu voller Größe aufrichtet. „Wer ist es hier, der den Arsch zukneift?“, blafft er und stemmt die Hände in die Seiten.
„Na du!“, fahre ich ihn an, und er lacht böse. „Ach? Und du etwa nicht?“
„Ich hab dir gesagt, dass ich nicht Bottom gehe!“
„Ja und? Hab ich auch!“
„Aber ich zuerst!“
„Und? Wer zuerst kommt, fickt zuerst, oder was?“, faucht er. „Vergiss es, du Blödmann! Wir sind doch hier nicht im Kindergarten!“
Schwer atmend stehen
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