Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
gleichzeitig an, als sackt ein tonnenschweres Bleigewicht in mein Herz. Ich zwinkere, kämpfe die Tränen energisch zurück und rede mir selber gut zu:
Vergiss ihn, Ben! Was willst du überhaupt mit ihm? Nur zwei Mal hat er geklingelt und dann schon aufgegeben! Wenn ihm wirklich was an dir liegen würde, hätte er es mindestens noch ein weiteres Mal versucht! Und geklopft! Und gerufen! - Du könntest schließlich mit aufgeschnittenen Pulsadern hier in der Wohnung liegen! Genau! ….
Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen theatralischen Gedankengängen, und ich melde mich, ohne lange zu überlegen.
„Ben?“, tönt Manuels Stimme an mein Ohr. „Wo steckst du? Ich war eben an deiner Tür. Hast du mich nicht gehört?“
Ich überlege fieberhaft. Was sage ich jetzt am Besten?
„I...ich hab … geschlafen!“
„Geschlafen? Ich hab zwei Mal geschellt!“, Er klingt skeptisch.
„Jaa. … Ich … hab Kopfhörer auf! Deshalb vermutlich!“, Mann, ich hab auch schon mal besser geschwindelt!
„Kopfhörer? - Du schläfst mit Kopfhörern?“
„Naja …. ich … also … manchmal schon.“, stottere ich, und in der Leitung bleibt es einen Moment lang still.
„Ben, ich würde gern mit dir reden. Über gestern Abend“, sagt Manuel schließlich.
„Gestern Abend?“, wiederhole ich nervös, und mein Herz schlägt einen Purzelbaum.
„Ja. Normalerweise ist es nicht meine Art einfach so über jemanden herzufallen, ohne vorher für klare Verhältnisse zu sorgen. Das tut mir leid, und ich möchte, dass du das weißt.“
Es tut ihm also leid ...
Schlagartig habe ich einen Kloß in der Kehle. Manuel will klare Verhältnisse schaffen. Ein bisschen spät, oder?Mann, jetzt wandelt sich meine innere Tucke aber eindeutig zur Dramaqueen! Immerhin hab ich mich ja auch nicht gerade geziert, als es zur Sache ging!
„Naja, jetzt hast du`s ja getan. Du bist also in jeder Hinsicht aus dem Schneider!“, versetze ich und höre selber, wie zickig das klingt. Manuel atmet am anderen Ende tief ein und bittet: „Ich würde das gern in Ruhe mit dir besprechen, aber nicht am Telefon. Ist es okay, wenn ich gleich nochmal zu dir raufkomme?“
Raufkommen? Er zu mir? Will er jetzt den Seelentröster spielen? Oder mir haarklein aufzählen, WAS ihm alles leid tut an dem was wir gemacht haben? Das Küssen? Das Fummeln? Die ganze Nummer? Oder nur dass er nicht die Gelegenheit bekommen hat, mich in den Arsch zu ficken? Darauf kann ich gerade echt verzichten! Mein Herz ist sowieso schon ein schmerzender Klumpen rohes, blutiges Fleisch, auch ohne dass er nochmal drauf rumtrampelt!
„Ach, weißt du“, sage ich deshalb laut, „eigentlich glaube ich nicht, dass das nötig ist. Jetzt ist doch eigentlich alles zwischen uns gesagt, findest du nicht? Also tu mir den Gefallen und lass mich ab sofort einfach in Ruhe!“
Den letzten Satz blaffe ich ziemlich laut in den Hörer und lege anschließend sofort auf, ohne auf seine Antwort zu warten.
Kaum habe ich das Mobiltelefon mit zitternden Fingern in die Tasche gesteckt, klingelt es erneut. Fluchend reiße ich es wieder heraus und nehme das Gespräch an. Ich horche aber nicht, wer dran ist, sondern poltere augenblicklich los: „Was an
Lass mich in Ruhe!
hast du nicht verstanden, hm? Du hast gesagt, es tut dir leid, also tu doch einfach so, als wäre nichts passiert, okay? Ich mache das Gleiche und alle sind happy!“
Es herrscht Schweigen am anderen Ende, und ich will schon grimmig wieder auflegen, da erklingt eine Stimme. Bloß ist es nicht die, die ich erwartet habe.
„Ben? Ist alles okay bei dir?“
Scheiße – das ist Robin!
Sekundenlang ringe ich nach Worten und dann – bricht einfach der Damm.
„Nein“, schniefe ich. „Gar nichts ist in Ordnung. Gar nichts!“
Robin fackelt nicht lange. Eine halbe Stunde später ist er da und bereit, das volle Trostprogramm zu fahren.
Dabei ist das so ziemlich das Letzte was ich will. Während der schlappen 30 Minuten die er gebraucht hat, um herzukommen, hab ich mich wieder etwas gefangen und möchte eigentlich nur noch ins Bett, schlafen und alles Andere ausblenden, vergessen.
Aber daraus wird nichts.
„Wenn du alles nur verdrängst, anstatt es zu verarbeiten, machst du es nur noch schlimmer!“, doziert Robin und sieht mich streng an. „Und abgesehen davon bin ich jetzt durch die halbe Stadt gefahren um dich zu trösten, obwohl ich morgen wieder Frühschicht habe. Glaubst du, da hau ich einfach so wieder ab? Vergiss es!
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