Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
ihn anzusehen, und er kommt zu mir, legt den Arm um mich, und ich lasse es geschehen. Ist doch eh alles egal. Manuel denkt jetzt, ich bin ein Aufreißer. Einer der wahllos Kerle anmacht, vernascht und dann wegwirft.
Und dass er selber auch nur eine Kerbe in meinem Bettpfosten gewesen ist. Das stand ihm mehr als deutlich im Gesicht geschrieben.
Nachdem Robin zu seinem Dienst abgedampft ist, ergebe ich mich erst mal vollständig meinem Selbstmitleid. Tut zwar irgendwie gut, sich darin zu suhlen, aber bringt mich auch nicht wirklich weiter. Im Gegenteil. Gegen Mittag bin ich so tief deprimiert, dass ich mich ärgere, die Tequilaflasche schon am Abend vorher leer gemacht zu haben.
Andererseits sollte ich dafür wahrscheinlich dankbar sein, immerhin habe ich am späten Nachmittag noch einen Termin bei meinem Hausarzt. Der soll sich meinen Zustand anschauen und entscheiden, ob ich wieder arbeiten darf oder nicht. Und ich glaube nicht, dass es gut wäre, da volltrunken aufzutauchen ...
Ich komme also brav und stocknüchtern um Punkt 16 Uhr in die Praxis, und eine Stunde später bin ich schon wieder auf dem Heimweg. Mit einer erneuten Krankmeldung, denn der Doc hat nur ein Mal kurz auf die richtige Stelle gedrückt, und ich hab gejault wie eine liebeskranke Katze bei Vollmond. Nur nicht so melodisch.
Ich bin also für weitere zehn Tage krankgeschrieben. Keine Ahnung, ob mir das gefällt oder nicht. Im Augenblick fühlt es sich eher so an, als würde es mir gewaltig am Arsch vorbeigehen. Ob ich nun zuhause sitze oder zur Arbeit gehe – das ändert Beides nichts an den Tatsachen.
…
Ob ich vielleicht doch noch mal versuchen soll, mit Manuel zu reden und ihm alles zu erklären?
…
Stellt sich bloß die Frage, was ich mir davon verspreche.
Er hat mich doch schon unmittelbar nach unserem Handjob sowas von abblitzen lassen. Will ich mir das ernsthaft nochmal antun? Als ob es noch nicht schmerzhaft genug wäre?! Aber vielleicht habe ich ja eine bisher unentdeckte masochistische Ader? Whatever … ?!
Jedenfalls bin ich nicht der Typ, der sich aufdrängt. Kann ich selber nicht ab, solche Kerle. Die einem nachlaufen, weil sie es nicht kapieren wollen. Ich bin selber mal an so einen geraten. Das war ziemlich zu Anfang meiner Zeit in der Szene, und es hat ewig gedauert, bis ich ihn wieder losgeworden bin. Das war mir dann eine Lehre, und seitdem hab ich immer im Vorfeld klar gemacht, dass es mir nur um Sex ging. Und ich bin gut damit gefahren.
Umso hirnrissiger, dass ich jetzt derjenige bin, der mit Herzschmerz gestraft wird. … Oder vielleicht gerade deswegen? Hab ich irgendwie – was weiß ich? - eine höhere Macht beleidigt, irgendwelche Karmakräfte oder so?
…
Oh, Mann - scheint, als ob mir der Liebeskummer jetzt auch noch die Birne weichkocht!
Zurück in meinen vier Wänden habe ich die Wahl: will ich meine Seelenpein beim Fernsehen weiterpflegen? Oder beim Daddeln an der Playstation? Oder lege ich mich schlicht und simpel ins Bett und warte auf meinen Tod, ausgelöst durch ein gebrochenes Herz?
…
Letzteres ist definitiv die romantischste und theatralischste Variante und meine innere Dramaqueen verdreht verzückt die Augen, während sie ihr Patschehändchen samt rotlackierter Fingernägel aufs Herzchen presst und schmachtend seufzt.
…
Oh Mann!
Gehirnerweichung im fortgeschrittenen Stadium!
diagnostiziere ich und überlege, womit ich gegensteuern kann. Ich kenne mich und weiß: weder Fernsehen noch Videospiele werden mich ernsthaft genug ablenken.
Mein Blick fällt auf meinen Laptop, und ich folge einer spontanen Eingebung, fahre ihn hoch und logge mich im Gaychat ein. Ich überfliege die Liste der Usernamen, die anwesend sind und stoße fast sofort auf LanceAlot.
Soll ich oder soll ich nicht?
Was soll´s? Mehr als noch eine Abfuhr kann ich mir ja schlecht holen, oder?
Ich klicke auf die Einladung zum privaten Chat und auf LanceAlots Namen. Und dann warte ich.
Es dauert lange, ohne dass eine Reaktion erfolgt, aber dann plötzlich plingt es, und er ist da. Ich verspüre eine unerwartet große Erleichterung und tippe: „
Hi LanceAlot! Schön dich zu sehen.“
Wieder vergeht eine ziemlich lange Zeit, ehe er antwortet: „
Wieso?“
Huh? Was soll das denn jetzt? Hab ich unsere Abmachung nicht eingehalten oder er?
„
Wie meinst du das??“,
frage ich, und prompt erscheint die Antwort: „
Ein begehrter Mann wie du? Freut sich, mich zu sehen?“
Okay, jetzt ist es amtlich: Ich kapiere
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