Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
Zufrieden?“
„Oh.“
So allmählich schälen sich jetzt auch für mich Umrisse aus dem weißen Nebel in meinem Gehirn. Natürlich ausgerechnet die, die von mir aus gerne noch eine Weile versteckt hätten bleiben können.
Manuel ...
Unsere Nummer vorgestern Abend ...
Sein Anruf …
…
Scheiße!
Robin steht auf und greift nach seiner Jeans. „Kann ich vielleicht bei dir noch duschen, bevor ich zur Arbeit gehe?“, fragt er, und ich nicke mechanisch.
„Klar. Mach nur. Saubere Handtücher sind da im Schrank“, deute ich mit dem Finger. Er brummt etwas, was nach Zustimmung klingt und ist gleich drauf verschwunden. Im Badezimmer nebenan fängt die Dusche an zu rauschen, und ich kämpfe mich ebenfalls auf die Füße. An Schlaf ist eh nicht mehr zu denken, deshalb gehe ich einen Kaffee aufsetzen und nachsehen, ob ich noch Aspirintabletten habe.
Oder irgendwas Ähnliches.
Bevor mein Kopf platzt ...
Fünf Minuten später sitze ich in meiner Küche, habe eine Kopfschmerztablette intus und ein Glas mit Mineralwasser vor mir, während die Kaffeemaschine auf der Arbeitsfläche leise blubbert.
Robin kommt aus dem Bad und erscheint mit einem Handtuch um die Hüften im Türrahmen.
„Kann ich mir von dir frische Unterwäsche leihen? Und vielleicht ein Shirt oder so? Meine Klamotten stinken wie eine ganze Kneipe. So kann ich echt nicht im Dienst auflaufen!“
„Klar. Bedien dich“, erwidere ich und stehe auf, um mir einen Kaffee zu nehmen. Beim ersten Schluck verziehe ich das Gesicht. Wieso riecht das Scheißzeug immer so viel besser als es schmeckt?
Die Uhr an der Mikrowelle zeigt kurz vor sechs am Morgen, und ich stelle mich ans Fenster. Draußen ist niemand zu sehen.
Da schellt es.
Überrascht drehe ich den Kopf und frage mich, wer zum Teufel um diese Uhrzeit bei mir klingelt. Missmutig stelle ich die Tasse ab und gehe an die Tür. Ich öffne, und Manuel steht vor mir.
…
Hab ich nicht schon mal gefragt, in welchem Scheiß-Hollywood-Schmachtfetzen ich mich eigentlich im Moment befinde?
…
Er sieht ein bisschen übernächtigt aus, wie ich finde, aber okay – so ganz taufrisch bin ich ja auch nicht.
„Morgen“, sagt er. „Tut mir leid, dass ich so früh störe. Darf ich reinkommen?“
Er macht einen Schritt vorwärts, hält dann aber abrupt inne. Sein Blick hängt an irgendwas in meinem Rücken, und reflexartig drehe ich mich ebenfalls um.
Robin steht da, immer noch mit dem Handtuch um die Hüften und eine meiner Pants in der Hand.
„Kann ich die hier haben?“, fragt er, dann bemerkt er meinen frühmorgendlichen Besucher. „Oh?“, macht er und sieht plötzlich sehr, sehr schuldbewusst aus.
Moment – schuldbewusst? Wieso schuldbewusst?
Mein in Alkohol eingelegtes Hirn hat Mühe den Anschluss zu finden, aber dann realisiere ich, wie diese Szene auf Manuel wirken muss: Am frühen Morgen turnt ein so gut wie nackter Kerl durch meine Wohnung, eine Pants in der Hand, und ich selber trage auch nur meine Jeans.
Und die ist nicht mal ganz geschlossen ...
„Ähm …“, stammele ich wenig originell. Aber Manuel reagiert ganz nach Hollywood-Schmonzetten-Drehbuch. Er richtet sich auf, schaut ein Mal zwischen uns hin und her und weicht zurück.
„Ich wusste nicht, dass du Besuch hast! Ich will dann mal nicht weiter stören. Entschuldige“, sagt er frostig.
Damit dreht er sich stocksteif um und will davongehen.
Gestern habe ich ihn ja noch zum Teufel gewünscht, aber jetzt und hier will ich nicht, dass er geht. Nicht so. Er soll nicht denken, ich wäre so ein Typ, der sich ohne mit der Wimper zu zucken sofort einen anderen Kerl ins Bett holt!
„Es … es ist nicht so wie es aussieht!“, rufe ich ihm nach, und er bleibt tatsächlich stehen.
(Meine Güte – ich hoffe wirklich, dass dieser miese klischeebeladene Film es nie - NIE! - bis ins Kino schafft! Nicht mal in die Spätvorstellung im Pantoffelkino von Hintertupfingen!)
Langsam dreht er sich um, und seine grünen Augen blitzen kalt wie Gletschereis.
„Ben, es geht mich absolut nichts an, was du in deiner Wohnung mit wem auch immer treibst! Von daher ist es mir völlig gleichgültig, wie es aussieht oder nicht. Du warst am Telefon ja auch eigentlich deutlich genug. Einen schönen Tag Euch Beiden!“
Und dann geht er wirklich. Ich stehe nur da, sehe ihm nach bis meine Sicht verschwimmt und mache dann langsam, wie in Zeitlupe die Tür zu.
„Oh, Mist!“, sagt Robin aus der Tiefe meiner Diele. „War er das etwa?“
Ich nicke, ohne
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