Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
weglassen?“
Obwohl ich die Frau gerade erst kennengelernt habe, bin ich nur zu einverstanden. Sie strahlt soviel Herzenswärme aus, dass ich das unbedingte Bedürfnis habe, von ihr gemocht zu werden.
„Gerne!“, sage ich also, und im nächsten Moment ist sie aufgesprungen, neben mich gehüpft und hat mich in ihre Arme gezogen. Aber diese unerwartete Nähe ist mir nicht im mindesten unangenehm. Ich mag Manuels Mutter, und ich scheine ihr auch nicht unsympathisch zu sein.
Nun stellt sich bloß noch die Frage, wie ich diesem Sturkopf beibiege, dass mir wirklich an ihm gelegen ist und vor allem, wie ich ihn dazu bringe, diese Tatsache auch anzunehmen.
Trotzdem fühle ich mich ein klein wenig besser als noch vor wenigen Minuten. Das Problem hat einen Namen bekommen, und auch wenn ich noch keine Lösung habe, fasse ich endlich neuen Mut.
Ein neuer Anfang
Eine schlaflose Nacht und einen Tag später habe ich tatsächlich eine Idee.
Vielleicht ist es eine beschissene Idee, geboren aus zu wenig Schlaf und zu viel Grübelei, aber etwas Besseres hab` ich nicht vorzuweisen. Und hey? David hat Goliath doch, glaube ich, auch mit einer Steinschleuder besiegt? Oder war es ein Flitzebogen?
Egal!
Ich zieh` das jetzt durch, bevor ich es mir anders überlege.
Meine Mutter hat am Vorabend natürlich unbedingt noch wissen wollen, wer Agnes ist, nachdem die gegangen war, aber ich hab` mich bewusst vage gehalten. Ich weiß nicht, ob und wie viel sie schon über Manuel weiß. Vielleicht hat Markus sie ja ins Bild gesetzt, wie auch immer, es spielt keine Rolle für mich und mein Vorhaben.
Die folgende Nacht schlafe ich zum ersten Mal seit langem tief und traumlos und fühle mich beim Aufstehen angenehm ausgeruht.
Ich stehe zeitig unter der Dusche und gehe pünktlich um kurz vor halb acht zum Frühstück ins Speisezimmer hinunter.
Mein Vater sitzt wie erwartet bereits bei einer Tasse Kaffee und studiert die Zeitung.
Überrascht schaut er hoch, und ich nehme mit einem freundlichen „Guten Morgen!“ ihm gegenüber Platz.
Er erwidert meinen Gruß, sein Blick gleitet aufmerksam über mich.
„Wie fühlst du dich, Benjamin?“, fragt er dann, und ich sehe lächelnd hoch. Es fällt mir nicht mal schwer.
„Gut. Danke. Und selbst?“
Er faltet die Zeitung zusammen und legt sie beiseite.
„Ich kann nicht klagen“, sagt er, greift nach einem Brötchen und schneidet es auf, bestreicht es mit Butter und Honig. Die ganze Zeit wirft er mir immer wieder fragende Blicke zu, und nachdem ich ein halbes Brötchen verspeist habe, beschließe ich, ihn nicht länger auf die Folter zu spannen.
„Ich habe einen Entschluss gefasst, Paps“, sage ich, und er hebt neugierig die Brauen.
„Aha“, macht er, lehnt sich abwartend zurück, die Kaffeetasse in der Hand.
„Ja. Ich habe mich entschlossen nun doch Jura zu studieren!“ Ich beiße in meine zweite Brötchenhälfte und beobachte seine Reaktion.
Er blinzelt einmal, dann stellt er die Tasse ab und faltet die Hände über dem Bauch.
„Und das ist dein Ernst?“, fragt er nach.
„Mein absoluter Ernst!“, bestätige ich nickend und spüle mein Brötchen mit reichlich Kaffee in den Magen.
„Diese Sache mit dem Spontanpneumodingsbums hat mir vor Augen geführt, dass ich für eine körperliche Arbeit wohl eher doch nicht geeignet bin und naja, als studierter Jurist stehen einem doch eine Menge Türen offen!“
Jetzt endlich lächelt mein Vater breit, reckt den Arm und klopft mir quer über den Tisch auf die Schulter. Wie ich erwartet habe, hinterfragt er meine plötzliche Kehrtwende nicht, vor lauter Freude darüber, dass ich nun doch auf den rechten Weg zurückkehre.
„Wenn das so ist, mein Sohn, dann freue ich mich sehr über deinen Sinneswandel! Ich wusste doch, dass auch in dir ein echter Böttinger steckt und du irgendwann zur Vernunft kommst!“, strahlt er und fast tut er mir leid.
„Allerdings habe ich eine Bedingung!“, bremse ich seinen Enthusiasmus ein wenig.
„Und die wäre?“, fragt er, nun doch wieder ein bisschen misstrauisch.
„Du weißt - ich habe dir gesagt, dass ich schwul bin. Daran hat sich nichts geändert und wird es auch nicht. Deshalb wäre es bestimmt für alle Beteiligten besser, wenn ich in einer eigenen Wohnung lebe. Du hast oft Mandanten und Kollegen zu Besuch und willst doch sicher nicht, dass die was merken, oder?“
Er runzelt die Stirn und mustert mich skeptisch, sucht nach alter Juristengewohnheit den Pferdefuß in
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