Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
sie das Dinghi mit einem Abschleppseil an dem Boot befestigten, hatte April der Scheinwerfer geblendet. Dann hatte man sie wie eine besiegte Kleopatra, wenn auch mit weniger Publikum und Fanfaren, über den See geschleppt. Genau gesagt war keine Menschenseele da gewesen. Sie hatten sich vom Hauptkanal fern gehalten und sich mit schlafwandlerischer Sicherheit über gewundene winzige Seitenarme bis zur Hütte durchgeschlagen.
    Aufgrund dieser hervorragenden Ortskenntnisse konnte sie die Identität des einen Mannes erraten. Es gab nur einen einzigen Menschen, auf den die Personenbeschreibung: Jäger, Angler, Pistolero – verblendeter Wahnsinniger – passte.
    Frank Randall. Anders konnte es nicht sein. Auf jeden Fall glaubte sie seine hängenden Schultern und seinen stämmigen Körper erkannt zu haben. Dann hatte also aller Wahrscheinlichkeit nach er diese Hütte ausgesucht. Aber wenn er hier das Hauptquartier für seinen geplanten Führerservice durch das Sumpfgebiet aufgeschlagen hatte, räumte sie ihm keine großen Erfolgschancen ein.
    Was wollte er von ihr? Sie konnte es sich denken, aber sie war nicht scharf darauf herauszufinden, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lag.
    Als die beiden Boote hintereinander am Anlegesteg lagen, sprang Frank von dem größeren Boot herunter und vertäute es. Der andere Mann richtete sein Gewehr auf Aprils Brust und bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung auszusteigen. Nachdem sie seiner Aufforderung gefolgt war, trat er hinter sie und forderte sie auf, über den Steg auf die Veranda zu gehen, indem er ihr schweigend von hinten den Gewehrlauf zwischen die Rippen stieß. Sie lief leichtfüßig auf nackten Sohlen über die morschen Planken, während Frank sie und ihren Bewacher überholte. Die Fliegengittertür quietschte in den Angeln, als er sie öffnete, und fiel scheppernd wieder ins Schloss, als sie in der Hütte waren.
    Im Innern war es dunkel und roch nach vermoderten Polstermöbeln, ranzigem Fett und Schweiß. Außerdem gab es da noch einen anderen Geruch, den sie nicht einordnen konnte. Frank ging weiter in den vorderen Raum hinein, ein huschender Schatten, der vor einem Umriss, der ein Tisch zu sein schien, stehen blieb. Er griff nach etwas, das im Mondlicht, das durchs Fenster hereinfiel, glänzte. Dann hörte man ein schabendes Geräusch, wie wenn man ein Streichholz anriss.
    Petroleum, der seltsame Geruch stammte von dem Petroleum für die Lampe. April klammerte sich an diesen Informationsschnipsel, während das Streichholz in Franks Hand rotgolden aufflammte und gleich darauf der Schein einer Petroleumlampe den kleinen schäbigen Raum erhellte. Dann raffte sie ihren ganzen Mut zusammen und hob ihren Blick, um über die flackernde Flamme Mary Ellen Randalls Bruders anzuschauen.
    Seine Augen waren groß und glänzend. Falls er Reue oder irgendeinen Zweifel an dem, was er tat, verspürte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er setzte den Lampenschirm, den er abgenommen hatte, wieder auf, wedelte das Streichholz aus und warf es auf den Tisch. Dann wandte er sich ohne ein Wort ab.
    Dass er so tat, als wäre sie gar nicht da, bewirkte, dass Zorn in ihr aufstieg. „Warum machst du das?“ fragte sie. „Was habe ich dir getan?“
    „Nichts“, gab er zurück, während er ihr immer noch den Rücken zudrehte. „Nichts, außer dass du meine Schwester wie Luft behandelt hast.“
    „Ich habe sie kaum gekannt!“
    „Und wolltest sie auch nicht näher kennen lernen“, erwiderte er mit verletzender Geringschätzung.
    Das stimmte, sie hatte es wirklich nicht gewollt. Aber nicht, weil sie sich für etwas Besseres gehalten hatte, wie Frank unterstellte. Mary Ellen hatte sich weder aus Büchern noch Ideen oder Esoterik etwas gemacht, und April hatte an Make-up, Kleidern und Starmagazinen nur ein höchst eingeschränktes Interesse gehabt. Davon abgesehen hatte es da noch dieses andere Problem gegeben.
    „Deine Schwester wollte Luke“, sagte April. „Darüber hätten wir uns nie einigen können.“
    „Meine Schwester war bescheuert“, gab Frank mit verächtlich verzogenem Mund zurück.
    April stutzte. „Aber du denkst …“
    „Sie sind nicht seinetwegen hier, April Halstead“, fiel ihr eine Stimme hinter ihr ins Wort. „Sie sind wegen dem hier, was Sie mir angetan haben.“
    April erstarrte. Sie drehte sich langsam zu der rechteckigen Gestalt um, zu dem Gesicht, das so männliche Züge hatte, sie sah die leicht hervorquellenden Augen und den blassen

Weitere Kostenlose Bücher