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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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zu erinnern, den sie mit Luke gekommen war. Diese große tote Zypresse, die vor ihr aufragte, hatte sie vorher schon gesehen, dessen war sie sich ganz sicher. Und das verrostete, an einen Baumstumpf genagelte Werbeschild aus Metall kam ihr auch bekannt vor. Wenn sie weiterhin, so gut es ging, den hellsten Teil des Horizonts ansteuerte, müsste sie eigentlich nach Westen in Richtung Turn-Coupe fahren.
    Aber der Himmel verdunkelte sich, die Nacht brach herein. Auf einmal sah alles gleich aus, und es wurde gefährlich, bei den schlechten Lichtverhältnissen so schnell dahinzurasen. Es konnte leicht – zu leicht – passieren, dass sie über irgendeinen Gegenstand im Wasser schrammte und dabei den Boden des Dinghis aufriss. Schlimmer noch aber war, dass sie bei dieser hohen Geschwindigkeit nicht zwischen den Bäumen nach offenem Wasser Ausschau halten konnte.
    Etwa zehn Minuten später wurde ihr klar, dass sie die Orientierung verloren hatte. Sie hatte keine Ahnung, ob der Wasserarm, auf dem sie gerade entlangfuhr, in den See mündete oder nur tiefer in den Sumpf und das Gewirr winziger Kanäle hineinführte. Der Kanal erschien ihr breiter als die anderen, aber ihrem Gefühl nach hätte sie mittlerweile das offene Wasser eigentlich schon erreicht haben müssen. Bestimmt war Luke doch nicht so weit gefahren, oder?
    Als sie wieder um eine Krümmung fuhr, sah sie, dass sich der Kanal ein Stück weiter vorn gabelte. Welche Abzweigung sollte sie nehmen, die rechte oder die linke? Sie musste sich schnell entscheiden.
    Sie bog links ab. Der Weg kam ihr bekannt vor. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass sie nicht im Kreis fuhr, und beten, dass es ihr hier nicht etwa deshalb bekannt vorkam, weil sie es von früher, als sie mit Luke in der Gegend herumgestreift war, kannte.
    Ich werde dich finden
.
    Seine Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Sie beruhigten und trösteten sie, während sie beobachtete, wie sich der Wasserarm verengte. Dann umfuhr sie eine weite Biegung und gelangte in einen mit Lilienkissen bedeckten Teich.
    Der Weg, den sie eingeschlagen hatte, war ihr bekannt vorgekommen, weil sie ihn erst vor ein paar Tagen mit Luke gefahren war. Sie war an die Stelle zurückkehrt, an der Luke zuerst angelegt hatte.
    April stöhnte laut auf und riss das Steuer herum, aber es war zu spät, und sie wusste es. Das andere Boot war bereits hinter ihr und versperrte ihr den Weg. Ihre Verfolger hatten die Stelle abgeriegelt, wo der Wasserarm in den See mündete. Sie schnitten ihr den Weg ab. April ging vom Gas und erlaubte dem Dinghi, sich müßig zwischen schaukelnden Wasserhyazinthen und Lilienkissen im Kreis zu drehen, während sie nachzudenken versuchte.
    Der Mann, der vorn im Bug des anderen Bootes saß, hatte sein Gewehr auf den Knien liegen. Jetzt beugte er sich vor und legte mit einem lauten Klacken, das übers Wasser hallte, einen Schalter um. Ein Scheinwerfer flammte auf. Sein greller Strahl schien ihr voll ins Gesicht und blendete sie. Dann peitschte ein Schuss auf, dessen Echo von der Wasseroberfläche zurückgeworfen wurde und zwischen den dicht geschlossenen Reihen der Zypressen verhallte.
    „Bleiben Sie, wo Sie sind! Wir kommen zu Ihnen. Wenn Sie keine Schwierigkeiten machen, passiert Ihnen nichts.“
    Der laute Befehl hallte, verstärkt durch eine Art Megafon, übers Wasser. Die Drohung, die darin mitschwang, war nicht zu überhören. Wenn April nicht gehorchte, würde sie die Folgen zu spüren bekommen.
    Diese Stimme, die da gepresst und verzerrt übers Wasser gekommen war, kam ihr bekannt vor. Es war die Stimme vom Telefon.

19. KAPITEL
    E s schien Stunden zu dauern, bis die Hütte in der Dunkelheit am Ufer des Sees auftauchte; ein niedriges, aus rohen Holzbrettern zusammengezimmertes Rechteck, das durch Wind und Wetter zu einem farblosen Grau verblasst war. Die überdachte Veranda lag so nah am See, dass sich die durchhängende Tür direkt zu dem morschen Bootssteg öffnete. Keins der Fenster war erleuchtet, und nirgendwo gab es ein Anzeichen für Stromversorgung oder Straßen. Allem Anschein nach war es eine primitive Unterkunft für Angler oder Jäger und nur übers Wasser erreichbar.
    April wurde die Brust eng, während sie bestürzt darauf starrte. Bestimmt wussten nur die Leute, die die Hütte benutzten, von ihrer Existenz. Was immer ihre Entführer auch mit ihr vorhaben mochten, es war äußerst unwahrscheinlich, dass sie gestört werden würden.
    Ihre Gesichter hatte sie immer noch nicht gesehen. Während

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