Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
leidenschaftliche Liebesgeschichte zu Papier zu bringen. Aber wie soll ich das auch, wenn ich selbst nicht daran glaube?“
„Ja, richtig“, gab Julianne trocken zurück. „Versuch mir ruhig weiszumachen, dass du für diesen Adonis aus den Sümpfen nichts fühlst. Versuch mir weiszumachen, dass er dein Blut nicht zum Sieden bringt.“
April warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Das ist etwas anderes. Ich war wütend auf ihn.“
„Ja, aber du hast etwas gefühlt. Und wenn du dir nur eine Chance gibst, könntest du vielleicht noch mehr fühlen.“
„Das glaube ich nicht“, sagte April in einem Tonfall der Endgültigkeit.
„Und warum nicht? Was ist gegen eine Affäre mit einem willigen Mann einzuwenden, besonders wenn er den Spitznamen Luke-de-la-Nuit trägt? Könnte doch mal ganz nett sein.“
„Und es könnte sich als Katastrophe herausstellen!“
„Wieso denn? Wenn du dich in ihn verliebst, wirst du wieder wissen, was Liebe ist. Liebeskummer ist ein Gefühl, das man kennen muss, wenn man überzeugende Liebesromane schreiben will. Zumindest würdest du dich dann nicht mehr wie betäubt fühlen.“
„Nein, nur am Boden zerstört.“
„Glaubst du?“ fragte Julianne mit einem spekulativen Glitzern in den dunkelblauen Augen.
April presste die Lippen aufeinander, bevor sie sagte: „So habe ich es nicht gemeint. Wenn ich eine Affäre habe und trotzdem nichts fühle, beweist das doch nur, dass ich am Ende bin. Sex allein taugt nicht als Bindemittel für eine Affäre oder eine Ehe. Das habe ich mit Martin herausgefunden.“
„Martin war ein Holzklotz. Vergiss ihn.“
„Das würde ich ja gern, aber ich fürchte, er will zurückkommen.“
„Du hast ja wohl nicht die Absicht, dich darauf einzulassen, oder?“ Juliannes Stimme war vor Ungläubigkeit leicht schrill geworden.
„Niemals. Nicht einmal, wenn er vor mir auf die Knie fällt und mich anfleht.“
„Gut so. Fleht er?“
„So ungefähr. Er beteuert ständig, dass er mir ab jetzt immer treu sein will, und dass wir gut zueinander sein werden, was immer das auch heißen mag.“
April lachte hart auf. „In Wirklichkeit denke ich, dass er wieder mal knapp bei Kasse ist und mich nur wie gehabt schamlos ausnutzen will.“
„Du musst keine regelmäßigen Zahlungen an ihn leisten?“
„Nein, dafür hat er die Hälfte meiner Alterssicherung zugesprochen bekommen. Aber er liebt es eben, Schecks auszuschreiben, die von meinem Konto abgebucht werden, genauso wie er sein Spielzeug in Gestalt von Yachten und Autos liebt. Außerdem hatte er schon immer die merkwürdige Vorstellung, dass die Vorschüsse für meine Bücher das Entgelt für meine Arbeit sind, wohingegen er die Tantiemen als etwas betrachtet, das ich fürs Nichtstun bekomme. Er hat es ohne große Anstrengung geschafft, sich selbst davon zu überzeugen, dass er auf dieses Geld den gleichen Anspruch hat wie ich.“
„Aber wofür?“ fragte Julianne schockiert.
„Für seine Werbemaßnahmen, natürlich. Dafür, dass er nach Konferenzen an der Bar auf meine Bücher zu sprechen kommt. Darin war er schon immer Meister. Ich hoffe bloß, dass er jetzt am Wochenende nicht auf der Tagung auftaucht.“
Julianne brummte etwas wenig Schmeichelhaftes über die geistigen Kapazitäten und die Vorfahren von Exgatten im Allgemeinen und Martin im Besonderen in sich hinein. Dann sagte sie: „Na, dann kommt diese Affäre doch wie gerufen. Sie wird Martin überzeugen, dass du kein Interesse mehr an ihm hast. Und mit einem bisschen Glück gibt sie auch noch was für eine Recherche her. Was hast du dabei zu verlieren?“
April schaute die Frau, die ihr gegenübersaß, einen Moment lang nachdenklich an. Als sie das Glitzern in Juliannes Augen sah, musste sie lachen. „Du bist wirklich unmöglich. Man stürzt sich nicht in eine Affäre, nur um besser schreiben zu können.“
„Was wirklich ein Jammer ist. Man könnte sich für die Liebesszenen wunderbar inspirieren lassen.“
„Ein Liebesroman besteht aus mehr als nur aus Liebesszenen“, gab April mit einer gewissen Schärfe zu bedenken und sah ihre Freundin an.
„Sehr wahr“, stimmte Julianne versöhnlicher zu. „Ich habe mich schon gefragt, ob du es vergessen hast.“
„Nicht … ganz.“
„Andererseits“, Juliannes Mundwinkel hoben sich zu einem kleinen Grinsen, „spricht eine ganze Menge für Sex. Nicht wenige große Lieben haben mit körperlicher Anziehungskraft angefangen und sich erst im Lauf der Zeit in mehr
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