Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
führt.“
„Natürlich die Konferenz, wie dir bekannt sein dürfte, oder bist du nicht mehr im hiesigen Verband der Liebesromanautorinnen?“
„Oh, ich gehe nie zu Versammlungen. Sie wollen ständig, dass man irgendetwas organisiert, und ich schaffe es ja nicht mal, mich selbst zu organisieren.“
April lächelte mitfühlend, aber auch ein bisschen skeptisch. „Sagt das dieselbe Frau, die immer drei Projekte auf einmal in Angriff nimmt? Dein Problem ist, dass es dir gegenüber deinen Schriftstellerkolleginnen an Verantwortungsgefühl fehlt.“
„Ich habe schon veröffentlicht, lange bevor die RWA die Augen der Damen, die sie ins Leben gerufen haben, zum Leuchten brachte. Davon abgesehen habe ich bis jetzt noch nicht gehört, dass du in irgendeinem Gremium sitzt.“
„Touché – schließlich gibt es da immer noch das kleine Problem mit den Abgabeterminen zu bedenken.“
„Die ganze Welt hat Termine“, gab Julianne zurück. „Du bist einfach nur genauso egoistisch wie ich. Und was treibst du so in letzter Zeit?“
„Willst du es wirklich wissen?“
Ihre Freundin lachte ein perlendes Lachen. „Ist es so schlimm? In diesem Fall bin ich mir ganz sicher, dass ich es wissen will. Einzelheiten, ich brauche alle Einzelheiten!“
April folgte ihrer Gastgeberin in einen dämmrigen, antik möblierten Salon, dessen Polstermöbel mit einem wild geblümten Stoff bezogen waren. Überall standen kleine Beistelltische und Figurinen herum, die alle außerordentlich wertvoll waren, mit Ausnahme der einen, die einen mit einem Smoking bekleideten Butler darstellte. Die Einrichtung war typisch für Julianne, halb traditionell, halb künstlerisch verschroben.
Ihr war es nie eingefallen, ihre langjährige Freundin nach ihrem Alter zu fragen. Doch mit ihrem langen, schmalen Gesicht, auf dem stets ein Lächeln lag, den klaren blauen Augen, dem schwarzen, von Silberfäden durchwirkten langen Zopf, der ihr über den Rücken fiel, und der sanft gerundeten Figur konnte sie in jedem Alter zwischen Vierzig und Siebzig sein. Sie hatte eine warme, natürliche Art und war eine lebenserfahrene Frau, die ihre Lektionen gut gelernt hatte. Dass sie überdies hinaus auch noch eine der berühmtesten Liebesromanautorinnen mit vielen
New York Times
-Bestsellern war, spielte nur eine Nebenrolle.
Julianne ruhte nicht eher, bis sie auch noch die winzigste Einzelheit bezüglich des Anrufers aus April herausgeholt hatte. Anschließend saß sie eine ganze Weile stumm da und starrte, wie fasziniert vom Anblick der schmelzenden Eiswürfel, in ihr Glas.
„Und was meinst du dazu?“ fragte April schließlich. „Ist dir so was auch schon mal passiert?“
„Nein, mir nicht, aber ich habe von einer Autorin gehört, die in ihrem Hotelzimmer belästigt wurde. Aber das hatte möglicherweise weniger damit zu tun, wer sie war und was sie schrieb, sondern damit, dass sie als attraktive Frau allein unterwegs war. Das war ja bei dir nicht der Fall.“
April nickte. „Ich glaube, das Schlimmste war, dass er mich mit meinem Namen ansprach. Außerdem scheint er gut über meine Arbeit auf dem Laufenden zu sein, weil er gleich zu Anfang zwei Buchtitel nannte.“
„Du denkst, dass er deine Bücher liest?“
„Vielleicht. Oder vielleicht ja seine Frau.“
Julianne murmelte etwas Zustimmendes. „Schön, und jetzt erzähl mir mehr über diesen edlen Ritter, der zu deinem Schutz herbeigeeilt ist. Wie passt er ins Bild?“
„Gar nicht“, gab April kurz angebunden zurück. „Er will sich doch bloß wichtig machen.“
„Ich bilde mir ein, den Namen schon gehört zu haben. Ist das nicht derselbe Bursche, der …“
„Ja, er ist es“, unterbrach April die Freundin hastig, wobei sie sich an eine Nacht vor ein paar Jahren erinnerte. Das war, bevor sie gelernt hatte, bei Schriftstellerkonferenzen nicht allzu lange in der Lounge zu bleiben. Sie hatte damals zu viele Champagnercocktails getrunken, und das Ergebnis davon war gewesen, dass sie Julianne von ihrer Teenageraffäre mit Luke Benedict erzählt hatte.
„Klingt, als sei er immer noch interessiert.“
„Er fühlt sich verantwortlich, was etwas ganz anderes ist.“
„Und unter den gegebenen Umständen gar nicht so übel. Kannst du ihn nicht mal für eine Weile in deiner Nähe ertragen?“
„Ich glaube nicht.“
„Warum nicht? Ich meine, was kann schon falsch daran sein, ihn ein bisschen den Beschützer spielen zu lassen, wenn du dir nichts aus ihm machst?“
„Du kennst Luke nicht. Sobald
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