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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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würde.
    Himmel, er hatte fast einen zu viel bekommen, als er vorhin diesen Fiesling am Telefon gehört hatte. Ekelhaft. Bei der Vorstellung, dass sie das Opfer derart widerlicher Attacken war, knirschte er vor Wut mit den Zähnen. April war über sein Auftauchen nicht besonders glücklich gewesen, aber er war froh, dass er es gemacht hatte. Jetzt wusste er wenigstens, wie fertig sie wegen diesem Anruf gewesen war, auch wenn sie sich weigerte, es zuzugeben.
    Vielleicht konnte er von dem Sender ja einen Mitschnitt der Sendung bekommen. Roan hatte eine ganz gute technische Ausstattung, und vielleicht konnte er die Hintergrundgeräusche so weit ausblenden, dass man die Stimme des Anrufers identifizieren konnte. Als Sheriff musste Roan ohnehin von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt werden, und wenn April es nicht machte, würde er es eben tun. Auch wenn April es ihm wahrscheinlich nicht danken würde, aber damit konnte er leben. Von ihr etwas zu erwarten, hatte er schon seit langem aufgegeben.
    Jetzt kam er wieder an Chemin-a-Haut vorbei, da Aprils Haus ein paar Meilen weiter unten lag. Als sie vorhin das Interview mit ihr im Radio gebracht hatten, war er auf dem Weg in die Stadt gewesen und sofort zurückgefahren, um nach ihr zu schauen. Aber er würde jetzt nicht zu Hause anhalten, sondern gleich durchfahren.
    Beim Anblick seiner schnurgeraden grünen Felder, die sich bis zu der Baumgrenze ganz hinten in der Ferne erstreckten, ging ihm wie immer das Herz auf – auch wenn er über einen mit Unkraut zugewucherten Entwässerungsgraben die Stirn runzelte. Er liebte das Leben auf der Farm, er liebte es, die Erde zu riechen und spüren. Die harte Arbeit in Wind und Wetter und die damit verbundene Unsicherheit störten ihn nicht; die ständige Herausforderung hielt ihn jung. Es gab keinen Ort auf der Welt, an dem er lieber leben würde als auf seiner modernen Plantage, mit dem See vor der Hintertür seines großen alten, im Kolonialstil erbauten Hauses, und den Sümpfen dahinter, die sich bis zum Ufer des Mississippi erstreckten. Und auch Turn-Coupe war ganz nach seinem Geschmack. Das verschlafene kleine Städtchen, das schon vor dem Bürgerkrieg existiert hatte, war groß genug, um alle seine Bedürfnisse zu befriedigen, und gleichzeitig doch nicht so groß, dass einen die Leute auf der Straße nicht grüßten, weil sie einen nicht kannten. Luke war entschlossen, sein ganzes Leben hier zu verbringen. Trotzdem war er immer noch überrascht, dass April offenbar dasselbe beschlossen hatte.
    Sie hatte auf den Unfall angespielt. Das war erstaunlich. Auch wenn sie es nicht ausgesprochen hatte, war doch klar gewesen, was sie meinte. Der Blechhaufen. Das Feuer, die Schreie, alles war plötzlich wieder da gewesen, er hatte es genau vor sich gesehen, so dass er sich für eine Sekunde eingebildet hatte, es in ihren Augen gespiegelt zu sehen. Er wünschte, er wüsste, was das nach all diesen Jahren bedeutete.
    Der Drang, sie zu fragen, war so stark gewesen, dass er ihm jetzt noch gegenwärtig war. Was ihn davon abgehalten hatte, war dasselbe gewesen, was ihn auch damals veranlasst hatte, zu schweigen: Stolz, reiner, sturer, männlicher Stolz. Und jetzt war dieser Stolz seine letzte Rettung, weil er alles war, was ihm geblieben war.
    Mit Sicherheit hatte April ihm nicht mehr vergeben, als er sich selbst vergeben hatte, so viel stand fest.
    Kurze Zeit später stellte Luke seinen Jeep auf dem Parkplatz vor dem Gericht ab. Das Sheriffbüro lag im Parterre des alten Vorkriegshauses mit seinen grauen Granitmauern und den weißen Säulen. Es hatte ein paar Versuche gegeben, das Gebäude zu modernisieren, indem man an den Granittreppen ein Geländer und eine Rampe für Rollstuhlfahrer angebracht hatte, aber viel geholfen hatte es nicht. Das Gebäude war ein Relikt aus der Vergangenheit, das eine Atmosphäre von solider Kraft und Verantwortung ausstrahlte und nicht viel Trostspendendes an sich hatte. Es war, wie Luke oft dachte, in vieler Hinsicht wie der Sheriff von Turn-Coupe selbst.
    Luke fand seinen Cousin in dessen Büro. Roans Haare wirkten, als hätte er sie mit einer Heckenschere gekämmt, und ein gequältes Stirnrunzeln zog seine Augenbrauen zusammen. Als er Luke sah, schob er den Papierberg, durch den er sich durchgewühlt hatte, penibel zusammen und legte ihn auf einen der fein säuberlichen Stapel an der Seite. Sein hageres Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
    „Morgen, Cousin. Kaffee?“
    „Schwarz, stark, süß wie ein Engel und

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