Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
den unzähligen Frauen, die du kennst und die schon mit dir Adam und Eva gespielt haben.“
„Adam und Eva?“ fragte er, während er hereinkam und das Fliegengitter wieder hinter sich zuschob. „Ich glaube nicht, dass sie Spaß an solchen Spielchen haben oder überhaupt so viel Fantasie entwickeln könnten. Im Unterschied zu anderen Leuten.“
„Ich habe nichts von Spaß gesagt.“ Sie hielt den Kopf gesenkt, so dass ihr das Haar wie ein Vorhang vors Gesicht fiel, weil sie spürte, dass sie rot geworden war.
„Nein, aber es ist fast zwangsläufig, oder nicht?“
„Gar nichts ist zwangsläufig“, gab sie zurück. „Du verstehst mich nicht und wirst mich nie verstehen, deshalb versuch nicht zu erraten, was ich denke oder gar, was ich fühle.“
„Oh, so weit würde ich nie gehen“, erwiderte er spöttisch in gedehntem Ton. „Deine Geheimnisse sind sicher.“
Sie hätte beruhigt sein können, aber sie war es nicht. Als sie seinem Blick begegnete, stieg etwas Helles und Intensives in den schwarzen Tiefen seiner Augen auf, das ihre Nerven in Alarmstimmung versetzte. Sie packte eine Haarsträhne und attackierte sie mit dem Kamm, als ob die Knoten darin ihre persönlichen Feinde wären.
„Warte, gib her“, sagte er schroff und beugte sich zu ihr hinüber, um ihr den Kamm aus der Hand zu nehmen. Nachdem er sich wieder aufs Bett gesetzt hatte, packte er überraschend ihr Handgelenk und versuchte sie zwischen seine gespreizten Schenkel zu ziehen. Sie sträubte sich einen Moment, aber sie war wirklich zu müde und ausgelaugt, um sich zu wehren. Auf jeden Fall muss ich meine Kräfte für wichtigere Schlachten aufsparen, sagte sie sich, während sie sich auf den angebotenen Platz setzte.
Er fasste mit einer zärtlichen Bewegung ihr Haar zusammen und arrangierte es über ihren Schultern. Dann entwirrte er behutsam Knötchen für Knötchen bis der Kamm ohne Behinderung durch die langen Strähnen glitt.
Sich das Haar bürsten zu lassen, hatte schon immer eine einschläfernde Wirkung auf April gehabt. Zu ihren liebsten Erinnerungen an ihre Mutter gehörte, wie diese abends an ihrem Bett gesessen und ihr die Haare gebürstet hatte, wobei sie nie mit Bewunderung für Aprils schönes glänzendes Haar gegeizt hatte, bevor sie es für die Nacht zu einem dicken Zopf flocht. Unter den gleichmäßigen Bewegungen von Lukes Hand spürte April, wie die Anspannung des Tages von ihr abfiel. Die Versuchung, sich zurück und an ihn anzulehnen, wurde so übermächtig, dass sie den Rücken ganz steif machen und sich mit einer Hand auf seinem Knie abstützen musste, um aufrecht sitzen zu bleiben.
Die Muskeln seines Oberschenkels spannten sich unter ihrer Handfläche an. Seine Bewegungen hörten für einen Moment auf. Dann drehte er ihr Haar zu einem langen Strang zusammen, den er ihr über die Schulter nach vorn warf. Als er über ihre rechte Brust fiel, drehte April fragend leicht den Kopf. Im selben Moment legte er ihr einen Arm um die Taille und zog sie näher an sich heran, dann streifte er mit seinen warmen Lippen ihren Nacken.
„Luke …“ Ihre Stimme brach, während ihr ein kleiner Schauer über den Rücken rieselte.
„Schsch“, sagte er, wobei sein warmer Atem über die Gänsehaut in ihrem Nacken strich.
„Was tust du?“
„Eine kleine Forschungsreise“, gab er zurück und küsste während eines langsam fragenden Abstiegs die kleinen Erhebungen an ihrer Wirbelsäule.
„Warum tust du das? Du hast gesagt …“
„Ich habe gesagt, dass ich gelogen habe“, unterbrach er sie. „Oder richtiger, dass ich es mir anders überlegt habe. Ich habe entschieden, dass ich alles über dich erfahren will, jedes Geheimnis. Und vor allem deine Fantasien.“
„Ich habe keine“, erwiderte sie und versuchte das verräterische Ziehen, das sie in den Brustspitzen verspürte, zu ignorieren. Ebenso wie die leise Stimme in ihrem Hinterkopf, die sagte: Gib auf, gib endlich auf und genieß es einfach.
„Dann denken wir uns eben welche aus“, erwiderte er.
Sie hatte gewusst, dass es gefährlich sein würde, mit Luke allein zu sein. Das war der Grund dafür gewesen, weshalb sie sich so vehement geweigert hatte, seinen süßen Einflüsterungen zu erliegen. Und noch gefährlicher war ihre Reaktion auf ihn. War es nichts weiter als Chemie, eine Anziehungskraft, die aus der romantisierten Erinnerung an eine Jugendliebe herrührte, oder war es womöglich doch eine Begegnung zweier verwandter Seelen, wie verdreht auch immer? Sie
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