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Benedikt XVI

Benedikt XVI

Titel: Benedikt XVI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licht der Welt
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Ausgleich stehen, dass ich den Sünder in
der Form bestrafe, die möglich und die angemessen ist. Insofern gab es in der
Vergangenheit eine Bewusstseinsveränderung, durch die eine Verdunkelung des
Rechts und der Notwendigkeit von Strafe eingetreten ist - letztendlich auch
eine Verengung des Begriffs von Liebe, die eben nicht nur Nettigkeit und
Artigkeit ist, sondern die in der Wahrheit ist. Und zur Wahrheit gehört auch,
dass ich denjenigen strafen muss, der gegen die wirkliche Liebe gesündigt hat.
     
    In Deutschland kam die Lawine
aufgedeckter Missbräuche in Gang, weil die Kirche nun selbst an die Öffentlichkeit
ging. Ein Jesuitenkolleg in Berlin meldete erste Fälle, aber sehr schnell
wurden auch aus anderen Einrichtungen Verbrechen bekannt, und nicht nur aus
katholischen. Warum aber waren die Enthüllungen aus Amerika und Irland nicht
zum Anlass genommen worden, sofort auch in anderen Ländern zu recherchieren,
sich mit opfern in Verbindung zu setzen - um damit eben auch Täter auszuschalten,
die womöglich noch immer am Werk waren?
     
    Wir haben auf die Sache in Amerika
sofort mit erneuerten, verschärften Normen reagiert. Zudem wurde die
Zusammenarbeit zwischen der weltlichen und der kirchlichen Justiz verbessert. Ob
es dann Aufgabe Roms gewesen wäre, allen Ländern eigens zu sagen: Schaut, ob es
auch bei euch so ist? Vielleicht hätten wir das tun sollen. Für mich jedenfalls
war es eine Überraschung, dass der Missbrauch auch in Deutschland in dieser
Größenordnung existierte.
     
    Dass Zeitungen und Fernsehen
intensiv über solche Dinge berichten, liegt im Dienst einer unverzichtbaren
Aufklärung. Die ideologisch gefärbte Einseitigkeit und Aggressivität mancher
Medien nahm hier allerdings die Form eines Propagandakrieges an, der jegliches
Maß vermissen ließ. Der Papst stellte ungeachtet dessen klar: "Die größte
Verfolgung der Kirche kommt nicht von den äußeren Feinden, sondern erwächst aus
der Sünde in der Kirche selbst."
     
    Dass nicht nur der reine Wille zur
Wahrheit diese Presseaufklärung geleitet hat, sondern dass es auch eine Freude
gab, die Kirche bloßzustellen und möglichst zu diskreditieren, war nicht zu
übersehen. Aber dessen ungeachtet musste immer klar bleiben: Soweit es
Wahrheit ist, müssen wir für jede Aufklärung dankbar sein. Die Wahrheit,
verbunden mit der richtig verstandenen Liebe, ist der Wert Nummer eins. Und
schließlich hätten die Medien nicht in dieser Weise berichten können, wenn es
nicht in der Kirche selbst das Böse gäbe. Nur weil in der Kirche das Böse war,
konnte es von anderen gegen sie ausgespielt werden.
     
    Ernst-Wolfgang Böckenförde, ein
früherer deutscher Verfassungsrichter, meinte: "Die Worte, die Papst Benedikt
vor Jahren in den USA und jetzt in seinem Brief an die irischen Katholiken
gebraucht hat, könnten nicht schärfer sein."   Der eigentliche Grund für die jahrzehntelange
Fehlentwicklung liege im tief verwurzelten Handeln nach Kirchenraison. Das
Wohl und Ansehen der Kirche stehe eben über allem. Das Wohl der Opfer hingegen
trete wie von selbst in den Hintergrund, obwohl sie doch eigentlich zuallererst
des Schutzes der Kirche bedürftig seien.
     
    Die Analyse ist natürlich nicht
leicht. Was heißt Kirchenraison? Warum hat man früher nicht in der gleichen
Weise reagiert wie heute? Auch die Presse hat früher solche Dinge nicht
aufgegriffen, das Bewusstsein war damals ein anderes. Wir wissen, dass gerade
auch die Opfer selbst große Scham empfinden und nicht unbedingt sofort ans
Licht gezerrt werden wollen. Viele waren erst nach Jahrzehnten fähig, sich
darüber zu äußern, was ihnen geschehen ist.
    Wichtig
ist, dass man als Erstes sich der Opfer annimmt und alles tut, um ihnen zu
helfen und heilend zur Seite zu stehen; zweitens, dass man solche Taten durch
eine rechte Auswahl von Priesterkandidaten verhindert, so gut es geht; und
drittens, dass die Täter bestraft und von jeder Möglichkeit ausgeschlossen werden,
die Taten zu wiederholen. Wie weit die Fälle dann öffentlich gemacht werden
müssen, das ist, so glaube ich, eine eigene Frage, die auch in verschiedenen
Bewusstseinsphasen der Öffentlichkeit unterschiedlich beantwortet werden wird.
    Es darf
aber nie geschehen, dass man sich wegstiehlt und es nicht gesehen haben will
und die Täter weitermachen lässt. Notwendig ist also Wachsamkeit der Kirche,
Strafe für den, der gefehlt hat, und vor allen Dingen Ausschluss vom weiteren
Zugang zu Kindern. Ganz vorne steht, wie

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