Benedikt XVI
II. und seinen Tod war sozusagen die
ganze Kirche, ja, die Menschheit betroffen. Wir erinnern uns alle daran, wie
der ganze Petersplatz, wie ganz Rom voller Menschen war. Damit wurde
gewissermaßen ein neues Bewusstsein für Papst und Kirche geschaffen, das
selbstverständlich auch die Frage auslöste: Wer ist der Neue? Wie kann einer -
nach diesem großen Papst - es anpacken, so dass man ihm zuhören, ihn kennen
lernen will?
Es gibt
also immer auch den Vorschuss des Neuen, des anderen Stils. Insofern war ich
dankbar und froh, dass es weiterging, dass die Zustimmung blieb. Zugleich war
ich überrascht, dass sie so groß und so lebendig war. Aber mir war auch klar:
Dies kommt aus der inneren Kontinuität mit dem vorangegangenen Pontifikat und
aus der bleibenden Lebendigkeit der Kirche.
Vier Jahre lang sind Sie, was eine
uralte Formel als feliciter regnans bezeichnet, glücklich regierend:
Der neue Papst erweitert durch Wiederzulassung der tridentinischen Messe den liturgischen Raum. Er verkündet im Rahmen der Ökumene das Ziel der
vollen Einheit mit der Orthodoxie, dem die Kirche nun so nahe kommt wie Seit
tausend Jahren nicht mehr. Er könnte Mitglied bei den Grünen sein mit seiner
Haltung gegen Umweltsünder, Unrecht und Krieg. Er würde gut zur Linken passen,
wie er den Turbokapitalismus geißelt, die immer größer werdende Schere zwischen
Arm und Reich. Zu spüren ist eine Revitalisierung der Kirche, ein neues
Selbstbewusstsein.
Und Ihnen
gelingt, was nach einem Giganten wie Wojtyla niemand für möglich hielt: ein
bruchloser Übergang der Pontifikate.
Das war natürlich ein Geschenk.
Geholfen hat, dass alle wussten, dass Johannes Paul II. mich mochte, dass wir
in einem tiefen inneren Einvernehmen standen. Und dass ich mich ihm gegenüber
wirklich auch als Schuldner weiß, der mit seiner bescheidenen Gestalt weiterzuführen
versucht, was Johannes Paul II. als Riese getan hat.
Natürlich
gibt es neben den Dingen, durch die wir Widerspruch hervorrufen und im
Kreuzfeuer der Kritik stehen, immer auch Themen, die der ganzen Welt am Herzen
liegen und von ihr positiv aufgenommen werden. Mein Vorgänger hat als großer
Vorkämpfer für die Menschenrechte, für den Frieden, für die Freiheit immer
wieder auch große Zustimmung gefunden. Diese Themen sind geblieben. Der Papst
ist gerade heute dazu verpflichtet, für die Menschenrechte überall einzutreten
- als innere Folge seines Glaubens an die Gottebenbildlichkeit des Menschen und an seine göttliche Berufung. Er ist dazu verpflichtet, für den
Frieden zu kämpfen, gegen Gewalttätigkeit und gegen die Kriegsdrohungen. Er
ist von innen her dazu verpflichtet, dass er um die Erhaltung der Schöpfung
ringt, dass er der Zerstörung der Schöpfung entgegentritt.
So gibt es
von Natur aus viele Themen, in denen sozusagen die Moralität der Modernität
liegt. Die Modernität ist ja nicht nur aus Negativem aufgebaut. Wenn dies der
Fall wäre, könnte sie nicht lange bestehen. Sie trägt große moralische Werte
in sich, die gerade auch vom Christentum kommen, die durch das Christentum
erst als Werte in das Bewusstsein der Menschheit gerückt wurden. Wo sie
vertreten werden - und sie müssen vom Papst vertreten werden -, gibt es
Zustimmung über weite Bereiche hin. Darüber freuen wir uns. Das kann aber nicht
darüber hinwegtäuschen, dass es andere Themen gibt, die Widerspruch erregen.
Der liberale Münchner Theologe
Eugen Biser zählt Sie in dieser Zeit bereits "zu
den bedeutendsten Päpsten der Geschichte". Mit Benedikt XVI. beginne eine
Kirche, bei der Christus durch die Einladung zur Gotteserfahrung "in den Herzen der Menschen wohnt".
Aber
plötzlich wendet sich das Blatt. Wir erinnern uns an Ihre Predigt zur
Amtseinführung am 24. April 2005, in der Sie sagten: "Betet für mich, dass
ich nicht furchtsam vor den Wölfen fliehe." Hatten Sie geahnt, dass dieses
Pontifikat auch sehr schwierige Strecken für Sie bereithalten wird?
Das hatte ich vorausgesetzt. Aber
zunächst einmal sollte man mit Einordnungen eines Papstes, ob er bedeutend oder
unbedeutend ist, zu seinen Lebzeiten immer sehr zurückhaltend sein. Erst später
sieht man, welchen Rang etwas oder jemand in der Geschichte im Ganzen einnimmt.
Aber dass es nicht immer bei heiterer Zustimmung bleiben konnte, war
angesichts unserer Weltkonstellation mit all den großen Zerstörungskräften,
die es gibt, mit den Gegensätzen, die in ihr leben, den Bedrohungen und
Irrwegen, offenkundig. Bei
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