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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
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die Realität und ließ seine Augen brennen. Er presste sie zusammen. „Ich habe versucht, etwas zu bewegen, Helena, doch ich hab nie viel von Politik verstanden. Vieles öffnet sich dir, wenn du genug Zeit damit verbringst. Musik, Wissen, Kunst. Doch der menschliche Geist ist anders. Entweder du hast das Talent, zu begreifen, wie er arbeitet, und kannst ihn beeinflussen, oder du hast es nicht. Manipulation – nichts anderes ist Politik. Ich dachte, ich würde lernen, klüger werden mit den Jahren. Aber was immer auch Weisheit verursacht, ich hab es nie gefunden. Zeit ist es nicht.“
    Helenas Finger spielten sanft in seinem Haar. „Vielleicht hattest du recht mit dem, was du sagtest, und manche Dinge lassen sich nicht aufhalten, wenn sie einmal rollen.“
    „Das ist keine Entschuldigung. Aber ich habe auch nie nach Absolution verlangt.“ Er räusperte sich, bevor er weitersprach. „Kurz darauf bin ich geflohen. Es ist gefährlich, zu kämpfen, wenn dort, wo dein Kampfgeist sein sollte, nur Leere und Stille herrschen. Du spürst, wie du dich verlierst, zu einer gefühlstoten Maschine wirst, mit jedem Kampf ein Stückchen mehr. Ich redete mir ein, die Nazis wären solche Maschinen. Ich wollte nicht enden wie sie, aber merkte, dass genau das bereits geschehen war. Ich sah längst niemandem mehr in die Augen, bevor ich sein Leben beendete.“ Er sah auf, suchte ihren Blick, doch ihre Miene blieb unverändert nachdenklich und ohne Wertung.
    „Also floh ich nach Ungarn, hab das, was von mir übrig war, vor mir selbst gerettet und alle anderen im Stich gelassen.“
    Helena stieß sich vom Tisch ab. Er glaubte, sie würde gehen, doch stattdessen setzte sie sich wieder auf seine Oberschenkel und drückte sein Gesicht wortlos an ihren Hals. Mit feuchtgeschwitzten Händen streichelte sie seinen Nacken, seine bloßen Schultern und fuhr mit den Fingern durch sein Haar, als würde er weinen und bräuchte ihren Trost.
    „Es war nicht deine Schuld.“ Sie flüsterte, jede Silbe zitterte in der Luft. „Nichts davon war deine Schuld.“
    „Nichts, was geschah. Nur, dass es nicht verhindert wurde. Demnach alles.“
    „Aber es war doch nur …“
    „Ein Fehler.“ Er schob sie ein kleines Stück von sich, um sie anzusehen. „Ein Fehler, der aus Schwäche und Feigheit begangen wurde. Viele Katastrophen haben einen solchen Ursprung. Das macht sie nicht besser.“
    Sie wollte den Kopf schütteln, doch er hielt ihr Gesicht zwischen den Händen fest. „Schscht. Nicht widersprechen. Ich habe das vor vielen Jahren akzeptiert. Seitdem kann ich damit leben.“
    Fassungslos sah sie ihn an. „Wie kommt man über so etwas hinweg?“
    „Man zerbricht“, er zuckte mit den Schultern, „und mit ausreichend Zeit heilt man wieder.“
    „Und die Bruchstellen?“
    Er fuhr mit den Fingerspitzen ihre Tränenspuren nach. „Sag du es mir, du weißt es selbst.“
    „Sie bleiben“, murmelte sie, „werden zu Erinnerungen und Narben. Sie tun weh, wann immer man daran denkt.“
    Samuel lehnte seine Stirn an ihre. „Irgendwann lässt es nach. Glaub mir, gib dir Zeit. Ich weiß, dass es nachlässt.“
    Die Erleichterung, ihre Nähe nicht aufgeben zu müssen und die Wahrheit mit ihr geteilt zu haben, sandte ein warmes Prickeln bis in seine Fingerspitzen. Sie kannte ihn nun. Mehr noch, sie akzeptierte ihn noch immer, und allein dadurch fühlte er sich frei und ungezeichnet wie ewig nicht mehr. Nah dran an glücklich, vielleicht näher als je zuvor. Als wäre seine Geschichte nicht mehr als Geschichte. Vergänglich. Vielleicht würde sie eines Tages vergangen sein.
    Der Schatten eines unterdrückten Gefühls verdunkelte Helenas Augen. Sie verkniff sich jede Äußerung von Mitleid, aber sie litt dennoch.
    „Helena“, murmelte er. „Geht es dir gut?“
    „Natürlich.“ Sie lächelte künstlich, etwas, das er nie zuvor an ihr gesehen hatte und auch nicht sehen wollte. „Okay, du bist ein verdammt alternatives Wunder“, feixte sie schwach, „Aber ich komm damit klar.“
    „Schöne Antwort. Bekomme ich die auch in der ehrlichen Version?“
    Ihr Lächeln schwand. „Ich bin ehrlich. Bitte, nimm es so hin.“
    Ja, nimm es hin und kratz nicht daran, um die darunter versteckte Wahrheit freizulegen. Niemand wollte jetzt Wahrheit sehen. Er selbst am wenigsten.
    „Es geht mir gut“, wiederholte sie.
    Sicher. Ihr ging es gut und er war ein Junge von fünfundzwanzig Jahren im 21. Jahrhundert. Er hätte es gerne geglaubt.
    „Herzlichen Glückwunsch

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