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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
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Dekolleté gegraben, lehnte sie an der Außenwand ihres Hauses. Sie hatte sich selbst gekratzt, ein paar Bluttropfen zeichneten sich auf dem Hemd ab. Es war Samuels weiches Flanellhemd. Feuchte Kälte kroch aus dem Mauerwerk durch den Stoff in ihren Körper. Ihre Beine zitterten so sehr, dass sie sich einen Moment auf den Boden hocken musste, ehe sie durch die offenstehende Tür zurück ins Haus laufen konnte. Sie schlotterte. Offenbar war sie wieder schlafgewandelt, wie in ihrer Jugend so oft. Man hatte ihr damals erklärt, dass ihre Magie einen Weg an die Oberfläche suchte, und sich ihrer bemächtigte, wenn sie schlief. Möglich, dass es dieser unterdrückten Magie erneut nach Freiheit verlangte. Na toll. Das hatte gerade noch gefehlt. Verdammter Hokuspokus.
    Es war drei Uhr morgens. Cat jaulte im Obergeschoss. Noch zu verwirrt, um klare Gedanken zuzulassen, schaltete Helena den Fernseher sowie alle Lichter ein. Sie ließ Cat aus dem Schlafzimmer und setzte sich im Erdgeschoss an den Küchentisch. Als gehörten ihre Hände nicht zu ihr, entwickelten sie ein Eigenleben, und begannen, mit dem Knochenbeutelchen zu spielen, das sie auf dem Tisch liegen gelassen hatte.
    „Verfolgt mich jemand?“, fragte sie und ließ die Knochen aus dem Beutel fallen. Sie erschrak über ihre eigene Stimme sowie über das Klackern der Gebeine auf der Tischplatte. Die Rune lag so deutlich vor ihr, wie damals, als ihre Großmutter es arrangiert hatte, um ihr das Symbol und die Bedeutung beizubringen.
    Ja .
    „Wer?“ Sie warf die Knochen erneut. Zwei Rippenknochen formten eine halbrunde Linie, ein Unterschenkelknochen den darüberliegenden Weg mit einer Kralle als Spitze, die nach unten führte. An diese Rune konnte sie sich kaum erinnern, erst nach langem Nachdenken fiel ihr die Bedeutung wieder ein.
    Jäger .
    Sie war sich ziemlich sicher, dass es Jäger bedeutete. Das Zeichen erinnerte an Pfeil und Bogen. Schaudernd dachte sie an die anachronistischen Schrotgewehre und die verstaubten Tierköpfe, die sie bei ihrem Einzug überall im Haus gefunden hatte. All das war im Keller gelandet, sie wollte diesen Kram nicht im Wohnbereich haben.
    „Warum?“ Eine mit dem Orakel kaum zu beantwortende Frage, das wusste sie selbst. Doch es erschien eine Antwort: Ein sternähnliches Gebilde, einige der Strahlen gerade, einer gewunden.
    Tausend richtige Wege, der falsche gewählt .
    Das Zeichen stand zumeist als Allegorie eines falsch gewählten Ortes. Sie sollte nicht hier sein.
    „Was soll mir das sagen?“, rief sie, schob die Knochen zusammen und warf sie erneut quer über den Tisch. Im Fernseher stöhnten Frauen Telefonsexnummern. „Was soll das heißen? Was wollen die von mir?“
    Doch die Knochen flogen bei diesem und allen weiteren Versuchen nur noch durcheinander und sprachen nicht mehr zu ihr. Vielleicht, weil sie die Antworten nicht wissen wollte. Vermutlich aber eher, weil sie hysterisch wurde und sich einredete, Zeichen in wahllos herumfliegenden Knochen zu sehen.
    Sie fühlte sich so allein, wie noch nie in ihrem Leben. „Samuel“, flüsterte sie und versuchte zu weinen, aber es kamen keine Tränen. Sie legte den Arm angewinkelt auf die Tischplatte, bettete den Kopf darauf und starrte an die Hintertür. So unbequem es war, irgendwann schlief sie ein.
    Der Samstagmorgen begann mit quälenden Kopfschmerzen. Helena versuchte sich einzureden, dass alles, was in der letzten Nacht geschehen war, nur ein Albtraum gewesen sein konnte, aber es gelang ihr nicht. Georgs Stimme hallte noch allzu präsent in ihrem Kopf. Die Kratzer auf ihrem Dekolleté brannten. Ihre Füße waren schmutzig und ihre Schlafanzughose bis zum Kniebereich noch feucht. Spuren auf dem Parkett zeugten von den Wegen, die sie gegangen war. Ungeachtet der Kälte lief sie barfuß nach draußen. Das Gras hatte sich längst wieder aufgerichtet, aber in der lockeren Erde der Beete, die das Haus säumten, sah sie eindeutig Fußabdrücke.Ihre eigenen, keine anderen. Niemand war in dieser Nacht an diesem Ort gewesen. Sie musste tatsächlich schlafgewandelt sein. Ehe ihre Hexenkräfte damals erweckt worden waren, musste ihre Mutter sie fast jede Nacht im Garten aufsammeln.
    Die andere Möglichkeit war ein Geist. Ein Jäger. Sie grübelte erneut über diese Möglichkeit. Der Vorbesitzer des Hauses war Jäger gewesen. Doch der alte Mann war lediglich zu seinem Sohn und dessen Frau gezogen, die ihr das Häuschen vermietet hatten. Das hatten ihr diese zumindest am Tag zuvor per

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