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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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und es waren die heißesten Tage seines Lebens – dieselben Kleider, aber das störte Benny nicht. Er war zwei Wochen im Zeltlager gewesen, ohne sein T-Shirt zu wechseln. Seine Unterhose hätte er auch nicht gewechselt, wenn er nicht in den Fluss gefallen wäre.
    Er fand einen großen Haufen Dreck und Beton, der bis auf die halbe Höhe der Mauer reichte. Um hinaufzugelangen, stieß er die Spitze seiner Reeboks durch die feste Kruste wie ein Bergsteiger seine Spikes. Oben streckte er nur kurz den Kopf über die Mauerkrone, falls der tunesische Junge sein Blasrohr oder so etwas parat hatte. Ein eiliger Rundumblick offenbarte keine Feinde in unmittelbarer Nähe.
    Ein großer Olivenhain erstreckte sich bis in die Ferne. Jeder Baum war genau auf die Ecke eines Quadrats von zehn Metern gepflanzt. Diese Aussicht bot sich unendlich weit. Staub und zwergenhafte Bäume. Reizend.
    Benny setzte sich rittlings auf die Mauer. Etwas scharrte in dem Kies unter ihm. Zwei Truthähne. Das waren zweifellos die magersten Vögel, die Benny je gesehen hatte. Es wäre völlig sinnlos, diese Kerle zu essen. Das Einzige, was ihre krummen Knochen bedeckte, waren Federn. Außer vielleicht das wabblige Ding unter dem Schnabel, aber selbst Benny schreckte vor dem Gedanken zurück, darauf herumzukauen. Die erbärmlichen Vögel waren an einem blauen Seil angebunden. Benny schnaubte. Als ob jemand diese beiden klauen wollte! Das Seil schlängelte sich durch das Gebüsch bis hin zu einer schäbigen Hütte. Die Plastikfolie über dem Hüttenskelett wurde von ein paar roten Hohlblocksteinen festgehalten. Vor vielen Jahren war die Folie einmal durchsichtig gewesen, aber jetzt war sie mit Dreck und Bauschmutz bespritzt, sodass sie fast wie eine Tarnung wirkte.
    Weit und breit keine Spur von dem Balldieb. Benny lauschte auf das Frohlocken eines bösartigen Ganoven. Nichts. Nur das Kollern der Truthähne. Gut, hier war der Plan: mit erhobenem Schläger zur Abwehr von wilden Tieren oder Zulus oder was immer in die Welt außerhalb der Mauer springen. Leise und vorsichtig, aber doch möglichst rasch hinüber zur Hütte hechten. Einen schnellen Blick hineinwerfen und die Lage peilen. Wenn der Typ allein war, losbrüllen und hoffen, dass er den Ball herausrückte. Wenn die Hütte mehr als einen Bewohner hatte, ihre Schlagkraft taxieren und sich dann etwas überlegen. Vielleicht hatten sie ja noch nie einen weißen Jungen gesehen und behandelten ihn wie eine Art Gott. Das war allerdings wenig wahrscheinlich, wenn er an die Tunesier dachte, denen er bisher begegnet war.
    Benny sprang von der Mauer. Jetzt war er draußen. In der großen bösen Welt. Die Truthähne erschienen ihm jetzt viel größer. Ihre glitzernden Augen folgten ihm wie bösartige Murmeln.
    »Zischt ab, Truthähne«, knurrte er und versuchte, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Weiter. Benny schlich gebückt durch das Wäldchen. Mit jedem Schritt wirbelte er eine Staubwolke auf.
    Auf Zehenspitzen umrundete er die Hütte und suchte einen Eingang. Es gab keinen, zumindest nicht im herkömmlichen Sinn des Wortes, aber an der dem Dorf abgewandten Seite schien eine Lücke in der Wand zu sein. Benny schlug mit dem Schläger gegen die Plastikfolie. Keine Reaktion.
    »Komm raus, du kleiner Pirat«, lockte er angriffslustiger, als ihm eigentlich zumute war. »Komm raus! Ich zeig dir, wo die Musik spielt!«
    Benny hatte sich schon oft überlegt, was daran so schrecklich war, aber andererseits war die Rockmusik aus den siebziger Jahren, die sein Vater so gern hörte, wirklich eine Qual. Benny spähte hinein. Offensichtlich war niemand zu Hause. In dreißig Sekunden wäre er drin und wieder draußen. Obwohl ihm nicht ganz wohl war bei dem Gedanken, in ein fremdes Haus einzubrechen. Aber was hieß hier einbrechen? Und: War das überhaupt ein Haus?
    Benny holte tief Luft und schlüpfte hinein. Es war dunkel und der süßliche Geruch Tunesiens umfing ihn intensiver als je zuvor. Man konnte nicht erkennen, was hier drin war und vielleicht auf ihn lauerte oder welche Wachen es gab. Einen abgerichteten Skorpion vielleicht. Zwei Augen leuchteten ihm aus der Dunkelheit entgegen. Benny wäre fast wieder zurück nach Marhaba gerannt, aber da sah er, dass es nur Lichtstrahlen waren. Etwas berührte seinen Kopf. Als Benny versehentlich an den Lichtschalter stieß, merkte er, dass es die Glühbirne gewesen war.
    Kein schlechtes Plätzchen. Ungefähr so groß wie eine Abstellkammer, aber mit einer 1 , 20

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