Benny und Omar
gewann. Der Sieg kam in Sicht.
Harmony machte mit der Hand das Zeichen für Auszeit. Wortlos standen alle auf und begaben sich nach hinten, wo Kissen im Kreis auf dem Boden lagen. Sie setzten sich. Sehr merkwürdig. »Komm, Benny. Es ist Zeit, dass wir ein bisschen miteinander reden.«
Harmony klopfte auf das Snoopy-Kissen neben ihr. Benny ging mit Jammermiene zu ihr hinüber und setzte sich. Aus irgendeinem Grund fürchtete er diesen Kreis freundlicher Gesichter mehr als den gefährlichsten Abwehrspieler, gegen den er je gespielt hatte.
»Also, Kinder. Ihr kennt die Regeln. Ihr dürft sagen, was ihr wollt, solange es positiv ist. Außerdem verlässt nichts von dem, was wir reden, diesen Kreis. Hat jemand etwas zu sagen?«
»Benny fällt es schwer, sich anzupassen«, sagte Grace.
»Gut.«
»Unser pädagogisch orientiertes Umfeld ist ihm fremd«, fügte der arabische Junge hinzu.
»Hervorragend, James.«
»Ja, vielen Dank, James.«
»Immer mit der Ruhe, Benny. Sarkasmus ist hier absolut verboten.«
»Oh, ich bitte um Verzeihung.«
»Bernard!«
»Entschuldigung.«
Was auch immer hier vorging, es war clever. Nach acht Jahren Erfahrung durchschaute Benny die Methode eines Lehrers normalerweise in Sekundenschnelle. Es gab ohnehin nur wenige verschiedene Ansätze. Die ›Du-solltest-dich-schämen‹-Platte, die ›Das-ist-deine-letzte-Chance‹-Drohung und die ›Es-wäre-mir-ja-egal-wenn-du-dumm-wärst‹-Predigt. Was hier geboten wurde, konnte sich als jede der drei Methoden entpuppen oder als eine Mischung aus allen dreien.
»Also, Benny. Wenn wir dich in unsere glückliche Gruppe aufnehmen wollen, müssen wir uns damit beschäftigen, warum du hier den Dummkopf spielst.«
Benny verschlug es die Sprache. Er konnte dieses Elfenwesen, das vom Gewicht der vielen Halsketten vornübergezogen wurde, nur anstarren. Das war gegen die Regel. Ein Lehrer gab niemals zu, dass es ein Problem gab, ganz zu schweigen davon, dass er es beim Namen nannte. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, stotterte er. »Ich bin eben doof. Ehrlich!«
Harmony lächelte freundlich. »Hat jemand dazu etwas zu sagen?«
James zeigte mit gewichtiger Miene auf: »Ich glaube, Benny ist eingeschüchtert.«
»Wovon?«
»Von der neuen Umgebung.«
»Wie können wir ihm helfen?«
Ein großes Mädchen mit einer blonden Igelfrisur wedelte mit der Hand.
»Zoe?«
Zoe, dachte Benny. Oh, Gott.
»Wir sollten irgendwie etwas über uns erzählen oder so, uns irgendwie vorstellen.«
Noch ein Ami. Aus einer dieser coolen Städte mit Stränden und Skateboards.
»Vielleicht kann Benny auch uns Fragen stellen.«
»Gute Idee, Ed.«
Ed kam aus England.
»Das macht die Situation für Benny überschaubarer. Und befreit ihn wenigstens teilweise von der ekligen Unsicherheit, die er empfindet. Heather, willst du anfangen?«
Heather lächelte durch den Drahtverhau ihrer Zahnspange hindurch. Da sah Benny, dass sie Eds Schwester sein musste.
»Hallo Benny. Ich bin Heather. Ich und Ed, ’tschuldigung, Ed und ich kommen aus Liverpool. Das ist in England.«
»Ach wirklich?«
»Benny!«
»Entschuldigung.«
»Dad hat hier einen Drei-Jahres-Vertrag. Wir wohnen in der Stadt in einem Haus mit Swimmingpool. Das liegt daran, dass es in unserer Familie drei Kinder gibt. Baby John ist noch ein Baby.«
»Grace?«
»Ich komme aus Edinburgh. Ich sage jetzt aber nicht, wo das liegt, sonst musst du wieder klugscheißen.«
Benny fühlte sich klein wie ein Wurm.
»Geschwister habe ich nicht. Ich wohne direkt neben euch. Ach ja, ich bin jetzt seit 14 Monaten hier. Meine Hobbys sind Schwimmen und Football.«
Benny nickte und versuchte ein möglichst ungekünsteltes Lächeln.
»Jetzt ich«, sagte Zoe.
Harmony nickte.
»Oh … Ähm … Mensch! Also, ich bin Zoe. Cooler Name, was? Eigentlich heiße ich ja Alicia, aber so heißen heutzutage alle. Ich habe die Namensänderung höchstpersönlich entschieden. Ich habe eigentlich zwei Brüder, aber die gehen in den Staaten aufs College. Mein Vater ist hier Fabrikdirektor. Seine Frau arbeitet von ihrem Landhaus aus im Kosmetikbusiness und meine Mom ist in San Diego geblieben.«
Benny brauchte eine Weile, bis er das sortiert hatte.
»Ich schwärme irgendwie für alle englischen Popgruppen, für unechte Tätowierungen und für Melrose Place , aber das gibt es in diesem rückständigen Land nicht …«
Harmony runzelte die Stirn.
»… auch wenn ich die aufstrebende afrikanische Kultur absolut respektiere und dankbar bin
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