Benny und Omar
immer er auch heißen mochte.
»Marhaba«, sagte der Junge.
»Ich spreche nicht tunesisch«, entgegnete Benny.
»Marhaba«, wiederholte der Junge nachdrücklich.
»Ich spreche nicht tunesisch«, wiederholte Benny schon ein wenig lauter und gestikulierte wild.
Der Junge zog ein letztes Mal an der Zigarette und schnippte sie dann ins Gebüsch. Ein Truthahn schlug beleidigt mit einem Flügel und floh. Nach kurzem Nachdenken sagte der Junge: »Willkommen in Sherwood Forrest.«
Aha, dachte Benny, ein echter Spinner. »Danke«, sagte er und schwang den Schläger. »Danke … äh … merci … suchran .«
Der Junge lächelte. Große weiße Zähne leuchteten und sein Gesicht sah aus wie das eines Kindes und nicht wie das eines kleinen Erwachsenen.
»Gestatten Bond«, sagte er munter. »James Bond Omar.«
Englisch lernen über Satellit. Wer sagte, Fernsehen sei nicht bildend?
»Omar?«
»Nam.«
»Okay. Ich heiße … Gestatten Bond. James Bond Benny.«
»Binny?«
»Nein, Benny. Ben – ni.«
»Benny?«
»Ja … äh … nam. «
Das amüsierte Omar unendlich. » Nam , Benny, nam, nam. «
Benny sah sich den merkwürdigen Jungen genauer an. Er hatte nichts mit dem romantischen Bild gemein, das der Name Omar üblicherweise heraufbeschwor. Er trug kaputte Halbschuhe, ehemals weiße Tennissocken und einen grauen Trainingsanzug mit einer Schicht Pullover und Shorts darüber. Sein Kopf auf dem gepolsterten Körper wirkte klein. Schwarze lockige Haare ringelten sich über eine hohe Stirn und schwarze Augen. Mit den scharf hervortretenden Wangenknochen sah er hungrig aus. Die zwei Reihen weißer Zähne reichten bis zu den Ohren hinauf.
»Entschuldigung noch wegen der Hütte«, sagte Benny.
Omar zuckte die Achseln.
»Die Hütte«, wiederholte Benny und deutete in die Richtung, wo er den Unterschlupf vermutete.
»Ahh …«, sagte Omar und mit wachsendem Verständnis wurde sein Lächeln breiter. »B und E. Obligatorisch drei zu fünf.«
Benny lachte. So war es auch, wenn er irisch sprach. Es ging ihm mehr um das Wesentliche als um die Einzelheiten.
Sie standen sich gegenüber und starrten sich an wie zwei Narren.
»Gute Arbeit, der Schläger«, sagte Benny und fuhr über den Schaft. Er schlug mit dem Schläger auf den Boden. »Gut und stabil.«
Omar nickte wissend. »UHU. Im Falle eines Falles, klebt Uhu wirklich alles.«
Benny staunte. Er überlegte, ob Omar wirklich Uhu verwendet hatte oder ob das einfach der passendste Werbeslogan war. Das kleine Moped lehnte an einer Kaktusfeige. »Alles in Ordnung mit der Kiste, ja, Omar?«
Omar spuckte auf den Tank und wischte ein Stäubchen weg. Und er spuckte richtig. Einen großen Klacks aus Luftblasen und Wasser. Benny dachte, dass er auch spucken würde, wenn er so ein Moped hätte. Das Moped passte prima zu Omar. Wie seine Kleidung sah es aus, als wäre es aus den Einzelteilen verschiedener anderer Zweiräder zusammengestückelt worden. Das war kein Motorrad, das man in die Garage stellte und wienerte. Das war eine Maschine, die sich ihren Lebensunterhalt verdiente.
»Chips?«, sagte Omar und schwang ein Bein über den Sitz.
» Excusez moi ?« So viel wusste Benny.
Der Tunesier schob sich noch eine Zigarette zwischen die Lippen. »Chips«, wiederholte er. »Omar Ponch, Binny Frank.«
»Es heißt Benny.«
»Benny … Frank.«
Die Erinnerung an die vielfach wiederholte Serie California Highway Patrol sickerte allmählich durch viele Jahre langer Fernsehvormittage an verregneten Samstagen.
»Du willst, dass ich mich auf den Beifahrersitz setze und mit dir eine Runde drehe?«
Benny merkte, dass er zu sich selbst sprach. Omar sprach nicht englisch, nur TV.
»Also … Omar, Benny – brumm brumm.« Benny machte eine Handbewegung, die, wie er hoffte, dem Aufdrehen des Gashebels am Lenker des Mopeds nahe kam.
»Du hast es, Batman«, grinste Omar.
Benny steckte in der Zwickmühle. Nichts würde er lieber tun, als auf diese Maschine aufzuspringen und durch die Wüste zu flitzen. Das war nur natürlich. Er war ein Junge und es konnte einfach über ihn kommen. Aber es war falsch. Wenn seine Ma auch nur einen Blick auf dieses Moped erhaschen könnte, würde sie ihm strengstens verbieten, sich ihm auch nur zu nähern. Omar sah ihn fragend an und in seinem Blick lag die Hoffnung, dass er sich nicht mit einem Hasenfuß angefreundet hatte. Das war eine echte Herausforderung.
»Weiß du, du bringst mich ganz schön in Schwierigkeiten, Kurzer. Wenn ich auf diesem Ding
Weitere Kostenlose Bücher