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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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das Gefährt mit einer enormen Fehlzündung nach vorn. Die beiden Jungen und ihr Moped waren sofort Teil des allgemeinen Gewühls. Nach ein paar Minuten öffnete Benny die Augen. Sie rasten eine zweispurige, stark befahrene Straße hinunter. Vierrädrige Fahrzeuge tuckerten vorbei, die sich allenfalls von Ampeln und der Verkehrsdichte aufhalten ließen. In diesem Chaos bewegten sich die Mopeds wie die Goldfische im Haifischbecken. Entlang der Straße standen kompakte Gebäude mit flachen Dächern. Dunkel aussehende Männer saßen in Scharen vor Cafés und starrten mit stierem Blick auf den vorbeiströmenden Verkehr. Mit diesen Leuten könnte man auf der Stelle gleich ein paar Piratenfilme ausstaffieren: lang herabhängende Schnurrbärte, alles da.
    In wenigen Augenblicken hatten sie den Asphalt verlassen und Omar bog auf einer von zwei tiefen Radspuren nach links ab. Der Untergrund sah aus wie Sand, nur gröber. Auf beiden Seiten ragten Wände aus grauem Staub auf. Benny hatte keine Ahnung, wo er gelandet war. Die alten, quälenden Befürchtungen suchten ihn wieder heim. Vielleicht brachte der Typ ihn hier zu einem Platz für Menschenopfer oder einer kleinen Tauschbörse für weiße Sklaven.
    Sie befanden sich auf einem flachen Gelände, ungefähr doppelt so groß wie das Croke-Park-Stadion. Das Mondlicht überzog alles mit einem gespenstischen Glühen und hing wie eine Lawine über der Stadt, die sich jeden Augenblick lösen konnte.
    Omar knatterte natürlich mit einer drei Meter hohen Staubwolke im Schlepptau mitten auf den Platz. Er versuchte, mit Schwung eine Kurve zu fahren und die Maschine so abzubremsen, aber das Gewicht der zwei Jungen war zu viel für die kleine Peugeot. Sie purzelten hinunter und rollten über den festgefahrenen Staub. Schmutzüberzogen und spuckend rappelten sie sich auf. Omar breitete die Arme aus: »Wembley Stadium«, grinste er und seine Zähne leuchteten wie Positionslichter.
    »Wembley Stadium!«, schnaubte Benny. »Das ist irgendeine Giftmüllhalde. Weiß der Herr, was wir hier schlucken.«
    Omar sprang unbekümmert auf. Das umgekippte Moped ließ er liegen, wo es war. Er rannte im Kreis herum und bellte wie ein Idiot. Und umgehend antwortete ihm eine Horde heulender Köter. Benny schluckte. Diese Hunde schienen nahe zu sein. Omar ließ sich atemlos zu Boden fallen. Staubbedeckt, wie er war, sah er aus wie eine putzmuntere Leiche.
    »Bis gleich nach der Werbung«, japste er. »Dann beginnt das Spiel.«
    »Spiel? Welches Spiel? Es ist stockfinster.«
    Omar, der immer noch nicht englisch sprach, ignorierte die zynische irische Bemerkung. Mit Blick hinauf zu den Sternen klemmte er sich eine Zigarette zwischen die Zähne.
    Benny riss sie ihm aus dem Mund und warf sie weg. »Das bringt dich um.«
    Omar fuhr tastend über den Staub, fand seine Kippe und wischte sie sauber.
    »Schlecht!«, sagte Benny und deutete auf die Zigarette. »Hust, Hust, Krebs und so.« Er mimte einen Hustenanfall, griff sich ans Herz und brach dramatisch zusammen.
    Omar lächelte nicht, sondern sah nachdenklich aus. Dad hatte diesen Gesichtsausdruck, wenn er spät abends über Akten saß. Benny zog fragend die Augenbrauen hoch.
    Omar konzentrierte sich. »Rauchen gefährdet ihr ungeborenes Kind«, sagte er schließlich.
    Benny nickte. Durchaus richtig.
    Dann tat Omar etwas Merkwürdiges. Er durchschlug mit der Ferse die verkrustete oberste Schicht des Schlackehaufens und nahm eine Hand voll von der Schlacke heraus. Sie stank und war von ekligen Schleimspuren durchzogen. Dann warf er den Dreck hoch in die Luft, aber der Wind trieb ihn zurück, ihm direkt ins Gesicht. Omar lächelte traurig und zuckte die Achseln. Was soll’s, sagte das Achselzucken. Wozu mit dem Rauchen aufhören, wenn man jeden Tag diesen Dreck einatmete?
    Die Hunde kamen näher. Omar reckte ein Ohr in den Wind und beantwortete den Ruf.
    »Toll, mein guter Omar«, murrte Benny. »Ruf sie nur her, die Hunde, los.«
    Die Hunde kamen, aber sie kamen auf Mopeds. Sie fielen Staub spuckend wie eine Horde Cowboys auf einem zweiten Pfad, der die monströsen Schlackeberge durchschnitt, auf die Freifläche ein. Benny ging in Kampfstellung. Wie sollte man auch auf Jungen reagieren, die ein Treffen einberiefen, indem sie jaulten wie misshandelte Welpen.
    »Robin Hood und seine lustigen Gesellen«, sagte Omar vergnügt.
    Benny fühlte sich langsam deutlich in der Minderheit. Wie damals, als die sechs Blödmänner von den Brothers ihn auf dem Schulhof

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