Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
erwischt werde, setze ich mich nie wieder irgendwohin.«
    Omar streckte ihm die Faust mit nach oben gerecktem Daumen hin und zog das Moped hoch. Er trat auf den Kickstarter. Der Motor erwachte jaulend zum Leben und die Erschütterungen kräuselten den Staub. Benny durchfuhr es heiß. Konnte man von einem einzigen Jungen unter der Sonne erwarten, dass er einer solchen Versuchung widerstand?
    »Also gut«, seufzte er, als ob er Omar einen Gefallen erweisen würde. Er näherte sich der kleinen Peugeot argwöhnisch und schaute sich das Gefährt, dem er sein Leben anvertrauen wollte, erst einmal genau an. Das Moped knatterte wie ein altes Rohrsystem. Große feuchte Abgaswolken troffen aus dem Auspuff. Der ursprüngliche Lack war schon lange von den Winden Afrikas abgeschmirgelt und durch Grundierung, Emulsionsfarbe und allem Anschein nach Nagellack ersetzt worden. Der Sitz bestand aus rissigem Velours; ganze Büschel angesengten Schaumstoffs guckten aus aufgerissenen Nähten. Der Schweiß vieler tausend enger Berührungen hatte seine Spuren hinterlassen. Omar rieb liebevoll an dem Lenker herum. Und er hatte Recht: Sein Moped war wunderschön.
    Benny kletterte auf die zitternde Maschine. Er musste schreien, um sich verständlich zu machen: »Nur hier herum, okay? Ici «, brüllte er und wünschte, er würde den internationalen Code für ›fahr nicht auf die Straße‹ kennen. Omar nickte und drehte auf. Truthähne rannten um ihr Leben, und Benny wurde sich bewusst, dass weder er noch Omar einen Helm aufhatten. Das Hinterrad brach aus, als suchte es nach einem griffigen Untergrund. Das wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn das Gummi wenigstens noch ein bisschen Profil gehabt hätte.
    Sie bewegten sich auf Geschwindigkeitsstufe Warp zwei vorwärts. In dem roten Rücklicht wirbelte Staub. Omar schrie vor Freude, und Benny merkte, wie er einstimmte. Er konnte nicht anders. Es war wie auf der Achterbahn, nur gefährlicher. Die Lichter von Marhaba blieben zurück, und Benny wartete darauf, dass Omar mit Schwung eine spektakuläre Kurve fuhr und einen Bogen in den Staub fräste. Aber es tat sich nichts. Benny tippte seinem neuen Freund auf die Schulter und malte mit dem Finger einen Kreis in die Luft. Omar übersetzte die Bewegung mit ›dreh auf‹, denn er beugte sich tief nach unten in den Fahrtwind und drehte seine Fäuste noch weiter nach hinten. Sie schnellten nach vorn, als ob sie auf einem Gummiband säßen. Einen Augenblick lang hörte das Jaulen auf und sie schienen zu fliegen. Benny spähte durch den Staub und die Insekten. Der Boden war weg. Auf einmal war er wieder da. Aber jetzt war er schwarz. Sie waren auf der Straße. Benny schluckte. Offenbar machten sie eine Spritztour in die Stadt.

Lachkrampf
    Benny versuchte sich daran zu erinnern, was in aller Welt ihn dazu veranlasst hatte, auf diese Todesmaschine zu steigen. Er schaffte es nicht. Die Nacht war dunkel, die Straße war schwarz und Omar hatte offenbar die Lichter an seiner Maschine ausgeschaltet. Die Vernunft versuchte Benny zu sagen, dass sie höchstens dreißig Kilometer pro Stunde fuhren, aber zu diesem Zeitpunkt waren die vernünftigen Schaltkreise seines Gehirns bereits durchgebrannt.
    Sie holperten den schmalen Asphaltstreifen entlang und versuchten, wenigstens mit einem Rad jedes Schlagloch auf dem Weg mitzunehmen. Jede Erschütterung drohte die beiden von ihrem Sitz zu katapultieren. Benny hatte das Gefühl, als ob seine inneren Organe durcheinander geschüttelt würden. Es gab keinen Fußweg am Straßenrand, nur einen zwanzig Zentimeter breiten unbefestigten Seitenstreifen. Bei dieser Geschwindigkeit genügte ein kleiner Fehler und sie würden mit dem Hintern zuerst in die Dunkelheit segeln. Dort lauerten nur als dunkle Schatten erkennbare Kaktusfeigen wie Straßenräuber darauf, dass ein armer irischer Junge mit einem Salto in ihren Stilett bewehrten Fängen landete.
    Sie näherten sich dem Bahnübergang. Benny versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was dieser Khayssi dazu zu bemerken gehabt hatte. Irgendetwas von wegen Unzuverlässigkeit. Er holte tief Luft, um Omar zu informieren – und ein großes, brummendes, geflügeltes Etwas schoss seine Kehle hinunter. Als er das Insekt und die Hälfte der Schleimhaut seiner Kehle über Omars Sweatshirt gehustet hatte, lag der Bahnübergang bereits hinter ihnen und sie fegten auf die Vorstädte zu.
    Omar bog schleudernd in die Tyna Road ein. Der Motor des Mopeds setzte ein paarmal aus, dann schoss

Weitere Kostenlose Bücher