Benny und Omar
Pat.«
Pat Shaw nickte schwach. »Ist noch Bier im Kühlschrank, Jessie?«
Der Marsch in die Wüste sollte am folgenden Freitag losgehen. Noch zwei Tage bis dahin. Benny konnte sich das Wochenende lebhaft vorstellen. Sie würden dauernd »Ging Gang Gooly« oder so was wie »Row Row the Boat« singen. Und unten in der Wüste würden alle vollends überschnappen. Oh schaut nur, der Sand! Er ist so … sandig! Schleim, Schleim, Sabber, Sabber. Dem Sand war es vollkommen gleichgültig, ob ihn jemand toll fand oder nicht. Man konnte ihn beschimpfen und er blieb einfach liegen und ignorierte einen. Benny selbst erwartete nicht, dass die Wüste ihn sonderlich beeindrucken würde. Wie begeistert konnte man von Dünen sein? Wahrscheinlich sah es so aus wie am Strand von Carne, nur dass das Wasser fehlte.
Benny starrte auf seine Uhr und versuchte, sie dazu zu bewegen, schneller zu laufen. Los, trieb er sie in Gedanken an. Lauf schon! Zwecklos. Es war immer noch erst halb fünf. Noch einmal neunzig Minuten bis zum Abendessen. Er ging wieder zurück zu seinem Posten am Fenster. Wie konnte man sich mit einer solchen Aussicht so lange unterhalten?
Aber auf einmal trat Grace in sein Blickfeld. Sie trug ein weißes T-Shirt, das ihr bis zu den Knien reichte, und blaue Pantinen. Sie winkte einem Wachmann zu. Benny seufzte. Sie winkte sogar süß! Winkte nur mit den Fingern, nicht mit der ganzen Hand.
Grace bog in die Einfahrt ein. Ihre Einfahrt! Seine Einfahrt! Sie ging direkt an ihm vorbei hinauf zur Haustür. Benny drückte das Gesicht gegen das Glas, um zu sehen, was draußen vor sich ging. Er spürte das Anklopfen als leichte Schwingung in der Wand. Was hatte er getan? Er konnte sich nicht erinnern, irgendetwas getan zu haben. Sei nicht blöd, Benny! Es könnte alles sein. Vielleicht bittet sie nur um ein Pfund Zucker! Sei nicht paranoid.
Die Stimme seiner Ma hallte durch den Flur: »Bernard!«
So viel zum Thema ›Paranoia‹. Okay. Ganz ruhig. Es gab nichts, worüber er sich Sorgen machen müsste. Er würde gleich vor einem Mädchen stehen, das ihn zwei Monate lang ignoriert hatte. Weiter nichts. Warum war er nervös? Wer war nervös? Benny jedenfalls nicht.
»Bernard?« Ma hatte ihre Besucher-Stimme gewählt. Nach außen hin süß, aber mit einem tödlichen, drohenden Unterton. Es war wohl besser, wenn er sich ein bisschen sputete. Er stürzte hinunter ins Wohnzimmer.
»Ja?«
»Gut, Bernard, schön dass …« Jessica verstummte. Der Anblick ihres Sohnes ließ ihre Stimmbänder gefrieren.
»Was ist los?«
Jetzt starrten beide ihn an. Als ob er zwei Köpfe hätte oder so. Benny erhaschte einen Blick auf sein Spiegelbild in der Vitrinentür. Seine Haare standen zu Berge. Aber nur auf einer Seite. Auf der Seite, die auf dem Schreibtisch gelegen hatte. Er strich sie, so gut es ging, glatt.
»Grace fragt, ob du zum Schwimmen mitkommen möchtest.«
»Was?«
»Schwimmen, Bernard. Schwimmen.«
»Ach so, ja. Schwimmen. Ich weiß … äh?«
»Nun, da sie extra vorbeigekommen ist, könnten wir vielleicht eine Ausnahme machen. Aber du musst deine Lernzeit später nachholen.«
»Ja, klar.« Benny war sprachlos. Was ging hier vor? Das war bestimmt irgendein Trick.
»Also, dann los. Hol dir ein Handtuch. Und deine Badehose. Aber die gute, nicht den alten Fetzen mit dem Anker auf der Tasche.«
»Badehose und Handtuch. Ja. Gut.« Er verkrümelte sich rasch in Richtung Schrank, falls es sich die beiden Frauen noch anders überlegten.
Das war ein großer Tag für Benny: Freiheit von Zuhause, möglicherweise eine Versöhnung mit Grace Taft und sein erster Sprung in den Pool. Solche Tage vergaß man das ganze Leben nicht. Er hatte so große Angst, etwas falsch zu machen, dass er zuerst einmal eine ganze Weile schwieg.
Grace hob das Kindersicherheitsschloss am Tor zum Swimmingpool und rannte voraus. Sie warf ihr T-Shirt auf den Boden und sprang hinein – direkt aus ihren Pantinen heraus. Das war flott, dachte Benny. Er würde so etwas niemals schaffen. Wie ein undeutlicher schwarzer Schatten glitt ihr Körper durch das gekräuselte Wasser und brach erst auf der anderen Seite wieder durch die Wasseroberfläche.
»Uhhhh«, kreischte sie. »Wird langsam kalt. Aber zu Hause könnten wir im November gar nicht schwimmen.«
Benny lächelte höflich. Keine Zeit für Konversation. Er musste sich überlegen, wie er auf eine coole Art in den Pool kam.
»Komm, Bernard!«
Sie ahmte seine Mutter nach. Dieser kleine Teufel. Er
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