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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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streifte seine Turnschuhe ab und machte einen Kopfsprung mit Anlauf. Von wegen kalt? Es war brühwarm. Er war außerhalb eines Hallenbads noch nie in so warmem Wasser gewesen. Luftblasen strömten an ihm vorbei und zerplatzten zwischen seinen Fingern und Zehen. Unter keinen Umständen würde er auftauchen, bevor er die andere Seite erreicht hatte. Von hier aus wirkte es viel weiter. Hatte wahrscheinlich was mit der Lichtbrechung zu tun. Endlich berührten seine tastenden Finger die Kacheln. Er tauchte auf und versuchte, ganz normal zu atmen.
    »Das ist doch nicht kalt«, japste er. »Ich dachte, du wärst kaltes Wasser gewöhnt. Von der Nordsee und so.«
    »Ich bin eigentlich noch gar nie in der Nordsee geschwommen, Benny«, sagte Grace, die mit den Oberarmen am Beckenrand hing.
    Sie schwiegen eine Weile. Bis Benny endlich seinen ganzen Mut zusammennahm.
    »Tut mir Leid mit deinem Kleid und so«, murmelte er halb ins Wasser hinein.
    »Schon gut. Vergiss es.«
    »Toll.«
    »Wie sieht’s zu Hause aus?«
    »Ich bin auf Bewährung draußen. Wenn ich mich auf dem Wüstenwochenende gut benehme, werde ich vielleicht begnadigt.«
    Grace brach in ihr Lachen mit den kleinen Schnaubern am Schluss aus. »Ist gar nicht so schlimm.«
    »Ach wirklich?«
    »Ja, wirklich. Wir hatten letztes Jahr in Douze viel Spaß.«
    »Bei was?«
    »Na, wir sind auf Kamelen geritten. Dann gab es eine Disco. Und zwei Pools mit einer Rutsche. Und die Four-Wheeler waren auch toll.«
    »Four-Wheeler?«
    »Diese kleinen Motorräder mit den Ballonreifen.«
    »Hört sich gar nicht schlecht an«, räumte Benny ein.
    Grace glitt unter Wasser und schwamm noch eine Breite. Auf halber Strecke flammten die automatisch gesteuerten Unterwasserscheinwerfer auf und tauchten ihre Körper in weißes Licht.
    »Warum bist du vorbeigekommen?«
    »Weiß nicht. Einfach so.«
    »Ich dachte, ihr habt alle was gegen mich.«
    »Niemand hat was gegen dich.« Sie kniff die Augen zusammen und suchte nach den richtigen Worten. »Du bist in die Schule gekommen und hast dich benommen, als ob du was gegen uns hättest, obwohl du uns noch gar nicht gekannt hast.«
    »Stimmt ja gar nicht.«
    »Alle sind freundlich. Du musst nicht immer alles und jeden verspotten.«
    »Natürlich muss ich.«
    »Und warum?«
    »Weil … tja … weil es eben so ist. Wenn ich euch nicht verspotte, dann verspottet ihr mich.«
    »Nein, das tun wir nicht.«
    »Wirklich?«
    »Ja, wirklich. Das haben wir nicht nötig.«
    »Und warum?«
    Grace runzelte die Stirn. Auch ihre Geduld hatte Grenzen.
    Sie stieß sich ab und schwamm in Richtung Nichtschwimmerbereich. Benny tauchte und schürfte sich an den blauen Kacheln die Brust auf. Er drehte sich um und winkte zu Grace hinauf. Der Druck zwang ihn auszuatmen und er tauchte auf. Grace hatte die Zehen in die Leiter eingehakt und ließ sich auf der Wasseroberfläche treiben.
    »Weißt du, Benny, Amerikaner sind anders als wir. Diese beiden sowieso.«
    »Wem sagst du das?«
    »Nein, Benny. Ich meine, sie sind nett. Sie sind es bloß nicht gewöhnt, dass jemand dauernd schlaue Bemerkungen macht. Bei ihnen musst du einfach du selbst sein.«
    »Aber ich bin doch ich selbst. Wer sollte ich sonst sein?«
    Grace nahm Wasser in den Mund und spuckte es in einer Fontäne wieder aus. Sehr damenhaft. »Weiß nicht, Benny. Wahrscheinlich traust du dich nicht, du selbst zu sein, weil du Angst hast, dass dich niemand mag.«
    »Sehr schlau«, schnaubte Benny. »Ich glaube, du gibst dich zu viel mit Amerikanern ab. Ich glaube nicht an diesen Psychokäse.«
    Grace lächelte verhalten. »Und das glaubst du wirklich?«
    »Ja, sicher!«
    »Na, na! Warum bist du dann am ersten Tag abgehauen, ohne ein Wort zu sagen?«
    »Was heißt hier ›na, na‹? Ich dachte, wir wären nett zueinander. Du bist ein Kelte. Du hältst das aus.«
    Benny spürte, wie das warme Wasser seine Beine umspülte. Er sah Graces ebenmäßiges Profil auf dem Wasser auf und ab schaukeln.
    »Ja. Werd ich wohl.«
    »Und was war mit dir und dem anderen Typen?«
    »Mit wem – mit Omar?«
    »Heißt er so?«
    »Ja. Er wohnt hinter der Mauer in einer kleinen Hütte. Dad gefiel die Vorstellung nicht, dass ich mich mit ihm zusammen auf dem Moped in Sfax herumtreibe.«
    »Und der arme Georgie hat sich übel verletzt.«
    »Armer Georgie.«
    »Na stimmt doch, Benny.«
    »Fang du nicht auch noch an, Grace. Das höre ich zu Hause den ganzen Tag.«
    »Ja, schon. Aber Georgie hat eine große Narbe am Kopf.«
    »Er hätte ja nur auf

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