Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
Eindruck, dass wir uns in einer Art NichtRaum befanden und dass man mich hier zurücklassen würde, falls ich bei meiner Prüfung versagte, in dieser leeren Welt, bis in alle Ewigkeit – und allein schon der Gedanke daran, was »bis in alle Ewigkeit« bedeutete, ließ mich unwillkürlich erzittern.
Ich schaute zu dem Schakalbruder, und er lächelte mich einmal mehr an.
»Bringt die Waage!«, rief er ins Nichts.
Ich blinzelte, und plötzlich waren wir nicht mehr allein – der zweite Schakalbruder stand nun neben dem ersten und hielt eine große goldene Waage in einer Hand und einen winzigen goldenen Ankh in der anderen. Neben ihm saß ein unglaublich fremdartig aussehendes Geschöpf mit Krokodilskopf und Löwenleib, dessen metallisch blaue Augen brennenden Hunger versprühten. Um seinen Hals war eine schwere Silberkette geschlungen, deren anderes Ende an der Hüfte des soeben eingetroffenen Schakalbruders befestigt war.
Das arme Mischwesen tat mir sofort leid. Ich meine, wie toll konnte das Leben einer mit solchen Unvereinbarkeiten erschaffenen Kreatur schon sein? Dann schnappte das bösartige Krokodilmonster unvermittelt mit seinen mächtigen Kiefern in meine Richtung, womit sich die Sache mit dem Mitgefühl erledigt hatte.
»Wie wär's, wenn du aufpasst, wohin du mit diesem Ding zielst?«, sagte ich und schaute das Krokodilmonster finster an, womit ich mir jedoch nur einen weiteren Maulmampfer einhandelte.
»Na schön. Von mir aus«, sagte ich schulterzuckend und schaute mir etwas Hübscheres an, nämlich die glitzernde Waage, die der Schakalbruder in der Hand hielt.
Die Waagschalen waren tatsächlich wunderschön und mit verschlungenen Hieroglyphen verziert, die man liebevoll ins goldene Metall geätzt hatte. Am Scheitel der Waage befand sich die Skulptur einer winzigen, nackten Frau, in deren langes, metallenes Haar eine einzelne goldene Straußenfeder eingewoben war. Der Rest der Waage war mit weiteren Schriftzeichen bedeckt -lesen konnte ich sie nicht, aber ich erinnerte mich, einige in der Totenhalle gesehen zu haben.
»Bist du bereit für dein Urteil?«, fragte der Schakalbruder mit der Waage und riss mich damit aus meinen Gedanken.
Ich nickte.
»Schließe die Augen«, sagte er, »es tut nur ganz kurz weh.«
Ich tat wie geheißen, schluckte schwer und wartete.
»He!«, rief ich, als ich einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte, der sich entfaltete und langsam – sehr langsam – zu einem dumpfen Pochen zwischen meinen Rippen wurde. Ich schaute nach unten, und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf.
Mein Herz, war weg!
»Was habt ihr mit mir gemacht?«, schrie ich. Zunehmend entsetzt starrte ich auf das große, gähnende Loch in meiner Brust, dort, wo zuvor mein Herz gewesen war.
Ich schaute mich um und sah den ersten Schakalbruder, der es noch in der Hand hielt. Es schlug nach wie vor.
»He«, sagte ich, während ich zusehen musste, wie mein Herzblut auf den Boden tröpfelte. »Kann ich das jetzt bitte wiederhaben?«
Die beiden Schakalbrüder beachteten mich nicht. Sie platzierten mein Herz auf einer Waagschale und legten behutsam eine einzelne, seidige Pfauenfeder auf die andere. Einen Moment lang befanden beide Seiten sich im absoluten Gleichgewicht, doch die Seite mit meinem Herzen fing langsam an, sich zu senken. Ich hielt den Atem an, und die Angst ließ mir das Blut in den Adern gerinnen.
Mir entging nicht, wie die beiden Brüder einen erwartungsvollen Blick wechselten – warum auch, schließlich machten sie keinerlei Anstalten, es zu verbergen –, und ein Brennen machte sich in meinem Magen breit.
Hatte ich gerade wirklich solchen Mist gebaut, dass ich den Rest meiner unsterblichen Existenz verlieren würde?
Ich erwischte mich beim Beten. Lieber Gott, bitte lass mich dieses eine Mal mit einem blauen Auge davonkommen. Ich verspreche, für den Rest meines unsterblichen Lebens eine gute Schwester und Freundin und Tochter zu sein, wenn du nur verhinderst, dass die Schakalbrüder mich kriegen.
Als ich nun die Waage betrachtete, sah ich, dass die Seite mit meinem Herzen sich nicht mehr senkte und die beiden Waagschalen langsam wieder in einen Zustand des Gleichgewichts zurückkehrten. Wir alle warteten mit angehaltenem Atem, wobei ich mir angestrengt wünschte, dass die Waagschalen sich in die eine Richtung bewegen würden, während die Schakalbrüder sich das Gegenteil erhofften.
Mit einem Mal spürte ich, wie ein kühler Windhauch mich umfing und in dem blutigen Loch
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