Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
während er bei jedem Schritt gegen mich ankämpfte.
Ehrlich, ich hatte in meinem Leben noch keinen Kerl getroffen, dem man es so schwer recht machen konnte. Es war absolut offensichtlich, dass er keine Lust hatte, sich von einem Mädchen herumkommandieren zu lassen – obwohl er eigentlich seinem Glücksstern hätte danken sollen, dass ich vorbeigekommen war und ihn aus seiner endlosen Gefangenschaft befreit hatte. Tja, sei’s drum.
»Ähm, noch eine letzte Frage«, sagte ich mit einem Blick zurück zu den Schakalbrüdern, während ich meinen neuen Freund weiter in Richtung Wurmloch zerrte.
»Ist dieser Kerl taub und stumm … oder nur ein blöder Arsch?«
Und dann warf ich mich (und Senenmut), ohne eine Antwort abzuwarten, in das Wurmloch und verschwand.
17
Als Bastet das Wort »Zuhause« verwendet hatte, war ich davon ausgegangen, dass sie eigentlich meinte, dass wir in die Totenhalle zurückkehren würden. Aber wahrscheinlich sollte man die Aussagen anderer Leute immer wörtlich nehmen, denn anstatt mich von Angesicht zu Angesicht einem erzürnten Jarvis gegenüberzusehen, stellte ich fest, dass mir ein unbändiger Höllenhundwelpe durchs Gesicht leckte.
Irgendwie hatte das Wurmloch uns zurück ins Haus Meeresklippe versetzt – genau genommen in die Küche des Hauses Meeresklippe –, wo ich Clio mit Kümmerchen an ihrer Seite antraf. Sie war gerade dabei, sich unter den wachsamen Blicken Declans, des Kochs meiner Mutter, Gruyere-Spinat-Kroketten zuzubereiten.
Wie schon gesagt war Declan ein Mann mit großen Gefühlen, und er liebte es, diese Gefühle – um was für welche es sich auch immer handelte – in seine Kochkünste einfließen zu lassen.
Declan, der so breit wie groß war – und mit seinen eins fünfundsiebzig machte ihn das zu einem ziemlich ausladenden Kerl –, war eine feste Institution im Reaper-Jones-Haushalt. Mit seinen lebhaften braunen Augen, dem größten Schmerbauch, den es jemals bei einem menschlichen Wesen gegeben hat, und seinem sorgfältig auf nie mehr als fünf Zentimeter gestutzten roten Bart war er einer meiner Kindheitshelden gewesen. Er war in Glasgow aufgewachsen und hatte einen unglaublich starken schottischen Akzent, sodass man kaum ein Wort aus seinem Mund verstand, wenn er aufgeregt war. Einmal, als ich noch klein gewesen war, hatte ich gehört, wie er einen seiner Suppentöpfe als »Blödköbes« bezeichnet hatte, worauf ich jeden, der mir begegnet war, »Blödköbes« genannt hatte. Davon war meine Mutter natürlich begeistert gewesen.
Soweit ich zurückdenken konnte, hatte Declan immer die gleiche Kleidung getragen: Küchenchefweiß, mit einer großen, muschelfarbenen Kochmütze obenauf, die ihn wie die schottische Ausgabe eines Bilderbuchkochs aussehen ließ. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den Mann in Straßenkleidern nicht einmal wiedererkannt hätte – derart fest verankert war der »Chefkoch-Look« in meinem Gehirn. Er war schon so lange ein Teil meines Lebens, dass ich mich immer freute, ihn zu sehen, egal, ob er nun gute oder miese Laune hatte.
Und da er Leiter einer Reihe von Vier-Sterne-Küchen in Europa gewesen war, bevor meine Mutter ihn für den Privatsektor abgeworben hatte, war er ein unglaublich guter Koch. Seinetwegen hatte ich als Kind Schnecken geliebt – und damit meine ich nicht die Sorte Schnecken, die man im Hinterhof findet. Ich erinnerte mich sehr deutlich daran, das einzige Kind in meinem Bekanntenkreis gewesen zu sein, dass Foie Gras, geraspeltes Thunfischherz, Boudain und an ganz besonderen Feiertagen, wenn Declan den Koch-Turbogang einlegte, Haggis aß.
Genau genommen wurde mir erst im Alter von etwa dreizehn Jahren klar, woraus genau Haggis bestand, und ich beschloss, dass es doch nicht so toll zu Eierpunsch und Früchtekuchen passte.
»Wer bist du?«, fragte Clio Senenmut mit einem wunderbar angerösteten und köstlich anzuschauenden Mini-Sandwich in der Hand. Bevor ich eingreifen konnte, hatte er die schmutzige Hand ausgestreckt und Clio die Krokette vom Teller geklaut.
»He«, sagte ich, packte ihn am Kragen und zog ihn von meiner Schwester weg, was mir jedoch nicht gelang, bevor er sich die ganze Krokette in den Mund gestopft hatte.
»Ähm, das ist Senenmut, ein Freund von mir«, erklärte ich verhalten, als Declan über das unhöfliche Benehmen meines Gastes die Stirn runzelte. »Er hat wahrscheinlich seit … ach, ich weiß nicht … fünftausend Jahren nichts mehr gegessen. Seit damals, als man die
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