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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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aber er wurde das Gefühl nicht los, dass die Zeit drängte. Dass Gefahr im Verzug war.
    »Wie auch immer«, sagte er. Für den Augenblick würde es Liza sowieso nicht zu vermitteln sein, dass ihr Mann ebenso gut ins Gefängnis wandern konnte wie jeder andere Kriminelle auch. »Woher kennen Sie Tara Caine?«
    »Ich kenne sie seit Oktober letzten Jahres«, sagte Liza. »Seit dem 31. Oktober.«
    »Also noch nicht lange?«
    »Nein. Zweieinhalb Monate etwa.«
    Er trat an den Tisch heran, setzte sich Liza gegenüber. Er vibrierte, hätte alle Informationen gern schneller bekommen, beherrschte sich aber. Liza anzufahren barg die Gefahr, dass sie überhaupt nichts mehr sagte.
    »Wiehaben Sie sie kennengelernt?«
    Liza lächelte. »Zufall. Wir waren eingeladen, mein Mann und ich. Fünfundsiebzigster Geburtstag eines ehemaligen Kollegen meines Mannes. Große Feier im Kensington-Hotel. Mein Mann bestand darauf, dass ich mitkomme, obwohl es mir schlecht ging. Ich war nervlich ziemlich am Ende, und außerdem hatte ich mal wieder ein hübsches Veilchen im Gesicht. Das linke Auge. Es war abgeschwollen, aber noch blau umrandet. Man fühlt sich nicht besonders sicher, wenn man so unter die Menschen gehen muss.«
    »Nur zu verständlich«, sagte John, »aber Ihr Mann schien das Risiko, dass über Sie und womöglich auch über ihn getuschelt wird, nicht zu scheuen?«
    »Er wusste, ich würde die Verletzung irgendwie unkenntlich machen. Wir hatten diese Situation ja nicht zum ersten Mal. Ich besitze ein extrem deckendes Camouflage-Make-up. Wichtigstes Utensil für misshandelte Ehefrauen, wissen Sie. Damit konnte ich das Problem einigermaßen vertuschen.«
    »Sie gingen also auf dieses Fest …«
    Sie nickte. »Es waren viele Menschen dort. Vor allem natürlich Juristen. Anwälte. Staatsanwälte. Richter. Mein Mann war wie immer der Mittelpunkt, schwang große Reden. Brüstete sich mit seinen Wohltaten. Er hatte im Sommer ein Tennisturnier organisiert, bei dem um Geld für Aidswaisen in Afrika gespielt wurde, und er war damit enorm erfolgreich gewesen, hatte eine hübsche Summe zusammengebracht, und dafür ließ er sich nun feiern. Alle klopften ihm auf die Schulter und betonten, was für ein toller Mensch er doch sei … und ich stand daneben und hätte kotzen können. Wirklich, ich hätte am liebsten mitten in den Raum gekotzt, mitten in die Menge dieser aufgetakelten Leute, die alle glaubten, Gutes zu tun, und in Wahrheit immer nur sich selbst zelebrierten und die überhaupt nicht merkten, wenn unter ihnen jemand war, dem es richtig schlecht ging.«
    Er ahnte, was kam. »Staatsanwältin Caine befand sich auch unter den Gästen. Und im Unterschied zu den anderen merkte sie etwas?«
    »Es ging mir wirklich nicht gut an dem Abend«, sagte Liza. »Ich fand es unerträglich heiß in dem Raum, und ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich im Gesicht stark schwitzte. Ich bekam Angst um mein Make-up. Verrückt, oder? Eigentlich wäre es doch für meinen Mann peinlich gewesen, wenn plötzlich alle mein blaues Auge gesehen hätten. Aber ich empfand es immer nur als eine Schande für mich.«
    »Nach allem, was ich weiß«, sagte John, »geht das vielen Frauen in Ihrer Situation so.«
    »Ich flüchtete in die Damentoilette. Zum Glück war dort gerade niemand. Während ich vor dem Spiegel versuchte, mein Make-up zu erneuern, fing ich plötzlich an zu weinen. Es wurde ein richtiger Weinkrampf. Ich war vollkommen entsetzt. Meine Schminke floss an mir hinunter, meine Augen quollen zu … und ich wusste, ich muss gleich wieder zu der Feier zurück. Aber ich konnte nicht aufhören. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören.«
    Sie schwieg. Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie den Moment wieder vor sich sah – den Moment, der offensichtlich zu einer Veränderung ihres Lebens geführt hatte.
    »Dann ging plötzlich die Tür auf«, fuhr sie fort, »und ich erschrak fast zu Tode. Es war Tara, die hereinkam. Ich kannte sie damals noch nicht, aber ich vermutete, dass sie auch zu den Gästen des Geburtstagsfestes gehörte. Es gelang mir nicht mehr, rechtzeitig in eine der Kabinen zu flüchten. Ich hantierte wild mit einem Haufen Kleenextüchern herum und versuchte so zu tun, als hätte ich nur eine Erkältung oder eine Allergie oder irgendetwas … Und dann stand Tara auf einmal hinter mir und fragte, ob sie mir helfen könne. Ich ließ die Kleenextücher sinken. Ich weinte. Wir sahen einander im Spiegel an. Inzwischen war praktisch keine Farbe mehr in

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