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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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befohlen, auf einer Moräne nahe einem tibetischen Kloster zum Gedenken an die Toten einen Steinhaufen zu errichten. Als die Männer mit gesenkten Köpfen daneben standen, sagte Somerset leise: »Es wäre besser gewesen, wenn einer von uns neben ihnen begraben läge.«
    Bruce führte einen Trupp geknickter Männer zurück nach Bombay. Sie waren bereits mehrere Tage an Bord des Schiffes, das sie nach England zurückbrachte, als irgendjemand lächelte, und Wochen vergingen, bis jemand lachte. George fragte sich nur, was sie wohl erwarten mochte, wenn sie in Liverpool anlegten.
    Jeder der Männer hatte geschworen, dass sie niemals zum Mount Everest zurückkehren würden, nicht, um George Mallory zu zitieren, für alles Gold Arabiens.

Sechstes Buch
    Zurück auf der Erde
    45
    Montag, 4. September 1922
    Zusammen mit dem Rest der Gruppe lehnte George an der Reling der SS Caledonia und starrte ungläubig hinunter auf den Kai. Keiner von ihnen konnte recht fassen, was er da sah. So weit das Auge reichte, drängten sich klatschende und jubelnde Menschenmassen auf dem Kai und schwenkten Union Jacks.
    »Wen bejubeln sie?«, fragte George und überlegte, ob vielleicht irgendein amerikanischer Filmstar mit an Bord war.
    »Ich glaube, George, diese Menschen heißen Sie zu Hause willkommen«, sagte Somervell. »Sie scheinen der Illusion zu erliegen, Sie hätten den Gipfel erreicht.«
    George starrte weiterhin hinab auf die tobende Menge, doch es gab nur eine einzige Person, nach der er suchte. Erst, als das Schiff bereits vertäut war, erhaschte er einen flüchtigen Blick auf sie: eine einsame Gestalt, die immer wieder in dem gewaltigen Wirrwarr aus hochgestreckten Hüten, winkenden Händen und Union Jacks auftauchte und wieder verschwand.
    Wenn Finch ihm nicht zuvorgekommen wäre, wäre George als Erster die Gangway heruntergestürzt. Kaum hatte er einen Fuß auf den Kai gesetzt, wurde er von einem Meer aus ausgestreckten Armen umfangen, was lebhafte Erinnerungen an Bombay wiederaufleben ließen – außer, dass man dieses Mal versuchte, ihm auf die Schulter zu klopfen, anstatt ihn anzubetteln oder ihm Waren aus zweiter Hand feilzubieten.
    »Hoffen Sie immer noch, als erster Mensch den Mount Everest zu erobern, Mr Mallory?«, rief ein Reporter mit geöffnetem Notizblock und gezücktem Stift.
    George versuchte gar nicht erst, ihm zu antworten, sondern kämpfte sich durch die Menge bis zu der Stelle vor, an der er sie zuletzt gesehen hatte.
    » Ich werde auf jeden Fall zurückgehen«, rief Finch, als die Presse ihn umringte. »Schließlich habe ich nur noch etwas mehr als dreihundert Meter übrig.« Der Mann mit dem gezückten Bleistift schrieb jedes seiner Worte mit.
    »Glauben Sie, dass Sie es nächstes Mal bis ganz nach oben schaffen, Mr Mallory?«, bohrte ein Reporter nach, der ihm beharrlich folgte.
    »Es wird kein nächstes Mal geben«, murmelte George leise in sich hinein. Und dann sah er sie, nur ein paar Meter vor sich.
    »Ruth! Ruth!«, rief er, doch sie konnte ihn in der lärmenden Menge offensichtlich nicht hören. Endlich trafen sich ihre Blicke, und er sah dieses Lächeln, das sie jenen vorbehielt, die sie liebte. Er streckte eine Hand aus, und sogleich versuchten mehrere Fremde, sie zu schütteln. Schließlich stürzte er nach vorn und nahm sie in die Arme.
    »Wie sollen wir dieser Meute jemals entwischen?«, rief er ihr ins Ohr.
    »Das Auto steht gleich dort drüben«, sagte sie, umklammerte seine Hand und zog ihn von der Menge fort, doch seine neuen Freunde wollten ihn nicht so einfach entkommen lassen.
    »Haben Sie bereits den Posten als bergsteigerischer Leiter für die Reise im nächsten Jahr angenommen?«, rief ein anderer Reporter.
    »Die Reise im nächsten Jahr?«, fragte George überrumpelt. Doch inzwischen hatte Ruth den Wagen erreicht, öffnete die Tür und schob George auf den Beifahrersitz. Dieser konnte sein Erstaunen nicht verbergen, als sie sich ans Steuer setzte.
    »Wann?«, fragte er.
    »Eine Frau muss sich schließlich irgendwie beschäftigen, wenn ihr Mann loszieht, um eine andere zu besuchen«, sagte Ruth lächelnd.
    Er nahm sie erneut in die Arme und küsste sie zärtlich auf die Lippen.
    »Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass man keine fremden Frauen in der Öffentlichkeit küsst«, sagte sie, ohne ihn loszulassen.
    »Ich erinnere mich«, erwiderte George und küsste sie erneut.
    »Lass uns losfahren«, sagte Ruth widerstrebend, »ehe das hier noch die Schlussszene eines

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