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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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etwas unsicher auf den Beinen wirkte. »Ich habe nämlich kein Geld mehr für eine Kutsche übrig.«
    »Keine Ahnung«, sagte George, »aber wenn man nicht weiter weiß, muss man eine Landmarke finden, die man kennt, und die wird einem die Richtung weisen.« Er schlug ein forsches Tempo ein.
    »Ja, klar«, sagte Guy und eilte ihm nach.
    Auf ihrem Weg zurück über den Fluss wurde George langsam wieder nüchtern. Nur selten wandte er den Blick von seinem gewählten Orientierungspunkt ab. Guy trottete schweigend hinter ihm her, bis sie vierzig Minuten später am Sockel eines Monuments haltmachten, von dem viele Pariser behaupteten, sie würden es verabscheuen und sähen es am liebsten Bolzen für Bolzen, Träger für Träger zerlegt, sobald die zwanzigjährige Genehmigungsfrist abgelaufen war.
    »Ich glaube, unser Hotel ist irgendwo dort drüben«, sagte Guy und deutete auf eine schmale Seitenstraße. Als er sich umdrehte, stellte er fest, dass George am Eiffelturm emporstarrte, den Ausdruck reinster Bewunderung in den Augen.
    »Nachts ist es eine noch größere Herausforderung«, erklärte George, ohne den Blick abzuwenden.
    »Das meinst du doch wohl nicht ernst«, sagte Guy, als sein Freund auf einen der vier Sockel am Fuß des Turms zustrebte.
    Protestierend rannte Guy ihm nach, doch als er den Sockel erreichte, war George bereits auf einen Eisenträger gesprungen und begann zu klettern. Obwohl Guy weiterhin aus vollem Hals schrie, konnte er nicht mehr tun, als stehenzubleiben und zuzusehen, wie sein Freund sich geschickt von Träger zu Träger hocharbeitete. Nicht ein einziges Mal blickte George hinab, doch wenn er es getan hätte, hätte er eine kleine Schar Nachtschwärmer erkannt, die sich dort unten versammelt hatte und jede seiner Bewegungen gespannt verfolgte.
    George musste etwa die Hälfte der Strecke geschafft haben, als Guy die Pfiffe hörte. Er wirbelte herum und sah ein Polizeifahrzeug auf den Platz fahren und am Sockel des Monuments anhalten. Ein halbes Dutzend uniformierter Beamter sprang heraus und rannte auf den Nachtwächter zu, der offensichtlich auf sie gewartet hatte, obwohl er Guy bis dahin gar nicht aufgefallen war. Der Mann führte die Beamten rasch zum Fahrstuhl und zog die Eisengitter auf. Die Menge beobachtete den Fahrstuhl auf seiner langsamen Fahrt nach oben.
    Guy schaute hoch, um sich von Georges Fortschritten zu überzeugen. Er war nicht einmal mehr hundert Meter von der Spitze entfernt und schien nicht zu ahnen, dass er verfolgt wurde. Kurz darauf kam der Fahrstuhl stotternd neben ihm zum Halten. Die Türen wurden aufgerissen, und einer der Polizisten machte einen zögerlichen Schritt hinaus auf den nächsten Stahlträger. Nach einem zweiten Schritt überlegte er es sich anders und sprang rasch wieder zurück in die Kabine. Der dienstälteste Beamte begann, mit bittender Stimme auf den Missetäter einzureden, der vorgab, ihn nicht zu verstehen.
    George war immer noch entschlossen, bis zur Spitze zu gelangen, doch nachdem er einige Worte der Vernunft ignoriert hatte, folgten ein paar harsche Kraftausdrücke, die man in jeder Sprache verstand, und er stieg widerstrebend zu den Männern in die Kabine. Sobald die Polizisten mit ihrer Beute wieder am Boden waren, formte die Zuschauermenge eine Gasse zum wartenden Fahrzeug und applaudierte dem jungen Mann auf dem ganzen Weg dorthin.
    »Chapeau, jeune homme.«
    »Dommage.«
    »Bravo!«
    »Magnifique!«
    Es war das zweite Mal in dieser Nacht, das George die Menge »Magnifique!« rufen hörte.
    Er entdeckte Guy, gerade als die Polizei ihn eilig in den Wagen schaffen und wer weiß wohin verfrachten wollte. »Such Mr Irving«, rief er. »Er wird wissen, was zu tun ist!«
    Guy rannte den ganzen Weg zurück ins Hotel und nahm den Lift in den dritten Stock, doch als er an Mr Irvings Tür hämmerte, erhielt er keine Antwort. Widerwillig kehrte er ins Erdgeschoss zurück und setzte sich auf die Stufen, um dort auf ihren Hausvorsteher zu warten. Er erwog sogar, wieder zum Moulin Rouge zurückzulaufen, doch dann entschied er, dass das unterm Strich nur noch mehr Ärger einbringen würde.
    Die Hoteluhr zeigte sechs, als eine Kutsche mit Mr Irving draußen vor der Tür anhielt. Von der leichtbekleideten Frau keine Spur. Er war überrascht, Guy auf der Treppe sitzend vorzufinden, und noch überraschter, als er den Grund dafür erfuhr.
    Der Hoteldirektor benötigte lediglich ein paar Telefonanrufe, bis er herausgefunden hatte, auf welcher Polizeistation

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