Berg der Legenden
sah, die George bereits über seinen Schreibtisch an die Wand geheftet hatte.
Ben Nevis
1343 Meter
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Großer St. Bernard
2469 Meter
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Mont Vélan
3731 Meter
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Grand Combin
4313 Meter
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Monte Rosa
4638 Meter
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Montblanc
4807 Meter
?
»Du hast den Montmartre vergessen«, sagte er. »Ganz zu schweigen vom Eiffelturm.«
»Der Eiffelturm ist nur 324 Meter hoch«, erwiderte George. »Und du scheinst vergessen zu haben, dass ich nicht ganz oben war.«
Guy schaute auf die Uhr. »Wir sollten besser los, wenn wir nicht zu spät beim Rektor sein wollen.«
»Einverstanden«, sagte George und schlüpfte rasch in seinen Talar.
Als die beiden jungen Studenten über den zweiten Hof zur Wohnung des Rektors schlenderten, fragte George seinen Freund, ob er irgendetwas über den Rektor des College wusste.
»Nur das, was Mr Irving mir erzählt hat. Anscheinend war er unser Mann in Berlin, ehe er aus dem Außenministerium ausschied. Er hatte den Ruf, ziemlich ungehobelt gegenüber den Deutschen gewesen zu sein. Laut Irving hatte sogar der Kaiser Angst vor ihm.«
George rückte seine Krawatte gerade, als sie sich dem Strom junger Männer anschlossen, die durch den Garten des Rektors auf das viktorianisch-gotische Haus zugingen, das den Innenhofes dominierte. An der Tür wurden sie von einem Collegediener in weißem Jackett und schwarzen Hosen begrüßt, der ein Klemmbrett in der Hand hielt.
»Ich bin Bullock, und dies ist Mallory«, sagte Guy.
Der Mann hakte ihre Namen ab, doch nicht ehe er George einer genauen Musterung unterzogen hatte. »Sie finden den Rektor im Salon im ersten Stock«, erklärte er ihnen.
George rannte die Treppe hinauf – er rannte Treppen immer hinauf – und betrat einen riesigen, elegant möblierten Raum voller Studenten und Professoren, dessen Wände von Ölgemälden mit altmodischeren Versionen der Letzteren geschmückt waren. Ein weiterer Diener bot ihnen ein Glas Sherry an, und George entdeckte jemanden, den er kannte. Er schlenderte zu dem Mann hinüber.
»Guten Abend, Sir«, sagte er.
»Mallory. Wie schön, dass Sie es geschafft haben zu kommen«, sagte der Senior Tutor ohne jeden Anflug von Spott. »Ich habe gerade zwei Ihrer Kommilitonen daran erinnert, dass mein erstes Seminar morgen früh um neun Uhr beginnt. Da Sie mittlerweile im College wohnen, werden Sie wohl nicht über die Mauer klettern müssen, um rechtzeitig dort zu sein, nicht wahr, Mallory?«
»Nein, Sir«, sagte George und nippte an seinem Sherry.
»Obwohl ich mich nicht darauf verlassen würde«, sagte Guy.
»Das ist mein Freund, Guy Bullock«, sagte George. »Um ihn brauchen Sie sich kein Sorgen zu machen, er ist stets pünktlich.«
Die einzige Person außer den Bediensteten im Raum, die keinen Talar trug, kam auf sie zu und gesellte sich zu ihnen.
»Ah, Sir David«, sagte der Senior Tutor. »Ich glaube, Sie haben Mr Bullock noch nicht kennengelernt, aber ich weiß, dass Ihnen Mr Mallory wohlbekannt ist. Er ist im Frühjahr in Ihren Garten gefallen.«
George drehte sich um und sah sich dem Rektor des Colleges gegenüber. »O Gott«, sagte er.
Sir David lächelte dem neuen Studenten zu. »Nein, nein, Mr Mallory, ›Rektor‹ genügt völlig.«
***
Guy sorgte dafür, dass George am nächsten Morgen rechtzeitig für sein erstes Seminar bei Mr Benson aufstand, und trotzdem brachte George es fertig, erst kurz vor der angesetzten Stunde zu erscheinen. Der Senior Tutor begann seine Ausführungen damit, dass die wöchentlichen Aufsätze jeweils donnerstags bis fünf Uhr abgeliefert sein mussten, und wenn irgendjemand zu spät zum Seminar käme, solle er sich nicht wundern, die Tür verschlossen zu finden. George war froh, dass sein Zimmer lediglich hundert Meter von Mr Bensons Studierzimmer entfernt lag und seine Mutter ihn mit einem Wecker ausgerüstet hatte.
Sobald die einleitenden, strengen Anweisungen erteilt waren, lief das Seminar weitaus besser, als George zu hoffen gewagt hatte. Seine Stimmung hob sich noch weiter, als er eines Abends bei einem Sherry feststellte, dass der Senior Tutor seine Liebe zu Boswell teilte, ebenso wie die zu Byron und Wordsworth, und dass er ein persönlicher Freund von Browning gewesen war.
Mr Benson seinerseits ließ keinerlei Zweifel darüber aufkommen, was er von einem Stipendiaten in seinem ersten Jahr erwartete, und erinnerte
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