Berg der Legenden
Frage aufwirft, warum wir dann nicht vorrücken. Zweifelsohne erzählt irgendein deutscher Stabsoffizier seinen Männern genau das Gleiche. Nur eines ist gewiss, sie können nicht beide recht haben.
Übrigens, richte Deinem Vater aus, dass er, wenn er ein zweites Vermögen machen will, eine Fabrik für Hörrohre eröffnen sollte, denn sobald dieser Krieg vorbei ist, wird es sicherlich eine große Nachfrage danach geben.
Es tut mir leid, Liebste, wenn meine Briefe sich ständig wiederholen, aber die einzigen zwei Dinge, die immer gleich bleiben, sind meine Liebe zu Dir und meine Sehnsucht, Dich wieder in die Arme zu schließen.
Dein Dich liebender Mann,
George
George blickte auf und stellte fest, dass einer seiner Unteroffiziere ebenfalls eifrig schrieb.
»Ein Brief an Ihre Frau, Perkins?«
»Nein, Sir, das ist mein Testament.«
»Ist das nicht ein bisschen pessimistisch?«
»Ich glaube nicht, Sir«, erwiderte Perkins. »Im Zivilleben bin ich Buchmacher, so dass ich es gewohnt bin, die Chancen abzuwägen. Direkt an der Front überleben die Männer im Durchschnitt sechzehn Tage, und ich bin bereits seit mehr als drei Monaten hier draußen, so dass ich nicht erwarten kann, noch sehr viel länger im Rennen zu bleiben.«
»Aber hier hinten sind Sie doch weit weniger Gefahren ausgesetzt als die armen Teufel direkt an der Front, Perkins«, versuchte George ihn zu beruhigen.
»Sie sind der dritte Offizier, Sir, der mir das erzählt. Die anderen beiden sind in Holzkisten nach Hause gefahren.«
George war immer noch entsetzt über diesen saloppen Umgang mit dem Tod und fragte sich, wie lange es wohl dauern mochte, bis er ebenso verhärtet war.
»So wie ich die Sache sehe, Sir«, fuhr Perkins fort, »ist Krieg wie das Grand National. Bei dem Rennen gehen jede Menge Pferde und Reiter an den Start, aber man kann nie vorhersagen, wer von ihnen ins Ziel kommt. Und am Ende gibt es nur einen Gewinner. Um ehrlich zu sein, Sir, es ist noch nicht einmal ausgemacht, dass es ein englischer Gaul sein wird.«
George stellte fest, dass der Gefreite Matthews zustimmend nickte, während der Gefreite Rodgers mit gesenktem Kopf den Lauf seines Gewehrs mit einem öligen Lumpen reinigte.
»Nun, zumindest Sie gehen bald in Urlaub, Matthews«, sagte George und versuchte, die Unterhaltung von einem Thema abzulenken, das ihnen ständig in den Köpfen herumgeisterte.
»Ich kann es kaum abwarten, Sir«, sagte Matthews und drehte sich eine Zigarette.
»Was werden Sie als Erstes tun, sobald Sie zu Hause sind?«, fragte George.
»Meine Mieze vögeln«, sagte Matthews.
Perkins und Rodgers lachten schallend. »Klar, Matthews«, sagte George. »Und als Zweites?«
»Meine Stiefel ausziehen, Sir.«
***
7. Dezember 1916
Meine geliebte Ruth,
Deine Fotografie ist gerade mit der Morgenpost angekommen, und während ich diesen Brief in einem Schützengraben knapp außerhalb von ■■■ ■■■ schreibe, balanciert sie auf meinem Knie. »Ein echter Hingucker«, habe ich einen der Kameraden sagen hören, und ich stimme ihm zu. Es wird nicht mehr lange dauern, bis unser zweites Kind geboren wird, und mir wurde ein Sonderurlaub irgendwann innerhalb der nächsten drei Monate bewilligt. Falls ich es nicht zur Geburt nach Hause schaffe, so denke bitte nicht, nicht einmal für eine Sekunde, dass ich jemals nicht an Dich denken würde.
Ich bin jetzt seit vier Monaten an der Front, und die neuen Zweiten Lieutenants, die aus Blighty kommen, sehen mit jedem Tag jünger aus. Manche von ihnen behandeln mich, als sei ich ein alter Soldat. Sobald dieser Krieg vorbei ist, werde ich den Rest meiner Tage mit Dir auf The Holt verbringen.
Übrigens, wenn es ein Junge wird, lass ihn uns John nennen …
»Verzeihung, dass ich Sie unterbreche, Sir«, sagte Sergeant Davies, »aber wir haben da ein kleines Problem.«
George sprang sofort auf, denn noch nie zuvor hatte er dieses Wort aus Davies’ Mund gehört. »Was für ein Problem?«
»Wir haben den Kontakt zu den Kameraden auf dem Vorposten verloren.«
George wusste, dass der Audruck den Kontakt verloren Davies’ Weg war, ihm zu sagen, dass alle drei Männer getötet worden waren. »Was schlagen Sie vor, Sergeant?«, fragte er und dachte an Evans’ Ratschlag.
»Jemand muss da hin, Sir, und zwar fix, ehe die verdammten Hunnen uns über den Haufen rennen. Wenn ich einen Vorschlag machen dürfe, Sir …«
»Bitte, Sergeant.«
»Ich könnte Matthews und Perkins mitnehmen und sehen, was wir tun können,
Weitere Kostenlose Bücher