Berg der Legenden
auf dem Damm sein werde, und dass ich sogar wieder klettern kann, aber in der Zwischenzeit schicken sie mich nach Hause, damit ich mich erhole.
Ruth starrte aus dem Fenster auf die Hügel Surreys in der Ferne und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Es dauerte einige Zeit, ehe sie sich wieder Georges Brief widmete.
Traurigerweise sind Sergeant Davies und Corporal Perkins beim selben Angriff gefallen. Zwei gute Männer, wie so viele ihrer Kameraden. Ich hoffe, Du vergibst mir, Liebes, aber ich hatte das Gefühl, zunächst ihren Frauen ein paar Zeilen schreiben zu müssen, ehe ich Dir schreibe.
Begonnen hatte es damit, dass Sergeant Davies mir sagte, wir hätten ein Problem …
***
»Ich werde empfehlen, Sie in den nächsten Tagen zu entlassen und zurück nach Blighty zu schicken, Mallory, bis Sie vollständig wiederhergestellt sind.«
»Danke, Doc«, sagte George vergnügt.
»Danken Sie mir nicht, alter Knabe. Um ehrlich zu sein, ich brauche das Bett. Wenn Sie so weit sind, dass Sie zurückkommen können, ist dieser verdammte Krieg mit ein wenig Glück vorbei.«
»Hoffen wir es«, sagte George und sah sich in dem großen Zelt um, das voller tapferer Männer war, deren Leben nie wieder dasselbe sein würde. »Übrigens«, fügte der Arzt hinzu, »ein gewisser Gefreiter Rodgers hat heute Morgen hereingeschaut. Er meinte, das hier würde Ihnen gehören.«
»Und ob«, sagte George und nahm die Fotografie von Ruth entgegen, von der er geglaubt hatte, er würde sie nie wieder sehen.
»Sie ist ein echter Hingucker«, sinnierte der Arzt.
»Nicht Sie auch noch«, grinste George.
»Ach, und Sie haben Besuch. Wollen Sie ihn empfangen?«
»Ja, ich würde Rodgers gerne sehen«, sagte George.
»Nicht Rodgers, ein gewisser Captain Geoffrey Young.«
»Oh, ich bin nicht sicher, ob ich dem gewachsen bin«, sagte George, ein breites Lächeln im Gesicht.
Eine Krankenschwester schüttelte Georges Kissen auf und stopfte es ihm in den Rücken, während er auf den großen Bergsteiger wartete. Geoffrey Young würde nie etwas anderes für ihn sein. Als Young jedoch ins Zelt gehumpelt kam, verwandelte sich sein einladendes Lächeln in ein Stirnrunzeln.
»Mein lieber George«, sagte Young. »Ich bin sofort gekommen, sobald ich es gehört habe. Es ist einer der Vorteile beim Sanitätsdienst, dass man stets weiß, wo jeder ist und was er im Schilde führt.« Young zog sich einen kleinen Holzstuhl heran, der früher einmal in einem französischen Klassenzimmer gestanden haben musste, und setzte sich neben George ans Bett. »So viele Neuigkeiten, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Warum fangen Sie nicht mit Ruth an. Hatten Sie die Möglichkeit, sie auf Ihrem letzten Heimaturlaub zu besuchen?«
»Ja. Ich habe auf dem Rückweg nach Dover in The Holt vorbeigeschaut.«
»Und, wie geht es ihr?«, fragte George und versuchte, nicht zu ungeduldig zu klingen.
»So schön wie eh und je, und sie schien sich wieder vollkommen erholt zu haben.«
»Wieder erholt?«, fragte George besorgt.
»Von der Geburt Ihres zweiten Kindes«, sagte Young.
»Mein zweites Kind?«, sagte George.
»Sagen Sie bloß, dass niemand Ihnen erzählt hat, dass Sie der stolze Vater eines …« Er hielt inne. »Ich glaube, es ist ein Mädchen.«
George schickte ein stummes Gebet an einen Gott, an den er nicht glaubte. »Und wie geht es ihr?«, wollte er wissen.
»Gut, wie mir schien«, sagte Young. »Aber um ehrlich zu sein, konnte ich noch nie ein Baby vom anderen unterscheiden.«
»Welche Farbe haben ihre Augen?«
»Keine Ahnung, alter Knabe.«
»Und ihr Haar, ist es blond und dunkel?«
»Irgendetwas dazwischen, glaube ich, obwohl ich mich auch irren könnte.«
»Sie sind ein hoffnungsloser Fall. Hat Ruth sich schon für einen Namen entschieden?«
»Ich hatte das scheußliche Gefühl, dass Sie mich das fragen würden.«
»Könnte es Elizabeth sein?«
»Ich glaube nicht. Eher etwas Ungewöhnliches. Es wird mir gleich einfallen.«
George lachte schallend. »Da spricht der wahre Junggeselle.«
»Nun, Sie werden es schon noch früh genug selbst herausfinden«, sagte Young. »Der Doc erzählte mir, dass er Sie nach Hause schickt. Sie haben mehr als genug getan, um Ihr Gewissen zu beruhigen, und es gibt gewiss keinen Grund, die Wetten gegen Sie in die Höhe zu treiben.«
George dachte an einen toten Corporal, der Young wohl zugestimmt hätte.
»Was gibt es sonst an Neuigkeiten?«, fragte George.
»Ein paar gute, ein paar
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