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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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die Fische hinter den Turmalinfrachtern her waren. Der braune Tang löste sich nicht von dem Schiffskörper. Wellen schlugen ihn nicht ab. Wenn Eisschollen eben einen Teil des Bugs glatt gescheuert hatten, so hingen fast im Augenblick, wie magnetisch gezogen, fast wie aus dem Schiffe sprießend, neue Tangbüschel an seinem schweren Rumpf. Die Turmalinfrachter zogen den Tang wie Barthaare hinter sich. Bei langsamer Fahrt waren die Schiffsleiber von den braunen grünlichen nassen Büscheln ungeheuer umwallt. Die Schrauben schmetterten und schlugen sich ihre Drehflächen frei; aber in den langen Schraubentunnel wucherten die Pflanzen ein, tauchten in den dunklen engen Kanal am Boden der gewaltigen Fahrzeuge, umwanden die schweren glatten rollenden Metallbalken. Die Männer mußten herunter in die eisigen Räume, mit Haken und Messern die bunten Büschel abziehen, die im Begriff waren, das Schiff zu ersticken. Sie brachten zum Erstaunen der Besatzungen den schweren Pflanzenfilz herauf. Es waren nicht die gallertigen Gebilde der zierlichen Algen, die auf den Wellen unter ihnen schaukelten, wiesenartig dicht beieinander, das Meer olivgrün färbend. Sondern armdick quellende Sträucher, vielfach verästelt, mit zollangen scharfgezähnten Blättern; apfelgroße Beeren trieben sie, die ihnen als Schwimmblasen dienten; wie Köpfe erhoben sie sie. Reinigungskommandos traten auf allen Frachtern in Tätigkeit. Mit Besen mußten sie die Algenbüschel von den Treppen herunterstoßen; mit Stöcken schlugen sie sie vom Gestänge ab. Um die Turmalinfrachter, als wären sie durch Signale, durch einen Ton, einen Geruch bezeichnet, schwammen Wale. In wellenförmigem Auf- und Absteigen begleiteten sie die großen Frachter, drängten sich blind durch die Wachschiffe. Man sah sie mit offenem Rachen schwimmen, von den rasch stoßenden Schwanzflossen getrieben. Sensenförmig gebogene lange schmale Zähne standen zu Hunderten honiggelb auf den großen Kiefern; das Wasser quoll zwischen den Zähnen in den Schlund; wurde in Springbrunnen weiß aus den Nasenlöchern auf den schwarzen Scheitel gespritzt. Das Gewimmel der glänzenden dunklen Rücken, die hohen Wasserstrahlen. Die scheuen Tiere fuhren wie verbissen hinter den Transportern her. Als die Begleitschiffe Boote gegen sie aussetzten mit Harpunen, die sie sich zur Unterhaltung anfertigten, wichen die Tiere aus. Wie man ihnen aber den Weg hinter den Frachtern verstellte, gingen sie schwanzschlagend mit Zorn auf die Boote los. Die Lichtanlagen und der Verständigungsdienst von den Frachtern wurde in diesen Tagen schwächer. Die Ingenieure erkannten, daß die Vulkanschiffe die Störung in sich selbst tragen mußten. Keine Hitze strömten die Berge der Steinschleier aus. Man beging die Hallen, durch deren ganze Weite die Schleier ausgespannt waren. Die ölige Isolierung war nirgends durchbrochen. Es waren andere Substanzen, unbekannte, die ausgeströmt wurden. Düster brannten nachts die Vulkanschiffe, hinter einem Nebel fuhren sie; die Lampen zuckten erloschen zu manchen Stunden. Da gaben die Führer, in Unruhe geratend, die Weisung, das ziellose Kreuzen zu beenden, alles bereit zu halten, den Angriff auf Grönland vorzunehmen.
    Die Vulkanschiffe aber, schwer sich durch die Eiswüste wälzend, waren von einem Zauber berührt. Sie fuhren, als wollten sie im Eis versinken. Eine Nacht langsamer Fahrt genügte, um die Schiffe wie mit Tauen an das Meer zu fesseln. Der schwimmende abgerissene sterbende Tang wuchs auf, trieb neue Stiele und Blätter. Die Kanten der Eisschollen waren mit den Algenvölkern überzogen, die sich an die Schiffsleiber mit langen Stengeln, palmblattartigen Organen hefteten und die Schiffe mit dem Eis verklammerten. Mit Brennen und Sprengen wurden die Frachter freigemacht. Die Menschen auf den Schiffen selbst und in ihrer Nähe wurden eigentümlich mitgenommen. Nur für wenige Tage konnten Menschen zu den Turmalinfrachtern abkommandiert werden. Nach kaum einem Tag gingen sie in einer Müdigkeit herum, die zwangsartig war und die sie vergeblich durch Bewegungen Waschen von sich entfernten. Wie Opiumraucher setzten sie sich hierhin, dorthin, taten mühselig ihre Arbeit. Es wurde ihnen schwer das Gesicht zu bewegen. Mit diesem maskenartigen Ausdruck brach der Zustand aus. Dabei war ihr Inneres süß bewegt; sie blickten oft zwischen den Leitern Türen hindurch die Wände Decken, den Himmel an, sahen Landschaften, in denen sich Bäume überpurzelten, die Wolken sich lang

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