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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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auszogen, warm heruntertropften, ihnen auf die Brust, die Lippen; sie leckten, schluckten. Ein heftiges bald unbezwingbares Liebesempfinden durchlief sie. Die Männer zitterten im Frost der Erregung, die Frauen schüttelten sich, gingen zuckend langsam. Jedes Glied an ihnen war mit Wollust geladen, jede Bewegung brachte sie dem ausbrechenden Taumel näher. Sie umschlangen sich, und wenn sie ihre Leiber vermischt hatten und voneinander ließen, waren sie ungesättigt. Sie küßten und umarmten Seile, rieben und schlugen Arme und Beine, den Rumpf an Treppenstufen. Über Bord ragten die mächtigen Algenstiele; die zogen sie her, zu denen fühlten sie Verlangen. Das wonnige Wimmern, das ratlose Seufzen, angstvolle Stöhnen der Nichtzuberuhigenden. Dann lachten sie wieder, ließen sich und die Dinge los, taten dämmernd eine Arbeit. Aber der Speichel lief ihnen aus dem Mund, es drehte so weich hinter ihren Stirnen; sie warfen die Köpfe in den Nacken. Man mußte beim Fortgang der Eisfahrt schon am Ende des zweiten Tages die Menschen von Bord reißen. Alle entbehrlichen Kräfte wurden von den Vulkanschiffen genommen. Die Flotten stürmten durch den Ozean ihren Bestimmungsorten zu.
    Jetzt sah man schon nachts mit bloßen Augen, was in den Riesengebäuden der Vulkanfrachter lag. Wenn die Sonne versank, Lichter auf den andern Schiffen aufflammten, fuhren die Hekla Leirhukr Dyngja Katla Myvatn, als wären sie, auf denen keine Lampe brannte, in ein dünnes Licht gehüllt. Man konnte die Schiffe im schwarzen Wasser im ganzen Umfang bis zum Kiel herab erkennen; Schrauben Masten Seile, die andrängenden Pflanzenmassen zitterten ein feines weißes Licht. Von Stunde zu Stunde wuchs die Intensität des Hauches. Im Finstern sah man, daß das Wasser viele Meter um die Schiffe leuchtete. Weiter und weiter entfernten sich die Menschentransporte und Begleitschiffe von den schwimmenden Speichern; nur für Stunden wagten sich kleine Mannschaften herüber. Ein Schrecken hatte alle befallen. Sie lagen zerknirscht auf den Schiffen herum. Was sollten sie tun? Was sollte man tun mit den schrecklichen Vulkanhallen, die man hinter sich herzog, die wie Ungeheuer über sie herwuchsen. Keiner dachte mehr an Sprengung. Die Führer wurden angefleht, die Turmalinhallen in das hohe Eis hinaufzuführen und dann zu fliehen. Aber was würde geschehen mit den Schleiern. Die Speicher konnten lostauen, ins Meer nach Süden getrieben werden, ihre Isolierung konnte zerbrechen; sie konnten als furchtbare Flammen- und Strahlenwesen gegen die Kontinente vorgehen. Man mußte sich ihrer entledigen, aber man konnte nicht fliehen. Nach Grönland. Und die Führer und Besatzungen zitterten, was geschehen würde, wie es verlaufen würde. Man fuhr. Metallisch blitzten im Wasser die Scharen der Fische auf. Die Lachse blaugrau mit dunklen wedelnden Flossen. Der Schwarm der scheuen Makrelenhechte gefolgt von Thunen und aufspringenden jagenden Boniten. Es war, als wenn sich die Pflanzenwiesen vom Meeresboden hochhoben losrissen, an die Schiffskörper hingen. Mit ihrem lebenden Gewichte beschwerten sie die riesigen Turmalinfrachter. Die schienen nichts davon zu fühlen. Ihr Bug hob sich von Stunde zu Stunde höher aus dem spritzenden Ozeanwasser. In den Nächten liefen sie wie glühende Wesen über dem Wasser. Das Mittschiff folgte, das Achterschiff. Die Schiffe schienen sich bereit zu machen über den Ozean zu fliegen. In nicht ausdenkbarer Weise, ein Graus der begleitenden Menschenflotte, überragten die Vulkanklassen die anderen Schiffe. Mit Bug und Steven, entblößter Außenhaut, liefen sie ohne zu schwanken auf der Meeresoberfläche wie auf Schienen. Bald mußte der Kiel die Wasserlinie erreicht haben, die Schiffsschrauben leer in die Luft schlagen. Und wie sie bergig hoch über den andern in den Geschwadern rollten, begannen ihre Rümpfe zu torkeln. Wild und brünstig hoben sich die Schiffe an. Toben und Klatschen war um sie; die Maschinen in ihren Leibern arbeiteten; eine todesmutige alle Angst verbeißende Besatzung, stündlich wechselnd, hielt sie in Gang. Die seilartigen Stiele der Pflanzen, die sich über die Planken und Masten legten, rissen die fahrenden Schiffe entzwei. Die Eismassen, die sich an ihre Leiber schmiegten, sich mit ihnen verlöteten, schüttelten sie von sich. Kilometerweit um die Frachter stießen Vögel auf sie zu; sie fielen über die Gebäude her, setzten sich auf die kriechenden Algen, auf Stengeln Blättern an der Außenverschalung krabbelten

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