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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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kleinen Lucrezia, der Tochter des Spaniers. Er war beeindruckt, wie leichtfüßig sich das zehnjährige Mädchen in seinen Armen bewegte, wie hübsch sie mit ihren Engelslocken war, wie klug sie auch schon über die Philosophen sprach – und das sogar in Latein. Silvia Ruffini war zwar als Brautjungfer eingeladen worden, hatte aber aus gesundheitlichen Gründen, wie sie schrieb, nicht erscheinen können. Giulia bedauerte dies sehr, aber Alessandro war es recht. Und weil das Fest Giulia ganz in Anspruch nahm, sprachen die beiden nicht darüber.
    Ein halbes Jahr später, zur Zeit des Karnevals, lud Adriana del Mila zu einem großen Maskenfest in ihren Palazzo in Rom ein. Natürlich seien die Familien Borgia und Farnese-Caetani anwesend, teilte sie mit. Die Orsini schickten nur eine kleine Delegation, ihr gespanntes Verhältnis zu den Borgia war stadtbekannt, und sie konnten es offensichtlich noch nicht einmal bei einem Anlaß vergessen, bei dem Lebensfreude im Vordergrund stand. Alessandro erkannte unter den vielen Masken auch schnell Accurse Maynier, der zum Gefolge der Borgia gehörte und sich Alessandro lächelnd als ihr geheimer Zeremonienmeister »für spezielle Aufgaben« präsentierte. »Ich habe in Rom tatsächlich eine Nische gefunden«, erklärte er, während er seine Maske kurz abnahm, und Alessandro gratulierte ihm.
    »Täglich gehe ich mit schönen Frauen um. Falls du mal eine benötigst, laß es mich wissen. Ich vermittle nur erste Ware. Oder wenn du für ein Fest weibliche Ausstattung brauchst – ich werde dir behilflich sein.« Accurse ließ seinen provençalischen Akzent verstärkt hervortreten und lächelte gewinnend.
    Alessandro dankte ihm und begrüßte dann Giovanni Crispo, der sich als Paris verkleidet hatte. Alessandro vermißte die Helena an seiner Seite, und er konnte sie auch nicht bei den jungen Frauen, die sich in den hell erleuchteten Saal drängelten, erspähen. Sie stellten zwar ihre schönen Rundungen aus, verbargen aber ihr Antlitz. Ein unförmig fetter Mann fiel Alessandro auf. Er hatte sich als türkischer Sultan verkleidet. An seiner Seite schmiegte sich eine kaum weniger fette Kaiserin von Byzanz, die immer wieder kreischend auflachte, wenn der Sultan ihr etwas zuflüsterte. Plötzlich mischten sich auch griechische Nymphen unters Volk, die um ihre reizvollsten Körperteile nur leichte Seidenschleier schwenkten. Alessandro verlor jeglichen Überblick in dem Gewimmel von Menschen, und als eine der kärglich verschleierten, gut duftenden Nymphen ihm zuflüsterte: »Odysseus, ich bin deine Circe, soll ich dich verzaubern?«, erschrak er und glaubte, gerade von Rosella angesprochen worden zu sein.
    Aber schon tauchte sie im Tanz der Schleier und Masken unter, und er fragte sich, ob Silvia anwesend sei. Er versuchte, sich zu Adriana del Mila durchzukämpfen, doch unter der Anzahl der wogenden JunoVerkleidungen erkannte er sie nicht wieder.
    Erst als das Festmahl aufgetragen wurde, lockerten sich die Masken, und wer seinen Appetit stillen wollte, mußte sein Gesicht, zumindest teilweise, entblößen. Die Gäste stürzten sich auf die Wachteln und Rebhühner, Kapaune und Tauben, Kanarienvögel und Junggänse. An einem anderen Tisch standen Aalpasteten bereit sowie Neunaugen in versilberter Sülze, schwarze Forellen und Störe. Dazu wurden Zitronenkompott, Gemüsekuchen, frische Mandeln, eingelegte Früchte und Marzipankonfekt gereicht. Leichter Weißwein aus Frascati mußte helfen, die Speisen herunterzuspülen, aber auch Malvasier, Zimtwasser und nicht zuletzt eine Auswahl von Branntweinen. Zwischen den Speisen überall parfümiertes Wasser zum Reinigen der Finger.
    Schon nach kurzer Zeit sahen die Holztische mit ihren Damastdecken wie Schlachtfelder aus. Die ersten Gäste mußten sich übergeben, und auch die Wirkung des Branntweins war zu beobachten. Alessandro hielt sich im Trinken zurück, aß wenig und versuchte herauszufinden, ob er in dem Gedränge Silvia entdecken könne. Noch immer gab es Gäste, die ihre Maske nicht lockerten, die sich nur kurz ein Stück Marzipan oder ein gepfeffertes Ei in den Mund steckten.
    Die Musik wurde lauter, die ersten Tänzer holten sich eine Partnerin zur einleitenden Passagiata. Bei der Pavane und Pavaniglia hielt man sich nicht lange auf, die Pfeifen schrillten, die Trommeln schlugen schnellere Rhythmen, und schon wurde zur Tordiglione und zum Tamburin laut lachend gehüpft und geschwenkt.
    Alessandro geleitete seine Schwester Giulia zum Tanz.

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