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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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tatsächlich von der ursprünglichen Einheit der Liebenden, von der Sehnsucht nach neuerlicher Vereinigung dessen, was ein eifersüchtiger Gott getrennt, was von Natur aus aber eins war?
    Alessandro fiel in einen Schlaf, der seine Gedanken fortspann und mit Bildern füllte. Zwischendurch wachte er immer wieder auf und erinnerte sich an die Brücke der Engel, die er vor sich gesehen hatte und über die er mit vorgestreckten Armen gerannt war, an den Ponte Vecchio und die Frau, die mit ihrem Kind in den Fluten herantrieb und unter ihm in die Tiefe gerissen wurde. Er sah sich zwischen Silvias Beinen liegen, auf einem Seidenkleid, zurückgelehnt, und Angelo, sein Bruder, stand dabei und lächelte. Giulia stieß ihn den Sirenenfelsen hinab, und Wellen über Wellen, die von der Tramontana hochgepeitscht worden waren, ergossen sich über ihn. Weit oben im Himmel schwebte eine Taube, aber bei näherem Hinsehen entpuppte sie sich als Adler, der sich hoch in die Milchstraße schwang.
    Immer wieder mußte er solche Traumfetzen erinnern. Es war quälend. Einmal erschien sogar sein Vater, winkte ihm, wies dann auf sein Zeugungsinstrument, und schweißnaß wachte er auf, wußte lange nicht, ob er nun geträumt hatte oder ob sein Vater wirklich in sein Zimmer getreten war.
    Als der graue Morgen dämmerte, stand Alessandro auf. Unerkannt in einfacher Kleidung besuchte er die Frühmesse. Wieder grübelte er über die Liebe nach, auch über die so schwer zu verstehende Gottesliebe, und versank in Gedanken an Silvia. Silvia war fern, und dennoch liebte er sie. Gott war ebenfalls fern, und doch mußte es ihm gelingen, die Ferne, das Vergessen, die Zweifel zu überbrücken. Gott war für ihn die Brücke zur Welt. Aber er brauchte etwas, was er über diese Brücke tragen konnte. Hinter ihm gähnte die Leere. Am Rand stand seine Mutter. Ihr gegenüber seine Schwester. Kinder mußten mit ihm über die Brücke gehen. Lasset die Kindlein zu mir kommen , denn ihrer ist das Reich Gottes . Und was erwartete sie auf der anderen Seite der Brücke? Was erwartete ihn?
    Grübelnd ging er nach Hause, zog sich um und ritt in den Vatikan.
    Als er dort Accurse Maynier traf, hellte sich sein Gesicht auf. Accurse wirkte hektisch und sah nicht danach aus, als könne er jetzt mit ihm über die Liebe philosophieren. Er überbrachte ihm statt dessen die Einladung zu einem großen Fest, das Vannozza Cattanei, die alte Geliebte des Papstes und die Mutter seiner Lieblingskinder, in ihrem Palazzo ausrichtete. Zu diesem Fest wurde jeder, der im Vatikan Rang und Namen hatte, erwartet, dazu der hohe römische Adel, falls er nicht gerade in Ungnade gefallen war.
    »Deine Schwester«, so flüsterte ihm Accurse zu, »wurde nicht eingeladen.«
    »Natürlich nicht«, antwortete Alessandro und zuckte mit den Achseln. »Sie wird kaum Wert darauf legen.«
    Leider gehörte aber auch Silvia mit ihrem Mann Giovanni nicht zu dem Kreis der Gäste, mußte Alessandro feststellen, als er im Palazzo der Cattanei eintraf und mit der Lässigkeit eines Schauspielers die Dame des Hauses, den Heiligen Vater und die gemeinsamen vier Kinder begrüßte. Mit großer Selbstverständlichkeit trug der Papst seine weiße Robe und gab sich gleichzeitig als Familienvater. Die vier Kinder glänzten in Schönheit und Goldschmuck. Die Mutter in Reife und einem schweren Brokatkleid, mit einem Diadem auf dem Kopf, das Alessandro bekannt vorkam. War es nicht das Diadem, das der Papst Giulia geschenkt und das er, um den Umbau seines Palazzos zu finanzieren, verkauft hatte?
    Die Familie hatte sich huldvoll aufgereiht wie eine Königsfamilie. Neben dem Vater und Vannozza standen Juan auf der einen und Lucrezia auf der anderen Seite. Ihr folgte der junge Jofrè mit Sancia, seiner spanischen Frau, und am Rande stand Cesare in Kardinalskleidung. Er war der einzige, der grimmig dreinschaute.
    Alessandro begrüßte ihn als letzten, und weil ihn ein Anflug von Mitleid erfaßte darüber, daß der erfolgsgewöhnte Cesare so an den Rand gedrängt wirkte, schlug er ihn freundschaftlich auf die Brust und flüsterte ihm zu: » Aut Caesar aut nihil? «
    Cesares Körper spannte sich wie der Körper eines Löwen, der sich angegriffen fühlt. Seine Augen wurden schmal. Aber Alessandro lächelte ihn offen und gewinnend an. Cesare verlor die geduckte Anspannung, schlug ihn ebenfalls auf die Brust und sagte dann so laut, daß die Umstehenden ihn verstehen mußten: »Genau, aut Caesar aut nihil .« Etwas leiser fügte er an:

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