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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Robe zum Papstpalast eilen. Und je länger der Tag fortschritt, desto aufgeregter gebärdete sich der Hofstaat des Heiligen Vaters.
    Am übernächsten Tag wurde Juan Borgia, der Herzog von Gandia, tot aus dem Tiber gezogen. Er trug noch seine Kleidung, sogar seine Dukaten hatte er bei sich. Aber zehn Dolchstiche hatten ihn ins Jenseits befördert.
    Sein Vater wollte zuerst nicht glauben, was geschehen war. Dann jammerte und wehklagte er, aß drei Tage nichts, und man befürchtete schon, er würde seinem Lieblingssohn nachfolgen. Gleichzeitig wurden heftige Nachforschungen angestellt und manche Teilnehmer des großen Festes verdächtigt. Alessandro befand sich ungewollt in einem hektischen Durcheinander von Geschrei und heimlichem Flüstern. Es war, als löse sich der päpstliche Hofstaat auf, als würde bald jeder über jeden herfallen.
    Alessandro traf sich während dieser Tage mehrfach mit Accurse, der den Leichnam hergerichtet hatte und der auch bei den Vernehmungen der Zeugen anwesend war. Er hatte den Papst über die Untersuchungen informieren müssen und konnte beobachten, wie der Verdacht auf die Familie Orsini fiel, dann auf einen der päpstlichen Offiziere, den Juan beleidigt hatte. Immer mehr Namen wurden gehandelt, schließlich auch Kurtisanen, denen Juan vielleicht Geld schuldete oder die er gekränkt hatte. Der Papst selbst sprach in ungewohnter Schuldzerknirschung von göttlicher Strafe für seine Sünden, versprach, Buße zu tun, eine Reform der Kirche einzuleiten und dem weltlichen Leben abzuschwören. Das Liebste sei ihm genommen, und niemand könne ihm diesen Verlust ersetzen.
    Plötzlich breitete sich ein seltsames Schweigen im Vatikan aus. Wer gestern noch eine Reihe von Verdächtigungen ausgesprochen hatte, schüttelte heute nur noch abwägend den Kopf und enthielt sich jeglicher Äußerung. Aber jeder wußte, daß ein neuer alter Verdacht nicht mehr von der Hand zu weisen war. Dieser Verdacht richtete sich gegen einen Mann aus der allernächsten Umgebung des Toten. Niemand wagte seinen Namen zu nennen, am wenigsten der Papst, der plötzlich kein Interesse mehr an der Aufklärung des Verbrechens zeigte und sich in geheimnisvollen Andeutungen erging.
    Eine Weile wurde viel gebetet, gebeichtet und von Buße gesprochen. Der Heilige Vater beauftragte eine Gruppe von Kardinälen, darunter auch Alessandro Farnese, die schädlichen Auswüchse im kirchlichen Leben zu benennen und zu untersuchen sowie Vorschläge zu ihrer Eindämmung zu erarbeiten. Dann war er nur noch für seine engsten Vertrauten zu sprechen. Lucrezia Borgia zog sich in das Kloster von San Sisto zurück. Der Palazzo der Vannozza Cattanei blieb verschlossen. Giulia wurde der Zutritt zum Vatikan verwehrt. Cesare Borgia reiste als Leiter einer offiziellen Abordnung nach Neapel, wurde von seinem Vater jedoch nicht verabschiedet. Als er zurückkam, wurde er, so trugen es die ausgestreuten Gerüchte bis in den hintersten Winkel von Rom, von seinem Vater gar nicht oder nur sehr kühl und knapp begrüßt.
    Langsam begann Gras über den Mord zu wachsen. Jedem in Italien und an den europäischen Höfen war klar, wen der schwerwiegende Verdacht meinte, und die Geschichte von Kain und Abel wurde häufig zitiert. In Rom selbst sprach niemand den Verdacht laut aus. Denn niemand wollte wie der Herzog von Gandia aus dem Tiber gefischt werden.
    Der Mann mit der Maske wurde nie gefunden.
    Plötzlich erhielt Accurse Maynier den Auftrag, als Vize-Legat nach Venedig zu gehen. Begründungen, warum er nicht mehr der Geheime Zeremonienmeister Seiner Heiligkeit sein dürfe, erhielt er nicht. Welche Aufgabe ihn in Venedig erwartete, wußte er ebenfalls nicht. Mit einem schmerzlichen Lächeln verabschiedete er sich von Alessandro, gab allerdings keine Kommentare ab, da er in Begleitung war.
    Monate später erhielt Alessandro von Ugo, der inzwischen apostolischer Skriptor geworden war, die Nachricht, Accurse müsse Venedig verlassen und nach Avignon gehen; er habe eine Baronie im päpstlichen Comtat, am Fuße des Luberon, erhalten und werde nicht mehr nach Rom zurückkehren. Einige Tage später verriet Ugo bei einem Treffen in Alessandros Palazzo, Accurse sollte endgültig kaltgestellt und abgeschoben werden und sei von ihm heimlich auf die Belehnungsliste gesetzt worden. Es sei gelungen, den Papst zu überlisten, aber die Fälschung habe nicht lange unentdeckt bleiben können, und nun müsse auch er Rom verlassen. Als einfacher Skriptor sei er ebenfalls nach

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