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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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aufgesprungen, warf seinen Umhang auf die zweite Schlange und wollte sich auf die Rachegöttin stürzen. Doch nun wurde der Tumult noch größer. Der Altar wurde umgestoßen, der Minotaurus lag bewegungslos am Boden, die jungen Mädchen drängten sich zwischen Cesare und ihre Herrin. Aufgeregt eilte der Gastgeber herbei, die eingekeilten Zuschauer stießen nach allen Seiten, die hinteren wollten auch etwas sehen und schoben sich vor – das Durcheinander war vollkommen.
    »Wer sich dem Satan verschreibt, wird durch den Satan umkommen«, rief eine dumpfe Stimme. Eine andere rief: »Eure Stunde ist abgelaufen.«
    Cesare winkte hektisch Michelotto herbei und schrie nach einer Waffe.
    Adriano Castellesi, der Gastgeber, stürzte künstlich lachend auf den Papst zu. »Das ist alles nur Theater, Eure Heiligkeit, zu Eurer Unterhaltung und Aufheiterung, Ihr werdet doch nicht etwa ernst nehmen, was hier geschieht … Schluß, Schluß jetzt!« Er winkte den noch immer herumtanzenden Mädchen zu, den Raum zu verlassen. Die Schlangengöttin war verschwunden.
    Alessandro sah noch die Schlangen über den Boden kriechen, Cesare schlug auf die nun auch ihn umtanzenden Mädchen ein, sie wichen ihm aber geschickt aus. Plötzlich wurde Alessandro von mehreren weichen Händen zur Seite gezogen, und eine junge Stimme flüsterte ihm zu: »Folgt mir! Nur heraus hier! Ich werde Euch in Sicherheit bringen!«
    Das letzte, was er erblickte, waren die vor Raserei blinden Augen Cesares, die sich auf ihn hefteten.
61. K APITEL
    In Rom herrschte Aufruhr. Silvia befahl, die Hintereingänge und das Hauptportal ihres Palazzos verschlossen zu halten und möglichst das Haus nicht zu verlassen. Vom Balkon aus beobachtete sie, wie die Menschen aufgeregt gestikulierend miteinander sprachen, wie gelegentlich sogar kleine Trupps Bewaffneter unter »Colonna-Colonna«-Geschrei durch die Straßen rannten. In der Ferne hörte man Waffengeklirr, und Wasserträger, Wäscherinnen und Straßenhändler flohen an ihrem Palazzo vorbei.
    Der Aufruhr konnte nur bedeuten, daß der Papst gestorben war. Zu Zeiten der Sedisvakanz herrschte in Rom immer Anarchie. Alte Rechnungen wurden beglichen, die Anzahl der Morde schnellte in die Höhe, und die Rivalitäten zwischen den traditionell verfeindeten Adelsgeschlechtern entluden sich in blutigen Kämpfen. All dies wurde erleichtert durch die allgemeine Amnestie, die ein neugewählter Pontifex regelmäßig gewährte, wenn er den Stuhl Petri bestieg.
    Silvia, inzwischen hochschwanger, suchte Rosella auf, die in düsterer Ruhe zwischen Rauchschwaden von getrocknetem Bilsenkraut und Stechapfelblättern hockte und kaum aufsah, als ihre Herrin in das Zimmer trat.
    »Sie werden sterben«, sagte sie nur.
    »Wer wird sterben?« fuhr sie Silvia ärgerlich an. »Der Papst und sein Sohn. Die Geister der von ihnen Ermordeten, Entrechteten und Erniedrigten werden über sie kommen.«
    »Und was ist mit Alessandro?« fragte Silvia in plötzlicher Angst. »Warum läßt er sich nicht blicken? Gerade in diesen Tagen … Er könnte … Weißt du etwas?«
    »Ich sehe ihn nicht mehr«, murmelte Rosella. »Ich sehe ihn auch nicht«, schrie Silvia, nun plötzlich wütend über Rosella, die in ihrer hexenhaften Häßlichkeit einäugig auf eine Seite mit seltsamen Zeichnungen und Formeln starrte, benebelt vom Gestank der glimmenden Blätter. Sobald Rosella Auskunft geben mußte über ein Geschehen, das man nicht erraten konnte, zog sie sich in vernebelte Nichtigkeiten zurück. Seit Wochen war sie nun schon nicht mehr ansprechbar. Eine Weile hatte im Haus ein seltsames Kommen und Gehen insbesondere von jungen Mädchen geherrscht, Rosellas Bruder war aufgetaucht, und dann war Rosella einen Tag lang bis tief in die Nacht hinein verschwunden.
    Silvia verließ sie, schlug die Tür hinter sich zu und beauftragte kurzerhand einen Stallknecht, trotz der Unsicherheiten auf der Straße, zum Palazzo des Kardinals Farnese zu gehen und ihm eine kurze Nachricht zu überbringen. Der Stallknecht kehrte nach einigen Stunden unbehelligt wieder zurück, allerdings in Begleitung eines alten Mannes, der ihn vor dem Palazzo Farnese angesprochen hatte. Umständlich legte der Stallknecht dar, daß er die Nachricht zwar habe übergeben können, daß aber der Herr Kardinal nicht zu Hause gewesen sei, sich wahrscheinlich gar nicht in Rom aufhalte. Tatsächlich liege der Papst im Sterben, und auch sein Sohn Cesare, der Herzog von Valence, kämpfe ums Überleben. Sie seien

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