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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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hatte mir ausgerechnet, dass vielleicht doch ein paar sofort anbeißen. Dann hätte ich ja direkt nachliefern müssen.«
    »Wie viele pro Geschäft?«
    »Hundert.«
    »Das heißt, du hast es nur mit zehn Geschäften probiert? Wie viele haben denn da angebissen? Lass mich raten. Gar keiner.«
    Er nickte.
    »Was ist mit den Restbeständen passiert?«
    Er hob die Schultern. »Weggeschmissen.«
    »In den Müll?«
    »Ja.« Er trank noch mal kräftig an seinem Bier. Dann war die Flasche leer, und er stellte sie zu den anderen auf den Tisch.
    »Und es gibt keinen einzigen mehr?«
    »Nein.«
    »Die Dinger sind also hier zusammengebaut worden, dann wurde jeweils eins an die Kunden mit dem Anschreiben verschickt, und danach haben sie dieses Gelände nicht verlassen?«
    »Doch, als ich sie weggefahren habe.« Er stieß laut auf.
    »Zu einer Müllkippe?«
    »Klar.«
    »Wohin hast du die Dinger gefahren?«
    »Ich weiß es nicht mehr.«
    »Du weißt es nicht mehr? Wie viele Möglichkeiten gibt's denn?«
    »Keine Ahnung. Hau jetzt ab, ich weiß nichts mehr.« Er ging auf die Tür zu, aber ich war schneller und stellte mich ihm in den Weg.
    »Mach den Mund auf und sag mir, wo du die Dinger hingebracht hast.«
    »Ich habe da so ein Grundstück …«
    »Du meinst eine illegale Müllkippe.«
    »Na ja …«
    »Wo ist die?«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    »Hast du unseren Deal vergessen? Ich kriege Auskünfte, und dafür gehe ich nicht zur Polizei. Wo ist das Grundstück?«
    »Kann ich dir nicht erklären«, sagte er ärgerlich. »Zu kompliziert, da hinzufinden.« Er rülpste wieder laut, dass es in dem gekachelten Raum nur so hallte.
    »Das werde ich schon schaffen.«
    »Ich muss jetzt nach den Kanaken gucken«, sagte er.
    »Das trifft sich gut. Da komme ich mit. Übrigens - was sind das für Landsleute?«
    »Keine Ahnung. Polen, Albaner, was weiß ich?«
    Wir gingen zurück in die Halle. Als die Arbeiter Schritte hörten, wirkten sie plötzlich besonders fleißig. Dabei war ich sicher, dass während der Abwesenheit ihres Aufpassers die Disziplin deutlich nachgelassen hatte.
    Ehrlich inspizierte die fertig verpackte Ware. »Das muss schneller gehen«, herrschte er sie an. »Schneller, versteht ihr? Ach - ihr blöden Idioten versteht ja überhaupt nichts.«
    Ich begutachtete noch mal den Bus. Er hatte eine hellgraue Lackierung. Ich fragte mich, ob man nachts das Fahrzeug für einen weißen Lieferwagen halten konnte, aber das war wohl unwahrscheinlich. Ein Bus war ein Bus.
    Ich zeigte den Männern und Frauen das Foto von dem Kind. Ich hatte den Eindruck, dass sie sofort begriffen, was ich wollte. Aber sie schüttelten nur die Köpfe. Manche Frauen begutachteten das Bild sehr genau und machten ein besorgtes Gesicht. Wahrscheinlich stellten sie sich vor, was ihren Kindern im fremden Land alles zustoßen konnte.
    »Und hier ist wirklich ein solches Kind nicht gewesen?«, fragte ich Ehrlich, als wir durch den Gang nach draußen gingen. »Auch nicht, als die Herstellung dieser Hampelmänner lief?«
    »Kinder arbeiten bei mir nicht«, sagte er kategorisch.
    »Und es bringen auch keine Arbeiterinnen Kinder mit?«
    »Das gibt nur Ärger. Die Kinder quengeln rum, haben Hunger oder so was.«
    »Das klingt, als hättest du's schon mal versucht.«
    »Ganz am Anfang. Aber die Kinder waren viel kleiner. Fast noch Säuglinge.«
    »Gut«, sagte ich. »Wo ist das Grundstück mit der Müllkippe?«
    Die Straßen wurden schmal und schmäler, an den Ortseinfahrt standen keine großen gelben Schilder mehr, sondern kleine grüne, und die Namen waren Dümlinghausen, Deitenbach und Niederrengse.
    Ehrlich hatte auf eine Stelle weit östlich der Aggertalsperre getippt, die wie ein verwackeltes dickes, blaues V in der Mitte der Karte lag - eingebettet in das Grün, das Wald darstellte, und ein paar kleine rosa Ansammlungen, die Besiedlungen markierten.
    Irgendwo hinter einem Dörfchen namens Lieberhausen, das laut Karte noch ein Stadtteil von Gummersbach war, aber wie eine Insel in der Landschaft schwamm, nahm ich die breite gelbe Straße Richtung Süden und gelangte auf weiten Kurven durch ein kleines Tal. An einer T-Kreuzung bog ich rechts ab.
    »Danach gleich wieder links rauf«, hatte Ehrlich gesagt. »Und dann immer dem Waldweg nach. Wenn's nicht mehr weitergeht, bist du da.«     
    Ich folgte seiner Beschreibung. Der Golf knirschte über Schottersteine. Ich passierte ein Schild, das die Durchfahrt nur für Fahrzeuge des Forstbetriebes erlaubte, und dann

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