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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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testweise Gas. Der blaue Dunst, der im selben Rhythmus in einzelnen Stößen aus dem Auspuff kam, wanderte langsam nach oben. Der Krawall war fürchterlich.
    Gerade als ich auf den Mann zukam, startete er eine neue Testserie. Erst als ich näher kam, wurde er auf mich aufmerksam. Er kümmerte sich aber nicht um mich, sondern setzte die Knatterei fort.
    »Entschuldigung«, brüllte ich. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Ich war etwas irritiert, weil er ständig weitermachte, ohne zwischendurch irgendwas am Motor oder sonst wo zu verändern.
    »Könnten Sie bitte mal einen Moment das Ding ausmachen?«
    Er nickte, hörte aber trotzdem nicht auf und senkte den Kopf ein bisschen auf die eine Seite, als würde er dem Krach entnehmen wollen, was dem Motorrad fehlte.
    »Klingt irgendwie ungesund«, schrie ich.
    Er legte die Stirn in Falten und nickte wieder.
    »Die Zündkerzen?«, fragte ich, obwohl ich keine Ahnung von so was habe.
    Er zuckte mit den Schultern. Die Menschen im Bergischen Land sind wortkarg, habe ich mal gehört. Hier war ein lebender Beweis.
    Ich sah ihm noch eine Weile zu, dann würgte er den Motor ab. Die Stille war eine Wohltat.
    »Verdammt«, fluchte er und hob den Kopf. Sein Gesichtsausdruck wirkte erstaunt, als er mich ansah. Offenbar hatte er mich schon wieder vergessen.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe«, sagte ich.
    Er reagierte mit Kopfschütteln. Erst dachte ich, es sollte eine Geste auf meine Bemerkung sein, dann wurde mir klar, dass er sich über seine Mühle ärgerte. Er trat ein paarmal auf den Starter, das Knattergeräusch verreckte jedes Mal im Echo des Waldes. Schließlich ließ er es sein. Er bockte das Gefährt auf und ging in den Schuppen. Wahrscheinlich wollte er Werkzeug holen.
    »Haben Sie sich verfahren?«, rief er mir zu.
    Ich schüttelte den Kopf und holte die Unterlagen aus der Tasche. Als er mit einer Kiste aus blauem Metall zurückkehrte, hielt ich ihm das Foto des Mädchens hin.
    »Haben Sie dieses Kind hier in der Gegend mal gesehen?«, fragte ich.
    Er streifte das Blatt mit einem kurzen Blick, stellte den Werkzeugkasten ab und öffnete ihn.
    »Nein. Was ist damit?«
    »Es ist umgekommen. Bei einem Verkehrsunfall. Niemand weiß, wo das Mädchen herkommt.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Könnten Sie sich das Bild genauer ansehen?«
    Er blickte noch einmal missmutig auf das Blatt und schüttelte den Kopf. Er warf den Schraubenschlüssel, den er gerade hervorgeholt hatte, zurück in die Kiste und baute sich vor mir auf. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Mein Name ist Rott, und Sie heißen …?«
    »Broich.«
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen, Herr Broich. Ich bin Privatermittler und untersuche diesen Todesfall.«
    »Was?«
    »Am 25. April 2003 wurde in Solingen dieses Kind überfahren. Mitten in der Nacht. Niemand weiß, wer der Fahrer war, niemand weiß, wer die Eltern sind.«
    »In Solingen? Und was wollen Sie dann hier?«
    »Könnte es sein, dass das Mädchen von hier stammt?«
    Er seufzte und sah sich das Bild erneut an. »Glaube ich nicht.«
    »Haben Sie denn nichts darüber gehört? Ich meine, als es passiert ist.«
    »Nein.«
    »Es hat in allen Zeitungen gestanden. Es wurde im Radio und im Fernsehen darüber berichtet.«
    Er machte eine wegwerfende Geste. »Ach, was da alles los ist. Kann man ja gar nicht mehr mit ansehen.«
    Ohne mich weiter zu beachten, schlurfte er zurück in den Schuppen.
    »Hallo?«, rief jemand hinter mir.
    Ich drehte mich um. Die Stimme gehörte zu einer Frau, die unbemerkt näher gekommen war. Sie trug einen hellblauen Kittel und sah mich streng an.
    »Sind Sie Frau Broich?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Und wer sind Sie?«
    Ich ließ wieder mein Sprüchlein vom Privatermittler ab. Der Ehemann ließ sich nicht mehr blicken. Zum Glück kam er auch nicht auf die Idee, das Motorrad wieder anzuschmeißen.
    »Zeigen Sie mir mal das Foto.«
    Ich hielt ihr die Kopie hin. Sie musterte sie eingehend und schüttelte den Kopf. »Kinder gibt's viele«, sagte sie.
    »Auch hier in der Nähe?«
    »Klar. Aber es liegt ja alles so verstreut. Hören Sie sich mal in den Ortschaften um. Da gibt's natürlich jede Menge Familien.«
    »Wer sind denn hier Ihre direkten Nachbarn?«
    Sie hob die Schultern. »Eigentlich niemand. Das heißt…«
    »Ja?«
    »Auf der Ratnik-Hütte hat mal jemand gewohnt.«
    »Ist diese Hütte in der Nähe?«
    »Ziemlich. Zwei Kilometer von hier. Im Wald.«
    »Was meinen Sie damit, da hat jemand gewohnt? Eine Familie?«
    »Nicht so

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