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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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manche in altem Fachwerk, andere mit grauem Klinkerimitat beklebt.
    Vor einer breiten Einfahrt blieb ich stehen. Ein großes Holzschild am Zaun trug die gebeizte Aufschrift »Zimmerei Zichorius«. Auf der rechten Seite des Hofs duckte sich ein kleines Fachwerkhaus mit schmalem Vorgarten, auf der anderen gab es einen hohen Schuppen, in dem gewaltige Stapel von Holzbrettern lagerten. Als ich auf das Haus zuging, hörte ich von irgendwoher das Kreischen einer Kreissäge.
    Unter dem Briefkasten döste eine grau-weiß gemusterte Katze, die sich weder von dem Lärm noch von mir stören ließ. Ich klingelte, und kurz darauf öffnete eine unglaublich dicke Frau die Tür. Ihre Haare waren rot gefärbt, auf ihrem Pullover reihte sich eine Kette mit kastaniengroßen Holzperlen.
    Ich stellte mich vor und sagte, dass ich Herrn Zichorius sprechen wollte.
    Ihr Blick wurde skeptisch. Sie witterte offenbar, dass ich kein Kunde war. Vielleicht hielt sie mich für einen Finanzbeamten.
    »Der ist in der Werkstatt und muss gleich auf die Baustelle«, sagte die Frau. »Worum geht's denn?«
    »Es geht um einen Mitarbeiter der Zimmerei. Jonas Ratnik. Ich hätte da ein paar Fragen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Jonas? Der arbeitet längst nicht mehr hier. Ich glaube, der ist sogar ins Ausland gegangen. Da können wir Ihnen nicht helfen.« Sie schien erleichtert zu sein, mich abwimmeln zu können.     
    »Es wäre trotzdem nett, wenn ich mit Herrn Zichorius sprechen könnte. Es dauert nicht lange.«
    Die Säge schrie wieder herüber. »Sind Sie von der Polizei?«
    »Nein. Weder von der Polizei noch vom Gewerbeaufsichtsamt noch vom Finanzamt oder sonst einer Behörde. Sie können ganz beruhigt sein.« Eigentlich hatte ich der Bemerkung einen spaßigen Unterton geben wollen, aber das war mir wohl nicht so ganz gelungen. Bei der Aufzählung der Ämter wirkte die Frau nicht besonders erheitert.
    »Warten Sie bitte einen Moment«, sagte sie. »Ich frage mal, ob er eine Sekunde Zeit hat.«
    Für ihre Leibesfülle ging sie ziemlich behände in Richtung des Schuppens. Sie öffnete eine Tür mit Glasfenster, und die Säge, die in diesem Moment wieder zu hören war, kreischte deutlich lauter als vorher.
    Schließlich kam die Frau mit einem bärtigen Mann zurück. Er hatte eine Schutzbrille auf die Stirn geschoben. Sein rötliches Haar, sein rotkariertes Flanellhemd und auch die schwarze Zimmermannshose waren über und über mit Holzspänen bedeckt. Er gab mir die Hand. Sie war rau und hart.
    »Zichorius. Guten Tag. Was gibt's denn? Ich hab's ein bisschen eilig. Die Baustelle ruft.«
    »Nur ganz kurz.« Ich erklärte, dass ich Detektiv sei und Informationen über Jonas Ratnik brauche.
    »Der ist schon lange nicht mehr hier.« Er drehte sich zu seiner Frau. »Hast du das nicht gesagt?«
    »Doch, Herr Zichorius«, sagte ich. »Aber Sie haben Herrn Ratnik gekannt, und ich brauche Informationen über ihn. Kontakte. Bekannte und so was.«
    Er stemmte die Hände in die Hüften. »Ist ihm was passiert? Ist er tot?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er wird gesucht.«
    »Hat er etwas ausgefressen?«
    »Nein. Wir suchen ihn als Zeugen.« Ich zeigte wieder den Zeitungsausschnitt mit dem Foto des toten Kindes. Zichorius nahm das Blatt und überflog die Schlagzeile des Artikels. »Es kann sein, dass dieses Kind Ratniks Kind war«, erklärte ich.
    »Ratnik hat ein Kind? Das ist mir völlig neu.«
    »Wissen Sie, wo er sich aufhält?«
    »Er hat im Frühjahr aufgehört, bei mir zu arbeiten, und ist nach Kanada ausgewandert. Das wollte er schon immer. Es war sein Traum. In einer einsamen Hütte leben. Er hat's ja auch hier schon versucht. Er hat in der alten Jagdhütte von seinem Vater gehaust.«
    »Sind Sie mal in der Hütte gewesen?«
    »Nein. Das hätte er auch nicht zugelassen. Die Hütte war seine Burg. Da ließ er nicht jeden hin.«
    »Mir kommt das komisch vor, dass da einer so leben kann - ohne Strom und fließendes Wasser.«
    »Da kennen Sie Jonas schlecht. Der hatte richtig Ahnung davon, wie man mit einfachsten Mitteln überlebt. Er hat noch nicht mal ein normales Einkommen gebraucht.«
    »Aber er hat doch bei Ihnen gearbeitet?«
    »Nur ab und zu, wenn es ihm wirklich am Allernötigsten fehlte. Der kam ganz gut allein zurecht. Auf dem Grundstück soll es ja eine Quelle geben. Außerdem ein Stück Wald. Er konnte also Holz verfeuern. Er wird sich einen Ofen gebaut haben.«
    »Wussten Sie, dass er mit Frau und Kind auf der Hütte lebte?«
    »Wie gesagt, von

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