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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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sich für so was interessiert haben. Angeblich ist das ein Wald, in dem die Bäume in Form eines Hakenkreuzes stehen. Irgendein Relikt aus der Nazi-Zeit.«
    »Nein. Davon habe ich noch nie was gehört.« Er verabschiedete sich und ging zurück in seine Werkstatt. Ich klingelte noch einmal am Haus, um Zichorius' Frau meine Telefonnummer zu hinterlassen. Ich fragte auch sie nach Ratnik. Aber sie wusste noch weniger als ihr Mann.
    »Wissen Sie, das war so ein ganz lieber. Einer, der mit der Welt irgendwie überhaupt nicht zurechtkam. Den hätte man am liebsten in den Arm genommen und beschützt. Wahrscheinlich ist der nur auf die Hütte gezogen, weil er mit der Welt überfordert war.«
    »Aber das spartanische Leben hat ihm nichts ausgemacht.«
    »Nein. Das war für ihn wohl ganz normal.« Sie lächelte mich an, aber trotzdem wirkte ihr Gesichtsausdruck traurig. Nachdenklich nestelte sie an ihrer Kette mit den Holzperlen. »Es wäre doch tragisch, wenn ausgerechnet so einer unter die Räder käme. Man müsste sich direkt schuldig fühlen.«
    Ich verabschiedete mich und ging durch die enge Häuseransammlung zurück in Richtung Auto. Ich musste Ratniks Ex-Frau finden. Vielleicht hatte sie ja den Namen behalten und stand schlicht und ergreifend im Telefonbuch. Während ich die Straße entlangmarschierte, drückte ich die Nummer der Auskunft, und als ich an meinem Golf angekommen war, wusste ich: In Marienheide gab es keinen Telefonanschluss auf den Namen Ratnik. Auch nicht in den Städten im Umland. Es gab einen in Potsdam, einen in Braunschweig, mehrere in Dresden und ein paar in Hamburg. Ich würde nicht drum herumkommen, sie zu überprüfen.
    Als ich losfuhr, fiel mir ein, dass es in der Hütte vielleicht irgendeinen Hinweis auf die Ex-Frau oder auf andere Kontakte Ratniks geben konnte. Oder auf Kontakte dieser geheimnisvollen Maria. Gut - Ratnik hatte wahrscheinlich nicht gerade sein Notizbuch in Deutschland gelassen, damit ich all seine Adressen auf dem Silbertablett serviert bekam. Andererseits: Warum nicht? Vielleicht hatte er so abrupt Schluss gemacht mit dem Leben hier, hatte so gründlich alle Brücken abgebrochen. Bei all den Sachen, die in der Hütte gewesen waren, sah es ganz danach aus. Hoffentlich hat die Polizei die Sachen, die in der Hütte gewesen waren, noch nicht sichergestellt.
    Während ich in diese Gedanken vertieft war, folgte ich der Straße an dem unkrautbedeckten Bahnübergang. Ich näherte mich wieder der Innenstadt von Wiehl. Vor mir tauchte der Bahnhof auf. Ich bog links ab, um die Landstraße nach Norden zu erreichen. Als ich an einer Einmündung stehen blieb, um den Vorfahrtsverkehr durchzulassen, blickte ich kurz in den Rückspiegel.
    Direkt hinter mir stand ein brauner Opel. Der Mann am Steuer schien zu wissen, dass ich ihn bemerkt hatte, denn im selben Moment verzog er den Mund zu einem schiefen Grinsen.   

9. Kapitel
    Ich bog wie geplant links ab, ließ den Golf an Geschäften und einkaufenden Passanten vorbei durch das Städtchen rollen und gelangte an die Abzweigung zur Bundesstraße Richtung Gummersbach. Sobald ich abgebogen war, nahm ich mein Handy und drückte auf Mölichs Nummer. Es tutete und tutete. Als ich schon dachte, er sei nicht da, bellte er endlich seinen Namen in die Leitung.
    »Rott hier«, sagte ich.
    »Was gibt's?«
    »Ich hatte Sie doch um eine Halteranfrage gebeten.«
    »Und?«
    »Was ist dabei rausgekommen?«
    »Mensch, Rott, ich habe auch noch was anderes zu tun. Außerdem habe ich Ihnen gesagt, dass ich -«
    »Ich weiß, ich weiß. Dass Sie vielleicht nicht dazu kommen und dass Sie Ärger kriegen. Ist mir klar.«
    »Natürlich. Halteranfragen sind nur möglich, wenn es den Verdacht auf eine Straftat gibt. Und - gibt's die in Ihrem Fall?«
    Ich sah in den Rückspiegel. Der Opel hing mir an der Stoßstange. »Der Typ ist gerade wieder hinter mir.«
    »Wo sind Sie denn?«
    »Ich fahre jetzt aus Wiehl raus. Richtung Gummersbach.«
    »Hat er schon auf Sie geschossen?«
    »Wie bitte?«
    »Ein Scherz. Ich meine - was ist so schlimm daran, wenn das Fahrzeug hinter Ihnen fährt? Tut der Mann in dem Wagen irgendwas Ungesetzliches?«
    »Genau genommen, nicht.«
    »Na also. Melden Sie sich wieder, wenn es so weit ist.«
    »Aber …«
    Mölich hatte aufgelegt.
    Die Hauptstraße führte ein gutes Stück durch das enge Flusstal. Links musste hinter Bäumen die Wiehl verlaufen, rechts ging ein steiler Hang nach oben. Der Verkehr war dicht, und es waren viele Laster unterwegs.

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