Bergisch Samba
erledigen. Reich sein ist ein Beruf. Aber davon hast du keine Ahnung.«
»Wenn reich sein ein Beruf ist, dann möchte ich bei dir eine Ausbildung machen.«
»Lektion eins: Arbeiten, damit Geld reinkommt.« Sie legte mir das Telefon hin. Ich nahm das drahtlose Teil, ging hinüber ins Wohnzimmer und wählte Zichorius' Nummer. Er war gleich am Apparat.
»Guten Abend, Herr Rott«, sagte er. »Ich hab's schon in Ihrer Firma versucht.«
»Ich bin noch unterwegs«, sagte ich. »Haben Sie was gefunden?«
»Ja. Es war nicht weiter schwierig. Ich habe alles aufgelistet, wo Jonas mitgearbeitet hat. Es ist nicht viel. Wie gesagt, er hat sehr sporadisch bei mir gearbeitet. Soll ich Ihnen das Ganze rüberfaxen?«
»Das wäre am einfachsten. Am besten direkt in mein Büro.« Ich gab ihm die Nummer, verabschiedete mich und legte auf. Dann ging ich hinauf zu Jutta. Der Raum im Obergeschoss, wo sie ihren Reichtum verwaltete, war größer als mein Wohnzimmer. Sie saß an einem frei stehenden Schreibtisch, auf dem sich nichts als ein aufgeschlagener Kalender und ein Notebook befanden.
»Was machst du da?«, fragte ich. »Hast du eine Datei mit Hakenkreuzwäldern in deinem Computer?«
»Setz dich mal da hin, du Ahnungsloser«, sagte sie und wies auf eine Couch an der Wand. »Ich nutze natürlich die moderne Informationstechnologie, wenn ich etwas wissen will. Man nennt es auch Internet.«
»Dein Laptop hat gar kein Kabel«, bemerkte ich und versank in den weichen Polstern.
»Das ist heute auch nicht mehr nötig. Lass mich jetzt mal suchen.«
Ich blieb sitzen, verhielt mich still und war eigentlich ganz froh, dass mir Jutta den Internetkram abnahm. Nachdem sie etwa zehn Minuten auf dem Notebook herumgeklappert und immer wieder Laute des Erstaunens ausgestoßen hatte, verdünnisierte ich mich hinunter in die Küche und holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Feierabend war Feierabend.
Mit der Flasche in der Hand lungerte ich im Wohnzimmer herum, begutachtete den Flügel mit einer »Klavierschule für Anfänger« auf dem Notenhalter und wandte mich dann dem Couchtisch zu. Dabei fiel mir eine Programmzeitschrift in die Hände. Um Viertel nach acht kam ein Dick-und-Doof-Spielfilm. In genau zwölf Minuten. Gute Aussichten.
Ich überbrückte die Zeit damit, mich an Juttas Panoramascheibe zu stellen und die Aussicht über das abendliche Elberfeld zu betrachten. Die Lichter sahen imposant aus.
Ich war gerade schön in meinen Gedanken versunken, da bemerkte ich ein Geräusch hinter mir. Ich drehte mich um und sah Jutta, die mit dem aufgeklappten Laptop auf dem Arm die Treppe heruntergelaufen kam.
»Remi!«, rief sie. »Das musst du dir ansehen. Du wirst es nicht glauben!«
»Hast du den Wald gefunden?«, fragte ich.
»Viel mehr als das. Setz dich hin. Wir schauen uns das an. Oder besser - ich erzähl's dir.«
Ich ließ mich in einen der weißen Sessel fallen. »Leg los.«
»Erstens: Sagt dir der Name Robert Ley was? Doktor Robert Ley?«
Irgendwie kam mir der Name bekannt vor; ich wusste aber nicht, wo ich ihn hinstecken sollte. »Erzähl.«
Jutta las von ihrem Bildschirm ab. »Dr. Robert Ley war im Naziregime Reichorganisationsleiter, Gründer der deutschen Arbeitsfront und der Organisation ›Kraft durch Freude«.«
»Und er hat den Hakenkreuzwald gepflanzt?«
»Das nicht, aber rate mal, wo er herkam.«
»Aus Solingen?«
»Nicht genau. Er wurde in Niederbreidenbach geboren, und das liegt im Kreis Gummersbach, dem heutigen Oberbergischen Kreis.«
»Und? Warum soll es im Oberbergischen Kreis weniger Nazis gegeben haben als woanders?«
»Aber interessant ist, dass dieser Ley - ein wirklich hohes Tier bei den Nazis - schon sehr früh dafür gesorgt hat, dass die NSDAP im Bergischen Land ganz nach vorne kam. 1935 hat er bei Waldbröl ein Landgut erworben. Es hieß übrigens ›Rottland‹.«
»Wie bitte?« Ich nahm einen Schluck Bier, und plötzlich fiel mir auf, dass ich mich schon wie Vanessa Michel verhielt. Ob sie mal Alkoholikerin gewesen war?
»Mach dir nichts draus. Irgendwie musste es ja heißen. Hier steht, er herrschte auf dem Gut wie ein kleiner Feudalherr. Wenn ich das richtig verstehe, hatte er praktisch sein eigenes kleines Nazireich.«
»Und du meinst, er hat dort auch so was wie diesen Hakenkreuzwald gepflanzt?« Ich nahm noch einen Schluck. »Das klingt sogar plausibel. Die Frage ist nur, was das mit unserem Fall zu tun hat.«
»Es gibt noch ein Problem.« Jutta machte ein nachdenkliches
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