Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
Zettel in die Hosentasche.
    »Lisa!«, schrie sie plötzlich lauter als jemals zuvor.
    »Beruhigen Sie sich«, rief ich und bemerkte, dass Vanessa Michel nicht mich anstarrte, sondern einen Punkt hinter mir.
    Im selben Moment drosch mir etwas von hinten in den Nacken. Ich drehte mich herum und bekam jemanden zu fassen, der aber Bärenkräfte zu haben schien. Meine Hände rutschten ab, und ich knallte mit der rechten Schläfe gegen den Türrahmen. Ich torkelte in den kleinen Flur, aber da war der andere schon hinter mir und riss mir die Beine weg. Ich schlug der Länge nach hin, und plötzlich zuckte ein heftiger Schmerz durch meinen rechten Arm. Der andere hatte ihn mir auf den Rücken gedreht, und ich rechnete jeden Moment damit, dass der Knochen brach.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte eine Stimme, die eindeutig einer Frau gehörte.
    »Nichts«, ächzte ich. Mehr bekam ich nicht heraus. Die Frau stellte mir einen Fuß auf den Rücken und presste meinen Oberkörper zusammen, dass mir die Luft wegblieb.
    »Dafür sind Sie aber ganz schön weit hier reingekommen.«
    »Sind … Sie … Lisa?«
    »Allerdings. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Kann … nicht… sprechen …«
    Endlich nahm sie den Fuß weg.
    »Ihre Schwester hat mich selbst ins Haus gelassen. Ich habe ihr nichts getan«, keuchte ich. Ich musste den Kopf anheben, damit meine Lippen nicht auf dem Teppichboden rieben.
    »Und warum?«
    Ich brachte mühsam hervor, dass ich Ermittler war, und bot ihr an, meine Lizenz aus der Brieftasche zu holen. Sie tastete sich durch mein Sakko, und dabei fand sie meine Waffe. Sie zog sie aus dem Holsten Dann ließ sie mich los.
    »Behalten Sie Ihre Lizenz«, sagte sie. »Solange ich das hier habe, bin ich zufrieden. Stehen Sie auf.«
    Ich erhob mich, und das Erste, was in den Blick kam, war die Tür zu Vanessa Michels Zimmer, die jetzt geschlossen war.
    Dann drehte ich mich um, und ich sah Lisa. Sie war schlank, groß, blond und wirkte sehr sportlich. Ihre hellen Augen waren starr auf mich gerichtet. Nicht nur die Augen. Auch der Lauf meiner Pistole. Sie war nicht entsichert. Die Frau konnte nicht allzu viel damit anstellen. Noch nicht.
    »Noch mal ganz kurz und klar: Was wollen Sie?«
    Ich erklärte, dass ich auf der Suche nach Ratnik war, und brachte auch die Geschichte von dem toten Kind in eine Kurzform, die hoffentlich verständlich war.
    »Los«, sagte die Frau. »Wir dürfen Vanessa nicht aufregen. Gehen wir ins Wohnzimmer.« Sie wies mit dem Pistolenlauf in die Richtung des Treppenabsatzes.     
    »Gehen Sie dort rein.«
    Das Wohnzimmer bestand aus einer Sitzecke, einer Schrankwand, einem Fernseher und einem kleinen Esstisch neben der Küchentür.
    »Es tut mir Leid«, sagte die Frau. »Aber ich habe immer ziemlich Angst um Vanessa. Und als eben die Nachbarn sagten, da sei ein fremder Mann ins Haus gegangen, und dann auch noch einer mit so einem Auto …«
    »Was ist mit Ihrer Schwester?«, fragte ich.
    Lisa Michel ging ein paar Schritte durch das Zimmer. Ihr schien nicht bewusst zu sein, dass sie immer noch meine Pistole in der Hand hatte. »Die Therapeuten wissen es nicht. Manche sagen, es sei eine Psychose. Aber das ist ein sehr allgemeiner Begriff. Es ist in den letzten Jahren schlimmer geworden. Und es wird immer schwieriger. Sie sehen es ja. Ich war gerade mal zwei Stunden aus dem Haus, weil ich einen Termin beim Arzt hatte. Und schon macht sie solchen Unsinn. Sie weiß genau, dass sie nicht ans Telefon gehen und niemanden hereinlassen soll.«
    »Hören Sie«, sagte ich. »Ich will Ihnen nicht die Zeit stehlen. Können Sie mir jemanden nennen, der Jonas Ratnik gekannt hat? Das tote Kind ist wahrscheinlich sein Kind. Wie ich herausgefunden habe, hat er einige Jahre auf einer Hütte in der Nähe von Gummersbach gelebt. Zusammen mit einer Frau, die wahrscheinlich Portugiesin war. Im Frühjahr dieses Jahres ist er nach Kanada gegangen. Das haben die Überprüfungen der Flüge und der Visa-Anträge ergeben. Ich wüsste gerne mehr über die Frau, über Jonas Ratnik, über gemeinsame Bekannte und so weiter.«
    Lisa Michel wirkte überrascht. »Jonas ist tatsächlich drüben? Das hätte ich nicht erwartet.«
    »Warum nicht?«
    »Na ja, es war zwar sein großer Traum. Und er hat auch jahrelang davon geredet. Aber dass er diesen Plan wirklich mal in die Tat umsetzt, hätte ich ihm nicht zugetraut.«
    »Ich habe den Eindruck, er hat ziemlich eigenwillig das umgesetzt, was er sich vorgestellt hat. Jahrelang

Weitere Kostenlose Bücher