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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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zerlegt haben. Das war was, sage ich Ihnen.«
    »Sehen Sie, das ist genau das, was ich wissen will. Wer kann mir denn von der Hausverwaltung darüber berichten?«
    »Am besten schicke ich Sie zu Herrn Sickmann. Das ist sozusagen der Oberverwalter der Gebäude. Er hat damals auch den ganzen Ärger an der Backe gehabt.«
    Er griff zum Telefon, meldete mich bei Herrn Sickmann an, und ich durfte durch die Sperre. Fünf Minuten später saß ich in einem düsteren Büro mit Betonausblick vor einem kleinen runden Mann, der sich so richtig freute, dass er sich den ganzen Ärger mal von der Seele reden konnte.
    »Das war eine unglaubliche Schlamperei«, sagte er und fuchtelte in der Luft herum. »Und es hätte mich fast meinen Job gekostet! Da kommen die eine Woche lang überhaupt nicht, und erst als man sie auf Knien bittet, fangen sie mit den Tiefbauarbeiten an.«
    »Herr Sickmann …«
    »Und wir hatten das alte Gelände schon gekündigt! Können Sie sich vorstellen, was das heißt, wenn die Versandabteilung einer Maschinenbauteilefirma ohne Lagerhalle dasteht?«
    »Aber ich wollte Sie eigentlich …«
    Er ließ mich nicht zu Wort kommen. »Achtzigtausend Mark -damals noch Mark - hat es uns im Monat gekostet, eine andere Halle übergangsweise anzumieten! Und wir haben acht Monate Verzug gehabt! Ist Ihnen klar, was das bedeutet?«
    »Sechshundertvierzigtausend«, sagte ich.
    »Das hätte komplett unseren Umsatz aufgefressen. Nicht Gewinn, wohlgemerkt. Umsatz. Verstehen Sie?«
    Es dauerte noch etwa zwanzig Minuten, bis ich Herrn Sickmann da hatte, wo ich ihn haben wollte.
    »Ich frage mich, ob auf der Baustelle vielleicht Portugiesen gearbeitet haben.«
    Er sah mich erstaunt an. »Wieso ausgerechnet Portugiesen?«
    »So eine Art Mafiageschichte«, improvisierte ich. »Es gibt da entsprechende Hinweise. Sie verstehen, dass ich nicht näher darauf eingehen kann.«
    Er nickte. »Von Portugiesen weiß ich nichts.«
    »Wie hieß denn die Firma für die Tiefbauarbeiten?«
    Sickmann diktierte mir wieder irgendeine Buchstabenkombination, die ein Firmenname sein sollte, und mir wurde plötzlich klar, worauf ich mich eingelassen hatte. Auf einer Großbaustelle waren Firmen, Unterfirmen und Unterunterfirmen am Werk, die eine wahrscheinlich unübersehbare Menge an Arbeitern mitbrachten. Ich suchte nicht nur die Nadel im Heuhaufen, sondern eher das Dorf, in dem sich der Bauernhof mit dem Heuhaufen befinden könnte.
    Sickmann fing wieder mit seiner Schimpftirade an, und ich wartete, bis er ausgepowert und fertig war.
    »Gibt es vielleicht eine portugiesische Firma hier auf dem Gelände?«, griff ich den Faden wieder auf.
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Oder vielleicht sonst irgendwelche Portugiesen hier in der Nähe - vielleicht ein portugiesisches Geschäft?«
    »Keine Ahnung.«
    Ich erhob mich. »Na gut, dann danke ich Ihnen.«
    »Treten Sie denen mal schön auf die Füße«, gab er mir mit auf den Weg.
    Ich verließ das Haus, grüßte im Vorbeigehen noch einmal den Pförtner und fuhr zum nächsten Kandidaten.
    Die Adresse lautete Bergisch Gladbach. Es war ein Wohnhaus am Ende einer Sackgasse, gleich am Wald gelegen. Urig, klein und mit Efeu bewachsen. Ich öffnete ein schief in den Angeln hängendes Gartentor, balancierte auf einem schmalen Gehweg zu einer grün gestrichenen Haustür und klingelte. Niemand öffnete. Ich wartete eine Weile, klingelte erneut, und als wieder keine Reaktion kam, machte ich ein großes Kreuz an die Adresse und fuhr nach Bonn-Taschenbusch.
    Dort hatte Zichorius ebenfalls Dielenfußböden verlegt. Die Frau war jung, hübsch und hatte einen Blick drauf, als ständen wir nicht in ihrem Hauseingang, sondern auf dem Kontakthof. Sie bat mich gleich ins Wohnzimmer. Die Wohnung sah aus wie aus einem dieser Landhauskataloge, die manchmal bei Jutta herumlagen. Helles Holz, wohin man sah - nicht nur die Fußböden, auch die Möbel und die Einbauküche bestanden daraus. Man hätte meinen können, sich irgendwo in der Einöde in Norddeutschland zu befinden. In Wirklichkeit lag die Wohnung jedoch in einem grauen Hochhaus, das aus Eigentumswohnungen bestand.
    Auch dieser Besuch brachte nichts. Die junge, hübsche Frau kannte keine Portugiesen. Dafür konnte sie sich noch gut an Ratnik erinnern. Außerdem fand sie die Erbschaftsgeschichte, die ich ihr auftischte, »rasend romantisch« und bot mir auch gleich einen Kaffee an. Ich hatte es jedoch eilig, und als ich in meinen Wagen stieg, stand sie oben am Fenster - wie

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