Bergisch Samba
herausfinden.«
»Warum ist sie nicht zur Polizei gegangen, als ihr Kind tot war? Glauben Sie, dass sie auch Opfer eines Verbrechens geworden ist?«
»Möglich. Vielleicht hat sie es aber auch selbst auf dem Gewissen.«
»Eine Mutter, die ihr eigenes Kind totfährt?«
»Denken Sie an die vielen Kinder, die von ihren Eltern verkauft oder zur Prostitution gezwungen werden.«
»Aber so was geschieht doch nicht bei uns! Und außerdem - den Zeitungsberichten zufolge ist dieses Kind nicht missbraucht worden.«
»Ich will mich auf keine Theorie festlegen. Ich sammle Fakten. Die Fantasie können wir später einsetzen.«
»Wahrscheinlich haben Sie Recht«, sagte sie. »Sie können das sicher viel besser beurteilen.«
»Ich rufe Sie an, wenn ich mehr weiß«, sagte ich und verabschiedete mich.
Im »City Store« unten im Haus versorgte ich mich mit frischen Zigaretten und machte mich auf den Weg.
Ich entschied mich für eine runde Tour, die entgegen dem Uhrzeigersinn verlief: Zuerst würde ich nach Düsseldorf fahren, dann hinunter nach Bonn. Von dort aus nach Olpe und schließlich zurück nach Wuppertal.
Die erste Adresse lag im Düsseldorfer Stadtteil Garath, einer Trabantenstadt aus Beton. Ich fragte mich, was ein Zimmermann in so einer grauen Steinwüste ausrichten konnte. An einem kleinen, würfelförmigen Häuschen mit winzigem Vorgarten öffnete eine grauhaarige Dame die Tür und sah mich misstrauisch an. Offenbar hielt sie mich für einen Vertreter.
»Amtsgericht Solingen, mein Name ist Rott«, stellte ich mich vor. »Spreche ich mit Frau Vogelmann?«
»Ja«, sagte die Dame, und ihr Misstrauen verwandelte sich in Vorsicht. »Worum geht es denn?«, fügte sie leise hinzu.
»Um eine Nachlassangelegenheit. Ist Ihnen der Name Jonas Ratnik bekannt?«
Sie dachte einen Moment nach. »Nein, leider nicht.«
»Jonas Ratnik arbeitete bis Anfang dieses Jahres in der Zimmerei Zichorius, die bei Ihnen vor fünf Jahren mit einer Baumaßnahme beschäftigt war.«
Die Frau runzelte die Stirn. »Zichorius … ja, das sagt mir was. Die haben neue Fußböden im Wohnzimmer verlegt. Aber was wollen Sie denn jetzt genau?«
»Der Zimmermann Jonas Ratnik ist verstorben und hat sein Haus einer Frau vererbt, deren Identität wir nicht kennen. Es ist eine gewisse Maria, und sie ist Portugiesin. Wir gehen davon aus, dass er sie auf einer Baustelle kennen gelernt hat. Leider wissen wir ihren Nachnamen nicht, und wir haben auch keine Adresse. Deswegen meine Frage an Sie: Könnte es sein, dass Jonas Ratnik diese Maria bei Ihnen kennen gelernt hat? Oder wohnt vielleicht eine Portugiesin mit diesem Namen bei Ihnen in der Nähe? Jede Verbindung könnte uns nützen.«
Frau Vogelmann zeigte keine Furcht mehr, dafür war sie erstaunt. »Du meine Güte, eine solche Mühe machen Sie sich, wenn jemand etwas vererbt?«
»Wenn kein anderer Erbe da ist, schon. Aber nur innerhalb einer gewissen Frist. Und die läuft in einer Woche aus.« Ich zückte einen eigens mitgebrachten Block. »Nun?«
»Wenn Sie vielleicht meinen Mann fragen … er kommt allerdings erst heute Abend nach Hause. Mir fällt dazu leider überhaupt nichts ein.«
»Ich lasse Ihnen meine Adresse da«, sagte ich, griff in die Tasche und holte eine Visitenkarte hervor, auf der nichts von Ermittler oder Detektivbüro stand. »Wenn Sie was wissen, rufen Sie mich bitte an. Vielen Dank.«
Ich verließ die Betonlandschaft und kehrte auf die rechte Rheinseite zurück. Die nächste Adresse lag in Opladen - mitten im Industriegebiet in Richrath, gleich neben der A3.
Der Bauherr war kein Privatmann, sondern eine Firma mit dem Namen ›BBK Maschinen‹ Die Anschrift auf dem Blatt war die Verwaltung, und so stand ich als Erstes einem Pförtner hinter einer Glasscheibe gegenüber.
»Wohin wollen Sie? Zur Hausverwaltung?«, fragte er ungehalten und kratzte sich am Kopf. »Die ist groß. Worum geht es denn?«
Die Erbschaftsgeschichte war hier ungeeignet. Ich holte meine Karte hervor, die echte, auf der ich als Ermittler ausgewiesen bin. »Ich gehe einigen Fällen von Pfusch am Bau nach«, behauptete ich, »und mein Auftraggeber sucht in diesem Zusammenhang Zeugen.« Ich sah auf Zichorius' Zettel. »Die Firma BBK hat hier vor vier Jahren gebaut. Hat es da irgendwelchen Ärger gegeben?«
Der Pförtner nickte. »Allerdings. Die können Ihnen hier ein Lied davon singen. Als die angefangen haben zu bauen, fiel erst mal im halben Industriegebiet der Strom aus, weil sie ein Kabel
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