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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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aus wie ein großes Fragezeichen, und im Zenit der unteren Rundung ging ein Balken des von Jutta rot eingezeichneten Hakenkreuzes ab.
    »Wenn wir zu der Kurve kommen, müssen wir genau in der Mitte der Biegung schauen, wo eine Linie mit einer anderen Baumart abzweigt. Dann haben wir den Anfangspunkt gefunden und müssen nur die schnurgeraden Baumreihen abgehen.«
    »Und das führt dann mitten durch den Wald. Wahrscheinlich über Stock und Stein«, sagte ich.
    »Eher durchs Unterholz«, korrigierte Jutta und betrachtete mich abschätzig. »Übrigens, du bist ja nicht gerade ideal für eine solche Tour ausgerüstet, das muss ich schon sagen.«
    Ich blickte an mir herunter. An den Füßen trug ich Halbschuhe, ansonsten hatte ich meine Herbst-Normalausstattung am Leib. Jeans, Rollkragenpullover und ein Sakko. Ich hasse Mäntel, weil man darin immer so schwitzt. Außerdem war der Winter auch nicht mehr das, was er mal war.
    »Ich kann mir nicht für diesen kleinen Ausflug extra eine Wanderausrüstung kaufen.«
    »Vielleicht würdest du dann endlich begreifen, was für ein schöner Sport das Wandern sein kann«, sagte Jutta. »Naturerfahrung. Ruhe. Frische Luft. Bewegung.«
    »Ich hasse Sport.«
    »Es ist ja eigentlich kein Sport«, sagte Jutta und widersprach dem, was sie gerade gesagt hatte. »Aber was diskutieren wir hier eigentlich? Machen wir, dass wir da rauf kommen.« Sie nahm den Rucksack, und wir gingen los.
    Es ging stetig bergan. Das Wasser, das rechts unten durch die Bäume schimmerte, entfernte sich immer weiter von uns. Zum Glück war der Weg recht breit und so richtig für Gelegenheitsspaziergänger wie mich geeignet. Außer uns war kein Mensch im Wald. Und es herrschte Totenstille. Ich hörte nichts als mein eigenes Atmen und das Knirschen unserer Schuhe auf dem sandigen Untergrund. Meine Füße schmerzten noch etwas von der vorgestrigen Lauferei, aber ich beschloss, mir nichts anmerken zu lassen.
    »Im Sommer ist hier die Hölle los«, sagte Jutta. »Unten gibt's zwei Campingplätze und einen Bootshafen. Diese Halbinsel drüben, wo der alte Ringwall war, wird gerne als Badestrand genutzt. Und im Wald sind jede Menge Wanderer unterwegs.«
    »Woher weißt du das denn so genau?«
    »Och, man hat so seine Bekanntschaften. Und manche nehmen einen zu netten sommerlichen Ausflügen mit.«     
    Juttas Bekanntschaften - ein Thema für sich. Ich ging nicht näher darauf ein.
    »Dann ist es ja gut, dass wir im Herbst ermitteln«, sagte ich. »Stell dir mal vor, wir würden hier andauernd auf irgendwelche Wanderer stoßen, die uns stören.«
    »Ich finde es jetzt ziemlich unheimlich hier. Lass uns mal ein bisschen schneller gehen.«
    Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach, während Jutta anscheinend ohne jede Anstrengung den Berg hinaufmarschierte. Plötzlich drosselte sie das Tempo wieder.
    »Die Kurve fängt an«, sagte sie.
    Ich sah es auch: Der Weg machte einen großen Bogen nach links.
    »Wir müssen jetzt darauf achten, wo es wieder nach rechts geht.«
    »Zeig mal die Karte«, sagte ich, und Jutta gab mir den kopierten Zettel. Sie hatte nicht nur den angeblichen Hakenkreuzwald rot eingezeichnet, sondern auch den Verlauf des Wanderwegs mit einem Stift nachgezogen - allerdings mit einem schwarzen.
    »Was ist das denn hier für eine Linie?«, fragte ich.
    »Wo?«
    »Hier. Neben dem Strich, mit dem du unseren Weg markiert hast.« Auf der einen Seite ging der erste Balken talwärts in Richtung des Wassers ab, zum Berggipfel hin verlief etwas Schmales, dünn wie ein Haar, das sich kaum von den Höhenlinien unterschied. Es traf ebenfalls genau in der Kurve auf unseren Weg, nur eben auf der anderen Seite. »Das muss eine Wegabzweigung sein«, sagte ich. »Wenn wir dort ankommen, ist genau auf der anderen Seite der Anfang des Hakenkreuzwaldes.«
    »Gut beobachtet. Ich hatte das vor lauter Kopieren und Vergrößern gar nicht mehr gesehen.«
    »Gehen wir weiter.« Ich spürte, dass ich Feuer gefangen hatte. Ich wollte diesen ominösen Wald endlich sehen.
    Die Abzweigung kam, wie es auf der Karte eingezeichnet war. Links, genau im Zenit der Kurve, tauchte sogar ein Holzschild auf, auf dem die Namen der Wege angegeben waren: Schlüterichweg und Bruchbergweg.
    »Stellen wir uns mal so hin, dass wir den Schlüterichweg im Rücken haben«, sagte Jutta.
    Ich tat, was sie gesagt hatte.
    »Und - was siehst du ?«
    »Nadelbäume. Ziemlich hohe.«
    »Siehst du keine Unterschiede zwischen den Bäumen?«
    Ich ging etwas

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