Bergisch Samba
abging und die wahrscheinlich in die Büros führte. Der Blick nach hinten wurde frei, und ich konnte eine schön geschwungene hölzerne Treppe sehen, über die man ins obere Stockwerk gelangte. Die Treppe, die Ratnik gebaut hatte.
Das Telefonklingeln hatte aufgehört. Ich gab dem Mädchen meine Visitenkarte, die Version ohne Detektiv, verabschiedete mich und ging zurück zum Auto.
»Das ging ja tatsächlich schnell«, sagte Jutta und sah auf die Uhr. »Wir könnten es noch versuchen.«
»Jetzt muss ich aber erst noch jemanden anrufen.«
»Dann lass mich fahren, und du kannst so viel telefonieren, wie du willst.«
Wir tauschten die Plätze, und Jutta startete den Motor. Ich holte Mölichs Nummer aus dem Speicher.
»Rott. Sie mal wieder.«
»Ich weiß, ich weiß. Sie haben das letzte Mal gesagt, ich soll wiederkommen, wenn ich was in der Hand habe.«
»Richtig. Allerdings habe ich jetzt Dienstschluss. Ich stand schon in der Tür. Ich hoffe also für Sie, dass es was Neues gibt.«
»Ich habe herausgefunden, wo Ratnik vielleicht diese Maria kennen gelernt hat.«
»Was meinen Sie mit ›vielleicht‹?«
»Meine Theorie ist, Maria ist gar keine Portugiesin.«
»Rott!« »Ja?«
»Machen Sie's kurz.«
»Maria ist wahrscheinlich Brasilianerin. Und Ratnik war auf einer Baustelle in einem Haus beschäftigt, in dem jemand wohnte, der Brasilien liebte. Worum ich Sie jetzt bitten wollte -«
»Egal, was Sie sagen. Vor Montag wird das nichts.«
»Finden Sie heraus, ob in diesem Haus jemals eine Frau namens Maria gemeldet war. Das würde uns weiterbringen. Sie können so was doch sicher leicht vom Einwohnermeldeamt erfahren.«
Mölich seufzte. »Sagen Sie mir die Adresse.« Ich gab sie ihm. »Ich möchte mal wissen, in welche Theorie Sie sich da verrannt haben, Rott. Sie müssen ja tierisch gut bezahlt werden für den Job, dass Sie sich da so reinhängen.«
»Kann schon sein.«
»Haben Sie noch mehr Erkenntnisse auf Lager?«
»Das fragen Sie mich? Bis jetzt war es doch immer so, dass ich Ihnen nachgelaufen bin mit Informationen, und Sie wollten nichts hören.«
»Ich bin gut gelaunt, weil das Wochenende naht. Streng genommen hat es ja schon vor zweieinhalb Minuten begonnen. Was gibt's?«
»Ehrlich gesagt, gibt es da etwas.«
»Und?«
»Ich habe den Hakenkreuzwald gefunden. Glaube ich zumindest.«
»Wie bitte?«
»Ich hatte Ihnen doch davon erzählt. Ratnik hat sich für diesen Wald interessiert. Das hat mir ein Nachbar von ihm erzählt und auch seine Ex-Frau.«
»Sie haben auch seine Ex-Frau gefunden?«
»In der Tat. Und jetzt bin ich mit meiner Assistentin unterwegs, um nach Spuren in diesem Wald zu suchen.«
»Sagen Sie mal, Herr Rott …« Ich staunte. Das war das erste Mal, dass er ein »Herr« vor meinen Namen setzte. Vielleicht war es ihm selbst aufgefallen, denn er machte eine Pause. »Was glauben Sie denn in diesem Wald zu finden?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Seien Sie bloß vorsichtig.«
»Meine Güte, Herr Mölich. Sie klingen ja richtig besorgt.«
»Wenn diese Geschichte etwas mit Neonazis zu tun hat, dann sollten wir uns lieber vorher persönlich darüber unterhalten.«
»Wir nutzen jetzt mal den Rest des Tages, um uns da umzusehen. Dann melde ich mich wieder.«
»Wie haben Sie den Wald gefunden? Und wo ist er?«
»Später, Herr Mölich. Am Montag. Genießen Sie Ihr Wochenende.«
Damit drückte ich den roten Knopf.
13. Kapitel
Um Viertel nach drei erreichten wir die Aggertalsperre, deren dunkelgraues Wasser friedlich vor einer bewaldeten Landschaft glänzte. Die Straße führte über die Staumauer. Auf der anderen Seite lag ein Hotel-Restaurant mit Blick über das Tal. Mein Magen meldete sich plötzlich mit leichtem Ziehen. Jutta war Schleichwege gefahren, bei denen ich schon nach wenigen Kilometern die Orientierung verloren hatte. »Vertrau mir«, sagte sie immer wieder, als ich darauf hinwies, dass wir uns in all den kleinen Dörfchen, zwischen den Kuhweiden und in den Waldgebieten wohl hoffnungslos ver-fransen würden. »Ich kenne mich hier aus. Wir müssen den Wochenendverkehr umfahren. Sonst schaffen wir es nicht mehr, vor der Dunkelheit den Bruchberg auszukundschaften.«
»Hast du eine Taschenlampe in deinem Rucksack?«, fragte ich.
»Na klar. Aber mir liegt nicht viel daran, sie zu benutzen. Oder hast du große Lust, nachts im Wald rumzustolpern?«
»Nicht besonders. Vor allem nicht, wenn der Wald ein Hakenkreuz darstellt. Oder darstellen soll… Oder sollte
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