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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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krachendes Geräusch.
    Wir rannten durch den Wald und folgten der Lärchenreihe, die schnurgerade am Hang entlang verlief.
    »Da hinten ist ein Hochsitz«, rief Jutta keuchend und deutete auf die Hangseite. Ich konnte kaum etwas erkennen, so dunkel war es mittlerweile. Ich blieb stehen, das Atmen schmerzte. Die Umrisse der Stämme und Büsche waren zu unförmigen Schatten zusammengewachsen.
    »Komm.« Jutta zog mich am Arm. Ich stolperte ihr nach, und es schien endlos zu dauern, bis sie anhielt und auf ein Gerüst aus dicken Ästen zeigte, das sich plötzlich direkt vor uns erhob.
    Irgendwo hinter uns bellte der Hund, und ich hörte wieder das Brechen von Unterholz. Es klang ziemlich nahe.
    Ich drehte mich um und erkannte zwei schwankende Kegel von Taschenlampen.
    »Sie scheinen den Hund noch nicht von der Leine gelassen zu haben«, sagte Jutta leise. »Wollen wir da raufklettern? Vielleicht gehen sie vorbei.«
    »Dann sitzen wir in der Falle.«
    »Glaubst du wirklich, die sind wegen uns hier?«
    »Weshalb sonst?«
    »Aber woher wissen sie, dass wir hier sind?«
    »Wahrscheinlich sind sie uns gefolgt.«
    Wir beobachteten, wie die wackelnden Taschenlampen weiter talwärts langsam auf unsere Höhe kamen. Meine Beklemmung wuchs mit jeder Sekunde.
    »Sie gehen die Baumlinie ab«, sagte Jutta. »Das kann wirklich kein Zufall sein.«
    »Die folgen uns eben«, zischte ich. »Aber es ist mir auch egal. Ich will hier weg, verdammter Mist.«
    »Wir könnten versuchen, uns zurück zu dem anderen Weg durchzuschlagen. Das ist wohl unsere einzige Chance.«
    »Und wenn sie den Hund loslassen? Den haben sie sicher nicht zum Spaß dabei.«
    »Fällt dir was Besseres ein?«
    Ich versuchte fieberhaft nachzudenken, aber mein Kopf schien aus Beton zu sein. Allein im Wald, ohne Pistole, und zwei Typen waren mit einem Hund hinter uns her! Meine Gedanken versanken hinter einem Summen, das nach und nach mein ganzes Gehirn auszufüllen drohte.
    »Achtung«, zischte Jutta plötzlich, und allein der Tonfall sorgte dafür, dass mein Herz einen fast stehen blieb.
    Die Lichter bewegten sich plötzlich nicht weiter. Ich fragte mich gerade, was das bedeuten konnte, da hörte ich ein schweres Hecheln, das schnell näher kam.
    »Pass auf, Remi!«, schrie Jutta.
    Das Hecheln war plötzlich sehr nah, und ich vernahm ein tiefes Knurren. Der Hund war dicht bei uns stehen geblieben; er verschmolz vollkommen mit der Nacht, die jetzt hereingebrochen war.
    »Beweg dich nicht, Remi«, sagte Jutta langsam. »Ganz ruhig.«
    Das Knurren wurde lauter und entlud sich in einem kurzen Bellen.
    »Ganz ruhig«, sagte Jutta.
    Die Lichter der Taschenlampen begannen wieder zu schwanken; sie kamen Stück für Stück näher »Rex!«, rief jemand. »Rex. Fass!«
    Der Hund bellte wieder; ich hörte ein Rascheln - wahrscheinlich wühlten seine Hinterläufe die Erde auf, als er zum Sprung ansetzte. Neben mir bewegte sich ein Schatten, und ich ging instinktiv in Abwehrhaltung.
    »Fass!«, kam es wieder von den schwankenden Taschenlampen her, und ich erwartete, dass sich ein kräftiges Rottweilergebiss in meinen Arm oder in meine Beine schlug.
    Doch plötzlich hörte ich ein Zischen und ein schmerzvolles Jaulen. Neben mir knackte trockenes Gesträuch, und ich spürte etwas am Arm. Es waren keine Hundezähne, sondern jemand packte mich. Der Hund jaulte wieder und bellte, aber diesmal klang das Bellen ängstlich und nicht aggressiv.
    »Weg hier«, rief Jutta und zog mich mit sich. Wir rannten wieder durch den Wald, die Kegel der Taschenlampen verfolgten uns. Ich kam ins Straucheln, doch Jutta packte mich fest am Arm.
    Im tanzenden Licht sah der Wald völlig fremd aus. Vor uns wuchs zwischen den Bäumen ein Feld aus niedrigen Pflanzen, und erst als wir mitten hindurchrannten, wurde mir klar, dass es Farn war. Die Bäume standen hier viel dichter, und die Lichtkegel verloren uns für einen Moment. Sie geisterten über eine Wand aus kleineren Bäumen, die sich direkt vor uns erhob. Es war eine dichte Schonung.
    »Los, da rein«, rief Jutta.
    Wir liefen auf die niedrigen Bäume zu. In dem Moment, als wir vor der Schonung ankamen und ich mir die Arme vor das Gesicht hielt, um es vor den Ästen zu schützen, peitschte ein Schuss durch die Nacht. Und noch einer. Und noch einer.
    Ich ließ mich fallen und hörte, wie Jutta neben mir auf den Waldboden plumpste. Über uns irrlichterten die Kegel der Taschenlampen, und ich begann weiterzukriechen; die Bäume waren nur noch ein paar Meter

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